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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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zu
geben, oder weil sie von einer stärkeren Macht eins auf die
Finger bekommt. All das könnten natürlich wahre Gründe
oder blühender Unsinn sein. Und deshalb betreiben wir
Dweller-Forschung. Um vielleicht eines Tages Gewissheit zu
bekommen… Was ist?« Er fand die Art, wie Taince ihn ansah,
etwas merkwürdig.
    »Nichts. Ich dachte nur so. Willst du immer noch behaupten,
du wüsstest nicht, was du nach dem College machen
willst?«
    »Es könnte durchaus sein, dass ich kein Seher werde,
Taince, und nichts mit der Dweller-Forschung zu tun haben will.
Niemand zwingt mich dazu. Bei uns gibt es keine
Einberufung.«
    »Na schön«, sagte sie. »Aber jetzt ist es Zeit
für den nächsten Kontaktversuch zur realen Welt.« Sie
erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung. »Kommst du
mit?«
    »Was dagegen, wenn ich dableibe?« Fassin rieb sich die
Augen und sah sich um. »Ich bin doch ein wenig müde
geworden. Glaubst du, dass wir hier halbwegs sicher sind?«
    »Schätze schon«, antwortete Taince. »Ich bin
bald wieder zurück.« Sie schritt in die Dunkelheit hinein
und war bald verschwunden. Nun war Fassin allein im weichen Licht des
Fliegers in der riesigen Höhle, in der es kein Echo gab.
    Er konnte sich nicht entscheiden, ob er schlafen wollte, und nach
einer Weile fühlte er sich doch nicht mehr ganz so sicher. Fast
wäre er Taince nachgegangen, aber er wollte sich nicht verirren,
und so blieb er, wo er war. Er räusperte sich, setzte sich
aufrecht hin und verbot sich einzuschlafen. Irgendwann musste er doch
eingedämmert sein, denn er wachte erst auf, als er die Schreie
hörte.
     
    Er verließ das Haus in der falschen Dämmerung, die vom
Widerschein des Sonnenaufgangs erzeugt wurde. Ulubis stand noch weit
unter dem Horizont, erleuchtete aber die Hälfte der
’glantine zugewandten Hemisphäre von Nasqueron und
überflutete die Nördliche Tropische Hochebene mit sanftem
bräunlich goldenem Licht. Ein kleines Auroraspektakel im Norden
steuerte sein zittriges gelbes Leuchten bei. Von Freunden und
Angehörigen hatte er sich bereits am Abend zuvor verabschiedet,
für andere wie seine Mutter, die er nicht persönlich
treffen konnte, hatte er Botschaften hinterlassen. Jaal hatte
geschlafen, als er ging.
    Fassin war ziemlich überrascht, dass Slovius zum Haushafen
gekommen war, um ihm Lebewohl zu sagen. Der hundert Meter breite
Kreis aus völlig glattem Kaltschmelzgranit befand sich einen
Kilometer hangabwärts, nahe am Fluss und am Rand des sanft
ansteigenden Hochlandwaldes. Von Westen zogen hohe, dünne Wolken
herüber, aus denen ein leichter Regen fiel. Auf einem
Dreifuß am Rand des Kreises stand, von Dampfschwaden und
flimmernder Hitze umwabert, ein schnittiges, rußschwarzes, etwa
sechzig Meter langes Navarchieschiff.
    Die beiden hielten an und betrachteten es ausgiebig. »Ist das
nun ein Nadelschiff?«, fragte Fassin.
    Sein Onkel nickte. »Ich denke schon. Du reist durchaus
standesgemäß nach Pirrintipiti, Neffe.« Slovius’
eigene Suborbjacht, ebenfalls stromlinienförmig, aber etwas
gedrungener und etwa halb so groß wie das schwarze
Navarchieschiff, stand auf einem runden Parkfeld gleich neben dem
Hauptkreis. Sie setzten sich wieder in Bewegung. Fassin trug unter
dem leichten Sept-Umhang einen dünnen einteiligen Druckanzug und
kam sich vor, als wäre er von Kopf bis Fuß in warmes Gel
gepackt. Fassin hatte den Koffer mit seiner Paradeuniform in einer
Hand. Die zweite Tasche trug ein Diener mit Pferdeschwanz, der einen
großen Schirm über ihn hielt. Slovius wurde in seiner
Sitzwanne von einer transparenten Abdeckhaube geschützt. Ein
weiterer Diener hielt Fassins schlafende Nichte Zab in den Armen. Die
Kleine – sie hatte irgendwie mitbekommen, dass ihr Onkel nach
Sepekte berufen wurde und war am Abend zuvor unverantwortlich lange
aufgeblieben – hatte darauf bestanden, sich von Fassin zu
verabschieden, und es auch geschafft, ihren Eltern und ihrem
Großvater die Erlaubnis dazu abzuschmeicheln, war aber
eingeschlafen, sobald alle in der kleinen Seilbahngondel saßen,
die zum Hafen fuhr.
    »Ach ja, grüße bitte meinen alten Freund, den
Obersten Seher Chyne von den Favrial von mir«, sagte Slovius,
als sie sich dem Navarchieschiff näherten. »Falls du ihn
siehst. Und natürlich ganz besonders Braam Ganscerel vom Sept
Tonderon.«
    »Ich werde versuchen, alle zu grüßen, die dich
kennen, Onkel.«
    »Ich hätte dich begleiten sollen«, sagte Slovius
zerstreut. »Nein, doch lieber nicht.«
    Eine grau

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