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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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schneiden, trennte sich von einigen Tätowierungen
und vielen Bekannten, und stand in der folgenden Woche pünktlich
zu Arbeitsbeginn im Büro der Firma, wo die Angestellten,
völlig verschreckt von zahlreichen Fehlalarmen, immer noch
hektisch durcheinander liefen und jeden Moment mit einer Invasion
rechneten.
    Die Fragen lauteten von Anfang an: Wieso? Warum gerade wir? Was
nun? Und: Wer noch?
    Waren solche Angriffe überall erfolgt?
    Ulubis sollte mehr als zweihundert Jahre warten müssen, um zu
erfahren, ob es Teil einer größeren Katastrophe war, oder
ob der Angriff ihm allein gegolten hatte. Man war nicht abgelegener
gewesen als jedes andere System am Ende eines einzelnen Wurmlochs
– und deshalb um mehrere Größenordnungen weniger
abgelegen als die vielen hunderttausend Raumfahrenden Rassen, die
noch nicht oder noch nicht wieder angeschlossen waren – doch nun
waren Ulubis, sein Hauptplanet Sepekte, seine drei
größeren bewohnten Monde einschließlich
’glantines, seine tausenden von künstlichen Habitaten und
die zwanzig Milliarden Seelen im gesamten System wirklich so
ungeschützt und am Ende der Welt, wie sie beim ersten
flüchtigen Blick auf eine galaktische Sternenkarte schon immer
erschienen waren.
    Die Sicherheitskräfte, die Truppen der Navarchie und die
Außengeschwader von Ulubis, soweit noch vorhanden, sammelten
sich und formierten sich neu. Man rief das Kriegsrecht aus und setzte
einen Notstandsplan in Kraft, der den Löwenanteil der hoch
entwickelten Produktionskapazitäten des Systems für den Bau
von Waffen und Kriegsschiffen requirierte. So konnte Kehar Heavy
Industries, das Unternehmen von Saluus’ Vater, in einer Weise
wachsen und gedeihen, wie es sich sein Gründer in seinen
gierigsten Träumen nicht erhofft hatte, und Saluus wandelte sich
vom verschwenderischen Erben eines großen zum künftigen
Besitzer eines unermesslichen Vermögens.
    In der Hierarchie des Systems dachte man auf höchster Ebene
darüber nach, ob Ulubis versuchen sollte, ein eigenes Wurmloch
und eine Trägerflotte zu bauen, um das eine Ende nach Zenerre zu
bringen. Doch abgesehen von den immensen Kosten und der
Überlegung, dass man damit – immer vorausgesetzt, ein
Portal würde in nicht allzu ferner Zeit die Reise in die
Gegenrichtung antreten – viel Zeit und Arbeit verschwenden
würde, ohne den Wiederanschluss zu beschleunigen, gab es noch
ein zwingendes Gegenargument, das so lange Gültigkeit hatte, bis
von Zenerre entweder kein Signal mehr käme oder die Nachricht
vom völligen Zusammenbruch der Zivilgesellschaft einträfe:
In der Merkatoria war es nur Technikern gestattet, Wurmlöcher zu
bauen und zu installieren.
    Systeme und Herrscher, die es wagten, ohne ausdrückliche
Genehmigung ein Wurmlochbauprogramm auch nur zu initiieren, hatten
mit harten Sanktionen und Strafen zu rechnen. Und eine solche
Genehmigung war im Notstandsplan der Merkatoria für Ulubis nicht
vorgesehen.
    Den wenigen im All geborgenen Trümmern von Beyonder-Schiffen
im Umkreis des Lagrange-Punkts, an dem sich das Portal befunden
hatte, ließ sich entnehmen, dass die Zerstörer des Portals
jenen drei Gruppen entstammten, die Ulubis und einige der
angrenzenden Raumsektoren schon seit tausenden von Jahren
bedrängten. Für diese eine Aktion hatten sich die
Grenzüberschreiter, die Wahrhaft Freien und die BiAllianz
verbündet und waren in so großer Zahl aufgetreten wie nie
zuvor. Unruhig, nervös und voller Angst vor dem, was eine
Beyonder-Invasion bringen könnte, fielen die Bewohner des
Systems in ein Entwicklungsstadium zurück, das eher dem der
r-Menschen der Erde vor deren voller Integration in die galaktische
Gemeinschaft glich.
    Es war eine Binsenweisheit, dass alle Zivilisationen im Grunde so
lange neurotisch waren, bis sie die Verbindung zu anderen
Mitlebewesen hergestellt und ihren Platz innerhalb der in
ständigem Wandel befindlichen MetaZivilisation gefunden hatten.
Solange die Sologesellschaften aufrichtig daran glaubten, allein im
Universum zu sein, neigten sie dazu, ihre eigene Bedeutung zu
überschätzen, und wurden zugleich angesichts der schieren
Größe und vermeintlichen Leere des Alls von existenziellen
Ängsten beherrscht. Doch obwohl die Kultur des Ulubis-Systems
wusste, dass der Rest der galaktischen Gemeinschaft – selbst im
schlimmsten Fall zumindest in irgendeiner Form – existierte,
glitt sie unmerklich in jenen früheren Zustand vor der Aufnahme
in diesen Verbund zurück.
    Weil man sich durch das Kriegsrecht

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