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Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Titel: Der Allesforscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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streng fielen jene aus, die mir, dem Vater und Erwachsenen und Erziehungsberechtigten, galten. Ich verspürte den Impuls, davon zu berichten, wie mir Simon quasi davongelaufen war, zuerst den Berg hoch zur Scharte und dann tief hinein in den Bergwerkstollen.
    Aber genau das geht natürlich gar nicht, daß man sich auf das eigene Kind herausredet, so berechtigt es sein mag. Nein, ich mußte alles an Schuld auf mich nehmen, zudem einige Formulare der Bergrettung unterzeichnen, was auch immer da an möglichen Kosten auf mich zukam. So ganz entschieden war das jetzt noch nicht und hing wohl vom Bericht des Einsatzleiters ab, immerhin waren sie ohne Hubschrauber und ohne Krankenhaustransport ausgekommen, und der Bergretter sagte ja auch, wenn hier jemand wirklich gelitten habe, dann Kerstin, und wenn hier etwas gutzumachen sei, dann betreffe es »die Mutter des Kindes« – das fand ich wiederum sehr schön, daß er es auf diese Weise ausdrückte. Ich versprach ihm, demnächst Fördermitglied der Tiroler Bergrettung zu werden, auch wenn es Leute gibt, die diese Einrichtung als ein reines Nebenprodukt der Tourismusindustrie ansehen, vergleichbar der Blasmusik und den Skilehrern, und finden, daß die nicht so zu jammern bräuchten wegen der vielen Einsätze und der hohen Kosten.
    Kerstin freilich erzählte ich, wie mir Simon enteilt war und wie ich gezwungen gewesen war, ihm tief in den Stollen zu folgen, dort, wo der Boden mit Parkett ausgelegt war.
    »Ach was?« meinte Kerstin. »Das wächst dort also, das Parkett? Oder machen so was die Stollenwichtel?«
    »Du darfst mir das ruhig glauben. Simon kann …«
    Ich wollte sagen, er könne das bestätigen, so wie er die Haloerscheinung hätte bestätigen können, aber ich unterließ es und meinte: »Jedenfalls war es doch eigentlich ein Glück, daß wir dort geblieben sind. Ich meine, angesichts des Unwetters in der Nacht. Von dem wir nicht das geringste bemerkt haben.«
    »Vielleicht wart ihr betäubt von den Dämpfen.«
    »Was für Dämpfe?«
    »Na, zum Beispiel vom Parkettreiniger oder dem neuen Decklack oder so.«
    »Wir gehen da noch mal zusammen hoch, und ich zeig dir das Zimmer, das sie dort oben haben.«
    » Wer hat das Zimmer dort?«
    Es war mitunter wirklich anstrengend, wenn Kerstin alles, was ich sagte, lektorierte. Was fand sie überhaupt an mir, wenn sie mich für einen Deppen hielt? Ich sagte nur noch: »Du wirst schon sehen.«
    Dann ging ich unter die Dusche, zum Zähneputzen und Rasieren. Durchaus in der Hoffnung, Kerstin würde mir dorthin folgen, um auch mein Duschen zu lektorieren. Berechtigte Hoffnung, wie ich sagen darf. Simon war derweilen unten bei den Wirtsleuten und ließ sich ein großes Frühstück servieren. Eine Eierspeis, anderswo Rührei genannt. Ich brauchte die Portion nicht zu sehen, um zu wissen, daß sie versuchen würden, den Jungen zu mästen, so dünn, wie er wirkte, erst recht nach dieser Nacht, die er wegen seines verantwortungslosen Vaters in einem Stollen hatte zubringen müssen.
    Nach dem Duschen und dem Sex und der Eierspeis machten wir zu dritt einen kleinen Spaziergang, wirklich nicht mehr. Aber das Wetter war wieder traumhaft, die Luft vom nächtlichen Sturm wie von allem Bösen und Schlechten gereinigt. Der Boden warm. Wir saßen im Gras, und Kerstin und Simon zeichneten. Beide hatten einen kleinen Block auf ihren Schenkeln und führten ihre Bleistifte übers Papier. Ja, inmitten von Grün und Braun und Blau vollführten sie schwarzweiße Notizen. Leider zwangen sie mich, etwas abseits zu sitzen. Auch weigerte sich Kerstin, mir ihre Skizzen zu zeigen. Das gehe mich nichts an. Anders Simon, der mir nachher sein Blatt präsentierte.
    Es war ein Schock!
    Und zwar wirklich. Es wäre so gewesen, als hätte Simon mit einemmal eine Folge klar verständlicher Sätze von sich gegeben, in deutscher Sprache und äußerst gewählt. Denn was ich da sah, war eine so präzise wie stimmungsvolle Studie jener Landschaft, die sich vor uns auftat: Bergketten und Himmel, Wälder nach unten hin, das Gefunkel aus dem Berg tretenden Wassers, ganz am Rand die im zahmen Wind nur leicht bewegte Flagge der Austriaken.
    Wenn man an die kunstvollen, aber rein abstrakten (oder scheinbar abstrakten) »Kritzeleien« dachte, die Simon bisher verfertigt hatte, zu Hause wie in der Schule, und nie etwas anderes, dann mutete diese Zeichnung hier wie die Beweisführung eines Künstlers an, so was eben auch zu können. Und sich damit den Respekt der Zweifler und

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