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Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Gesichtszügen spielte, aber er wirkte nicht mehr so entgegenkommend. Sein Tonfall hatte sich allerdings nicht geändert.
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte ich.
    »Ich könnte beschließen, ihm alle drei Morde in Memphis vorzuwerfen, und veranlassen, dass St. Louis ihm den Mord an dem Mädchen zur Last legt. Dann könnten ihn beide Behörden abwechselnd in die Mangel nehmen, bis er etwas gesteht, das seiner Sache nicht zuträglich ist.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte ich. Langsam ahnte ich, worauf alles hinauslaufen sollte, aber ich wollte es aus seinem Munde hören.
    »Ich will es Ihnen leicht machen.« Jennings grinste gönnerhaft. »Tequila hat gesehen, dass Kind Geld von Ihnen verlangt hat, und das wäre ein Motiv. Er war zudem der Letzte, der das Mädchen im Hotel lebend gesehen hat. Und ich habe Zeugen, die sich erinnern, dass Sie beide sich bei Kinds Beerdigung heftig mit Steinblatt gestritten haben. Obendrein habe ich ihn auf frischer Tat ertappt, wie er auf Pratt eingeschlagen hat. Sie selbst haben mir eine interessante Geschichte darüber erzählt, wie Pratt die ersten drei Morde begangen hat. Vielleicht könnte es mir sogar gefallen, Ihren Enkel für alle vier Morde verantwortlich zu machen. Glauben Sie mir, Buck, je nachdem wie ich die Fakten kombiniere, hat William T. Schatz entweder einem Serientäter das Handwerk gelegt, oder er ist selber einer.«
    Die Schmerzen in der Schusswunde brannten höllisch. Jeder einzelne Stich der diversen Nähte schnitt mir ins Fleisch. Zumindest war ich jetzt hellwach. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Aber ich ließ mich von diesem Eindruck nicht täuschen: Es war eine Lüge, die mein Körper sich selbst weismachen wollte. Ich war noch niemals zerbrechlicher und wehrloser gewesen, und hinter der emotionslos und monoton vorgetragenen Sichtweise des Detective steckte eine unverhohlene Drohung.
    »Was wollen Sie eigentlich, Jennings?«
    »Was ich wollte, habe ich bereits. Jetzt versuche ich nur sicherzustellen, dass ich es auch behalten kann.«
    »Das Gold.«
    »Richtig geraten. Ich denke, all diese unappetitlichen Geschichten können erklärt werden, ohne dass irgendein Nazischatz ins Gespräch kommt. Menschen bringen einander wegen so viel weniger um. Manchmal sogar wegen gar nichts.«
    Ich seufzte. »Sagten Sie nicht, sauber bleiben kann man nur, wenn man sich an den Wortlaut des Gesetzes hält.«
    Er lachte. »Ich sagte, in einer so schmutzigen Stadt wie dieser Polizeiarbeit zu leisten, ist wie bis zum Arsch durch einen Fluss aus Scheiße zu waten. In einem Fluss aus Scheiße ist nichts sauber, Buck. Und ich hab Rechnungen zu bezahlen.«
    »Fluss aus Scheiße«, wiederholte ich. Ich blinzelte in die Dunkelheit, um ihn besser zu erkennen, und mein Detective-Instinkt, meine unterbewusste Alarmanlage, schrillte unter der Schädeldecke. Mein Arzt hatte mir gesagt, Paranoia sei ein Frühsymptom von Altersdemenz, aber ich glaubte nicht, dass es Senilität war, die mich so beunruhigte. »Und Norris Feely?«, fragte ich.
    Jennings lehnte sich auf seinem Stuhl vor. »Es scheint ziemlich klar zu sein, dass er auf Sie geschossen hat. Wir sagen, es handelte sich um einem Streit über das Vermögen von Jim Wallace. Er wird garantiert den Mund halten, was das Gold betrifft,wenn ich drohe, ihm den Mord an Lawrence Kind zur Last zu legen.«
    Die Puzzleteile passten. Aber das Problem war, dass sie zu passen schienen, wie auch immer ich sie zusammenlegte. Jeder besaß die Mittel, hatte ein Motiv und die Gelegenheit.
    Im Fernsehen machen die Killer immer Fehler, und die zu Unrecht Beschuldigten werden stets rehabilitiert, aber bei den meisten echten Mordfällen hat man es mit Indizien zu tun, und Indizien deuten nicht immer in die richtige Richtung. Tatsachen hatten für Jennings nur zweitrangige Bedeutung, denn ihm kam es darauf an, eine Geschichte zusammenzuschustern, die überzeugend klang. Die Wahrheit ließ sich hinbiegen und war relativ.
    »Sie schieben die meisten Verbrechen dem Toten in die Schuhe, und Tequila und Feely werden schweigen und sich den weniger schwerwiegenden Beschuldigungen stellen, wenn Sie ihnen mit einer Mordanschuldigung drohen«, sagte ich. »Und wenn Ihre Geschichte zur offiziellen Wahrheit wird, verschwindet das Gold ganz einfach. Die Rechnung geht zwar auf, aber damit ist nicht erklärt, wer diese Menschen ermordet hat.«
    Jennings kratzte sich den Kopf. »Es war Pratt, oder?«
    »Das glauben Sie?«, fragte ich ihn.
    »Warum sollte ich

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