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Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sich ungefähr genauso groß an. Jemand hatte mir mal erzählt, dass ein Vollmantelgeschoss aus einem Gewehr den menschlichen Körper glatt durchschlagen kann, und jetzt war es mir am eigenen Leib bewiesen worden.
    Ich konnte mich vage daran erinnern, kürzlich im Halbschlaf und durch den Drogenschleier einen Mann gesehen zu haben, der eine weiße Jacke über einem Chirurgenkittel trug und am Fußende meines Bettes stand. Nicht unser regulärer Arzt.
    »Sie können sich glücklich schätzen. Massive Verletzungen dieser Art sind extrem gefährlich und üblicherweise bei Patienten, die Gerinnungshemmer nehmen müssen, auch tödlich«, hatte mir der Chirurg eröffnet. »Und wenn sich ältere Patienten eine schwere Verletzung zuziehen, kann es sehr schnell zu einer kardialen Dekompensation kommen. Sie würden nicht mehr am Leben sein, wenn man Sie nicht in das Krankenhaus mit dem besten verdammten Gefäßchirurgen im Südosten der Vereinigten Staaten gebracht hätte.«
    »Älter als wer?«, hatte ich gefragt und einen tadelnden Finger auf ihn gerichtet. Dann war ich wieder weggedämmert.
    »Werde ich sterben?«, fragte ich Rose.
    »Ja«, sagte sie. »Nur noch nicht jetzt gleich. Du solltest aber versuchen, fliegenden Gewehrkugeln aus dem Weg zu gehen.«
    Ein guter Rat, aber trotzdem ärgerte ich mich.
    »Buck, ich habe mit den Ärzten gesprochen, und sie sagen, du wirst es schwerer haben, dich zu bewegen, selbst nach deiner Genesung. Ich denke, es wird Zeit, dass wir über unsere häusliche Situation sprechen.«
    »Ich lass den Laden hier hinter mir und komm wieder nach Hause und dann wird alles so sein, wie es immer war«, sagte ich.
    Sie kreuzte die Arme. »Nein, wird es nicht. Diesmal nicht.« Ich rieb am IV-Zugang auf meiner Hand. »Was hast du angestellt?«, knurrte ich.
    »Ich habe mich mit einigen Leuten getroffen und dann auf eine Eigentumswohnung mit Betreuung in der Anlage Valhalla Estates angezahlt. Da ist Platz für dein Sofa und außerdem ist das Apartment voll verkabelt, sodass du alle deine Sender bekommst. Es gibt einen Parkplatz für Anwohner, und du kannst deinen Buick behalten. Außerdem verkaufen sie unser Haus für uns und verrechnen es mit unseren Kosten.«
    »Nach Valhalla können wir niemals«, sagte ich. »Das ist der Himmel der Nazis.«
    Ich wollte den undankbaren Rasen nicht aufgeben und auch nicht die Zeitung in der Auffahrt. Ich wollte nicht auf meinen Kaffee und meine Haferflocken im Sonnenlicht am Küchentisch verzichten. Ich wollte Brians altes Zimmer nicht aufgeben, mit den Regalen voller Bücher, die ich ihm vorgelesen hatte, als er klein war.
    »Ich möchte ebenso wenig ausziehen wie du, aber was soll ich denn tun?«, fragte mich Rose. Es war nicht mehr der übliche Ton der Ermahnungen. In ihrer Stimme mischten sich Wut und Niedergeschlagenheit. »Sie sagen, wenn du liegst, wirst du dichnur sehr schwer wieder aufrichten können. Mindestens noch einige Monate lang, aber vielleicht auch für immer. Ich kann dich nicht aus dem Bett heben.«
    »Das krieg ich hin.«
    »Ich wüsste nicht, wie. Und die kleine Wunde da, die geht doch ganz durch dich durch, durch alle Schichten. Der Chirurg musste jede einzelne Schicht nähen. Solange es heilt, besteht die Gefahr, dass du alles wieder aufreißt, und der Heilungsprozess wird lange dauern wegen der Blutverdünner. Du musst von einer Krankenschwester betreut werden.«
    »Baby, das lässt sich auch ganz anders machen.« So richtig überzeugt war ich aber nicht.
    »Es gibt keinen Zauberschatz, mit dem wir uns aus der Bredouille freikaufen könnten, Buck«, sagte sie. »Und selbst wenn da einer wäre, bin ich nicht sicher, dass sich überhaupt ein Handel machen ließe. Wir können nicht mehr alleine für uns sorgen. Das müssen wir uns eingestehen.«
    Ich wollte etwas anderes sagen, aber da gab es nichts, und deshalb hielt ich den Mund. Rose nahm meine Hand und drückte sie. So hielten wir eine Weile inne.
    Was ich nicht vergessen will:
    Bald darauf kam Tequila mich besuchen. Er hatte von zu Hause eine kleine Reisetasche mit meinen Sachen mitgebracht. Ich schaute hinein, hatte aber kein besonderes Interesse, irgendwelche Überbleibsel eines Lebens zu betatschen, das vorüber war.
    »Und was soll ich hier drinnen mit denen anfangen?«, fragte ich, als ich eine Schachtel Lucky Strike hervorzog.
    »Weiß ich nicht, aber du hast doch immer welche dabei. Ich dachte, du möchtest nicht ohne sein.«
    Ich legte die Zigaretten auf das Tablett neben meinem Bett

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