Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman
noch warm, und der Täter hatte wahrscheinlich bereits die halbe Stadt durchquert.
Ich fand Rose in der Lobby inmitten einer Judenschar. Man spekulierte darüber, was wohl geschehen sein mochte, dass der Vortrag abgesagt worden war.
Sie sah mich an und blickte dann missbilligend auf meine Zigarette. »Hast du vor, mir zu erklären, was geschehen ist?«
Ich warf einen Blick in die Runde, um mich zu überzeugen, dass niemand uns hörte, und dann beugte ich mich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr:
»Yid’s Kack ist nicht mehr.«
41
Die Kriminaltechniker des Morddezernats taten, was sie an einem Tatort zu tun hatten. Überwacht wurde ihre Arbeit von dem örtlichen Lubawitscher Rabbi, der gekommen war, um sicherzustellen, dass jeder Fetzen Fleisch und jeder Tropfen Blut eingesammelt wurde, um nach jüdischem Recht begraben zu werden.
Sogar die Detectives hatten sich schockiert gezeigt, als sie vor dem Blutbad standen, das der Mörder angerichtet hatte, und der junge Rabbi war der Einzige, der scheinbar unbewegt reagierte. Er beschrieb mir, wie er als Jeshiwa-Student in Jerusalem dieselbe grausige Aufgabe an Schauplätzen von terroristischen Sprengstoffattentaten ausgeführt hatte.
Randall Jennings betrachtete nachdenklich den geschundenen Leichnam Jitzchak Steinblatts.
»Hierfür hat Norris Feely ein hieb- und stichfestes Alibi«, sagte er.
»Er sitzt immer noch bei Ihnen hinter Gittern?«
»Ja. Aber nicht mehr lange und er spaziert ins Freie.«
»Er könnte einen Komplizen haben.«
Jennings lachte leise. »Er könnte der Komplize sein.«
Ich nickte. »Sie vermuten also, dass T. Addleford Pratt hinter alledem steckt?«
»Nein, tue ich nicht.«
Wir sahen einander ziemlich lange in die Augen. Ich wusste, was er meinte.
»So ist es aber nicht, Randall.«
»Ich verlasse mich auf Ihr Wort. Im Augenblick noch. Ihr Enkel kannte alle drei Opfer. Niemand, der verdächtigt werden könnte, Lawrence Kind umgebracht zu haben, hatte eine Verbindungzu dem Mann hier oder zu dem Mädchen im Hotel. Buck Schatz und seinen Enkel finde ich hingegen am Schauplatz aller drei Verbrechen. Ich mache mir das Leben sehr viel schwerer, als es sein müsste, indem ich Ihnen die Unschuldsvermutung zugestehe. Aber objektiv betrachtet gibt es nur eine überzeugende Antwort.«
»Mein Enkel hat niemanden umgebracht.«
»Können Sie verbindlich aussagen, wo er sich zur Zeit dieses Mordes aufgehalten hat?
»Er hat mich und meine Frau gegen sieben Uhr hier an der Eingangstür abgesetzt. Dann ist er nach Hause gefahren.«
»Woher wissen Sie, dass er wirklich nach Hause gefahren ist?«
»Ich weiß es einfach.«
»Versetzen Sie sich in meine Lage, Buck. Welche Schlüsse würden Sie aus den Fakten ziehen, die uns bekannt sind?«
Ich sagte nichts.
»Lawrence taucht mitten in der Nacht bei Ihnen zu Hause auf. Ich nehme mal an, dass es sich nicht um einen normalen Nachbarschaftsbesuch gehandelt hat. Vielleicht kommt es zum Streit. Am nächsten Tag ist er tot. Ihr Enkel hat kein Alibi.«
»Kind hatte eine Menge Feinde.«
»Das Mädchen in St. Louis war von außerhalb zu Besuch in der Stadt. Sie hatte keine Feinde; sie kannte niemanden außer Ihrem Enkel. Und sie wird auf dieselbe Weise mit dem Messer massakriert, wird auf dieselbe Weise ausgeweidet.«
»Vielleicht ist der Mörder uns gefolgt.«
Seine Miene wurde skeptisch. »Warum sollte ein Mörder Ihnen nach St. Louis folgen, um den One-Night-Stand ihres Enkels in einem Hotelzimmer abzuschlachten?«
Wegen des Goldes, dachte ich. Wegen des verfluchten Goldes.
Aber ich sagte: »Ich weiß nicht.«
»Genau. Und jetzt haben wir diesen Mann. Und sehen Sie sich den Tatort an. Dieses Opfer wurde auf die Weise getötet, die nach jüdischen Vorschriften bei der Schlachtung eines Tierseingehalten werden muss. Wer sollte sich damit auskennen außer einem jüdischen Mörder?«
»Jeder«, sagte ich. »Das gehört doch zum Allgemeinwissen.«
»Sie meinen, Lawrence Kinds Kredithaie in Tunica wüssten von den jüdischen Vorschriften fürs Schlachten? Sie meinen, irgend so ein abgehalfterter Auftragskiller, den Felicia eventuell angeheuert haben könnte, ihren Mann zu erledigen, könnte sich mit solchen Schlachtritualen auskennen? Und warum sollten sie sich die Mühe machen, Jitzchak Steinblatt zu töten?«
Das schien auf der Hand zu liegen. »Um es Tequila anzuhängen.«
»Warum sollte jemand Ihrem Enkel etwas anhängen wollen?«
Ich sagte nichts. Also fuhr er fort.
»Ich sehe mir dieses
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