Der Altman-Code
hat?« Fred Klein ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Es geht um deinen Vater, Sam. Und es kann überhaupt nicht die Rede davon sein, dass wir nicht alles tun, um das Verzeichnis zu beschaffen. Es ist ein Problem aufgetreten, und ich glaube, Colonel Smith wird sowohl damit wie mit der Beschaffung des Dokuments fertig.«
»Mein Vater.« Dem Präsidenten wurde flau im Magen.
»Was für ein Problem?«
»Ich habe aus dem Lager einen Hinweis erhalten, dass er morgen Früh, Ortszeit, verlegt werden soll. Warum, weiß unser Mann vor Ort nicht. Aber wenn Thayer einmal verlegt ist, sinken die Chancen, ihn in nächster Zeit zu befreien, deutlich. Da mein Team unmöglich rechtzeitig an Ort und Stelle sein kann, habe ich mir einen anderen Plan ausgedacht. Das Problem ist nur, er ist riskanter.
Das einzig Gute an diesem Kuddelmuddel ist, dass uns Li Kuonyis Wahl des Übergabeortes ermöglicht, die Risiken bei Thayers Rettung zu reduzieren. Durch Colonel Smiths frühzeitige Entsendung erhöhen sich unsere Erfolgsaussichten.« Der Präsident ließ sich dadurch keineswegs beruhigen.
»Nicht auf Kosten unseres Hauptziels, Fred.«
»Natürlich nicht, Sam. Auf gar keinen Fall. So gut müsstest du uns eigentlich kennen.«
»Dich, ja. Aber bei Smith bin ich mir nicht so sicher.
Ist er allein unterwegs?«
»Er wird nicht auf sich allein gestellt sein, Sam, aber ich glaube nicht, dass du mehr wissen willst. Unter Umständen wird es einige Punkte geben, bei denen du auf Nicht-Wissen wirst plädieren müssen.«
»Erzähl mir, so viel du kannst.«
»Wir haben Chiavelli und ein Netzwerk politischer Gefangener im Lager; Smith kommt von außen, außerdem etwas importierte private Hilfe, die ich schon einmal erwähnt habe, von der du aber besser nichts wissen solltest, zumal Smith diese Leute schon bei einer früheren Gelegenheit geholfen haben. Ich habe nicht gerade mit Geld gegeizt, sodass vorausgesetzt, es kommt nicht zu weiteren Katastrophen unsere Chancen recht gut stehen, Thayer aus dem Lager zu holen. Anschließend wird ihn Captain Chiavelli an die Grenze schaffen. Gleichzeitig machen sich Smith und die anderen auf den Weg zum Schlafenden Buddha, um sich dort auf die Lauer zu legen.« Der Präsident schien immer noch skeptisch. »Na schön. Hat Smith ein Versteck, wo er morgen den ganzen Tag untertauchen kann?«
»Ja.« In Gedanken ganz woanders, saß der Präsident eine Weile nickend da. »Und wenn das Ganze nur Schwindel ist? Eine Falle? Was ist, wenn es gar keine illegalen Chemikalien gibt?«
»In Anbetracht all dessen, was wir mittlerweile in Erfahrung gebracht haben, halte ich das für sehr unwahrscheinlich.«
»Aber nicht unmöglich?«
»In der Geheimdienstarbeit und in der Weltpolitik ist nichts unmöglich. Nicht, solange Menschen den Gang der Dinge bestimmen.« Der Präsident war in Gedanken immer noch ganz woanders als im Oval Office. »Wie kann jemand diesen Job nur freiwillig machen? Sich regelrecht darum zu reißen, ist eindeutig mit einer gewissen blinden Hybris verbunden.« Sein Blick kehrte zu Klein zurück. »Ich weiß sehr zu schätzen, was ihr, du und Smith, tut. Es war beileibe nicht einfach, und es wird, glaube ich, auch nicht einfach werden. Achtundvierzig Stunden, allerhöchstens – und China ist eben doch so weit entfernt.«
»Ich weiß. Aber wir kriegen es hin.« Abwesend legte der Präsident die Hand auf seine Anzugjacke. Durch den teuren Stoff konnte er seine Brieftasche spüren. Unwillkürlich sah er plötzlich vor seinem inneren Auge den lächelnden Mann mit dem verwegenen Hut. In seinem Blick lag etwas Fragendes. Der Präsident brannte darauf, von dem Mann zu erfahren, wie diese Frage lautete. Aber er versuchte, nicht mehr weiter daran zu denken.
In der Luft über der Provinz Sichuan Der Düsentriebstrahl der E-2C riss Smith sofort von den Anbauten am Heck fort, und bis auf den Luftzug an seinen Wangen hatte er das Gefühl, reglos im All zu schweben, so, als ob er sich überhaupt nicht von der Stelle bewegte. Trotzdem fiel er mit unglaublicher Geschwindigkeit – mit fast zweihundert Stundenkilometern. Er musste seine Höhe und den Kurs ins Zielgebiet wissen. Gegen Luftzug und Schwerkraft ankämpfend, hob er das rechte Handgelenk, um auf die LED-Anzeigen von Höhenmesser und GPS sehen zu können. Er befand sich in sechstausend Meter Höhe und direkt auf Kurs. Die Windstille war sein bester Verbündeter.
Zum Glück war keine Präzisionslandung nötig, obwohl die nächsten Berge nur wenige Kilometer
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