Der Altman-Code
aufhalten wollen.« Eriksons Miene versteinerte. Er stand auf. »Sie kriegen morgen meinen Rücktritt.« Er wandte sich zum Gehen, drehte sich aber noch einmal um. »Wissen Sie, ich bin keineswegs so schlimm, wie Sie denken. Letzten Endes war ich nie wirklich einverstanden mit Ihrer Politik des Rüstungsabbaus. Ich habe nur getan, was ich für das Land für das Beste hielt.«
»Quatsch«, sagte Ouray. »Sie haben getan, was Sie für das Beste im Interesse von Brandon Erikson hielten.« Der Präsident nickte. »Und dabei haben Sie auch Ihren Gönner verloren. Falls die Altman Group das überleben sollte, wird Sie dort niemand mehr auch nur von ferne sehen wollen. Sie passen nicht ins Unternehmensbild. In Ihrem Fall hat die Verquickung von Geschäft und Politik fast zum Krieg geführt. Das kann sich ziemlich nachteilig auf die Bilanzen auswirken.«
Dienstag, 19. September - Vandenberg Air Force Base, Kalifornien
Der Morgen war sonnig warm und dunstig, als die Air Force-Maschine über den Pazifik hereinkam. Durch das Fenster betrachtete Jon Smith die nebelumrankten Channel Islands und die zerklüftete Küste mit ihren weißen Sandstränden und pittoresken Klippen. Der extrem gut gesicherte Luftwaffenstützpunkt, der auf einer in den glitzernden Ozean hinausragenden Landzunge lag, erstreckte sich über nahezu 40 000 Hektar, auf denen es Madronabäume und Abschussrampen, Pampasgras und Raketensilos gab.
»Früher sind wir mit Mom und Dad ab und zu hier raufgefahren, um die Fauna zu studieren«, sagte Randi Russell.
Sie hatte einen Fensterplatz, während Smith, durch den Gang von ihr getrennt, in der Mitte saß, wo er sich in alle Richtungen drehen und aus verschiedenen Fenstern sehen konnte.
»Herrlich, nicht?«, fuhr sie fort. »Sonne und Meer, das hat schon was, einfach unwiderstehlich. Wenn … falls … ich mich mal zur Ruhe setzen sollte, komme ich hierher zurück. Was wirst du tun, Jon?« Etwa achtzig Kilometer südöstlich von Vandenberg lag Santa Barbara, wo Randi und ihre Schwester, Sophia Russell, aufgewachsen waren. In Santa Barbara hatte auch Jon Smith seine Wunden geleckt und überlegt, was er mit seinem Leben anfangen sollte, nachdem Sophia dem Hades-Virus zum Opfer gefallen war.
»Zur Ruhe setzen?«, wiederholte er. »Wie kommst du denn darauf? Wieso sollte sich jemand zur Ruhe setzen wollen?«
»Das frage ich mich allerdings auch«, flocht David Thayer ein. »Glauben Sie mir, davon erwarten sich die Leute viel zu viel. Frei und ungebunden – so stelle ich mir jetzt das Leben vor.« Als er grinste, gruppierten sich die Falten in seinem vor Neugier und Abenteuerlust blitzenden Gesicht neu. Sein dichtes weißes Haar war ordentlich nach hinten gekämmt, und seine Brille hatte ein neues Schildpattgestell. »Mein Gott, ich bin über fünfzig Jahre zur Ruhe gesetzt worden. Deshalb habe ich beschlossen, den Rest meines Lebens noch mal richtig aus dem Vollen zu schöpfen.« Die drei lächelten sich an, als die Maschine aufsetzte und auf der Landepiste ausrollte. Sie trugen legere Hosen und Hemden, die ihnen die amerikanische Botschaft in Beijing zur Verfügung gestellt hatte. David Thayer hatte sich über die Plastikreißverschlüsse gewundert, die er noch nie gesehen hatte. Auch Klettverschlüsse waren etwas völlig Neues für ihn. Er hatte die Verschlüsse seiner neuen Sportschuhe mehrere Male aufgerissen und wieder befestigt. Und er war nie zuvor in einer Düsenmaschine geflogen. Der Air Force-Pilot zeigte ihm das Cockpit in aller Ausführlichkeit und versuchte ihm zu erklären, wie viel an Bord inzwischen computergesteuert war, bis er schließlich merkte, dass Thayer nicht die geringste Ahnung von Computern hatte. Thayer versicherte ihm, er werde sich ein Buch kaufen und es selbst herausfinden.
Nachdem Smith in der Botschaft wieder mit Thayer zusammengetroffen war, hatte er darauf gedrungen, dass man den alten Mann einer gründlichen ärztlichen Untersuchung unterziehen sollte. Aber Thayer hielt das für Zeitverschwendung und erklärte höflich, er würde lieber fernsehen, was ebenfalls neu für ihn war. Trotzdem ließ er sich schließlich überreden, worauf der Arzt mehrere verheilte Knochenbrüche feststellte, außerdem Eisenmangel, ein Auge, das baldmöglichst wegen grauen Stars operiert werden sollte, und offensichtliche Schäden am Gebiss. Danach hatten sich Smith, Randi Russell und David Thayer an Bord der Air Force-Maschine begeben und den Heimflug in die Staaten angetreten.
Die Ereignisse der
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