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Der Amboss der Sterne

Der Amboss der Sterne

Titel: Der Amboss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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nicht, was ich geworden bin. Was ich tue.«
    »Hast du mich gern?«
    »Natürlich.«
    »Mir geht es genauso.«
    Er zuckte die Achseln, nicht imstande, den Widerspruch zu erklären.
    »Fühlst du dich schuldig?« fragte Theresa.
    »Nein«, erklärte Martin. »Ich will ihre Welten in Schutt und Asche legen.«
    »Hm«, sagte Theresa.
    »Und du?«
    »Fühlst du dich schuldig?«
    »Nein. Ich möchte zusehen.«
    Sie antwortete einige Zeit nicht. Ihr Atem ging regelmäßig wie im Schlaf. Dann sagte sie: »Nein. Aber ich werde es tun. Für jene, die es nicht können.«
     
    Fallen, fallen. In das helle Untergeschoß von Wormwood, um den Herd herum, hundert Millionen Kilometer von Nebukadnezar entfernt, schweigend wie ein Gespenst, kleiner als eine Mücke, mit schneckenartiger Langsamkeit. Beobachtend konzentrierten sich Hakim und sein Team auf die Disziplin und die Aufgabe, hielten ihre Gedanken eng auf dieses eine Ziel gerichtet.
    Martin ging von Kind zu Kind, von Wendy zu Verlorenem Jungen, redend, ermutigend, bis seine Kehle heiser und seine Augen trübe waren. Während dieser Tage sprach er das eine oder andere Mal zu allen und hielt, wie sein Vater es getan hätte, den Kontakt über jene räumliche und zeitliche Kluft, wo Gleichzeitigkeit sinnlos war außer in dem betrogenen, träumenden Geist.
    Alles wie ein Traum, unheimlich irreal. Die neuen Räume der Schildkröte wirkten ihrem Gefühl entgegen, daß sie zugehört hatten und dreifach entfernt waren von den Realitäten, die ihr Körper zu verstehen gelernt hatte: Erde, Arche, Dämmerungsgleiter. Sie gehörten nur noch zu ihrem Werk.
    Theodore hätte dies sehr mißfallen, dachte Martin. Er hätte sich über die monomane Lebensillusion geärgert und nach einer überbrückenden Wahrheit verlangt, einem zusammenhängenden Zweck zwischen dem, was einst auf der Arche gewesen war, und jetzt, wo Zweck und Zusammenhang verlorengegangen waren.
    Er hätte wenig Erfolg gehabt; oder er hätte sich verändert wie sie alle, wie Ariel sich verändert hatte, indem sie ihre offenkundigen Bedenken unterdrückte, sich kaum je beklagte und mit den übrigen auf der absteigenden Bahn der Schildkröte dahintrieb.
    Aber später dachte Martin, Theodore hätte Erfolg gehabt, besser als ich. Er wäre zum Boss gewählt worden. Er würde seine Verantwortung tragen. Er würde seine Wasserbecken und den Chaoborus vermissen, wundervoll glasige häßliche Bewohner der Erde. Aber er würde seine Energien konzentrieren. Die Kinder würden ihn respektieren, und er würde nicht erwarten, daß alle ihn liebten.
    Die Erde sprach nicht für Rache. Sie sprach für Überleben.
    Hinunter, hinunter.
    Martin ging durch die Schildkröte von Kind zu Kind, geführt vom Bild seiner Eltern und im Versuch, für die Kinder das zu sein, wozu die Mütter nicht fähig waren.
    Seltsamerweise stellte Martin fest, daß sich ihm alte Erfahrungen eröffneten, wenn er zu seinen Schiffskameraden sprach, plötzlich wiederbelebte Blumen der Erinnerung. Das Saugen an der Brust seiner Mutter, ihr warmer voller Geruch wie von Rosen, das Lächeln auf ihrem Gesicht, wenn sie ihn in ihren Armen anschaute – ein alles billigende Lächeln, das die Mütter nicht hervorbringen konnten. Alles vergebend, alles liebend, die sanfte Ekstase des Flusses ihrer Milch.
    Er erinnerte sich an die Disziplin und Liebe seines Vaters, weniger sanft als die seiner Mutter. Die Schuld seines Vaters, wenn er Martin züchtigte, besonders wenn dieser das provoziert hatte. Die stille Depression seines Vaters, wenn er sich vor Frau und Sohn abschloß, während die Mutter friedlich mit Martin dasaß. Die späteren Jahre mit weniger Prügel – nicht nachdem er sechs war – und die Tage des Beisammenseins in den Sommern vor dem Tod der Erde; und die Rückkehr seines Vaters aus Washington, D.C., die Erkundung eines Flusses auf einem Floß, die Durchforschung des Waldes ums Haus herum, reden, bisweilen die Schweigsamkeit und Feierlichkeit seines Vaters, der zu anderen Zeiten überquellend und sogar zu Späßen aufgelegt war.
    Arthurs Liebe für Francine, die Martins Kindheit ständig wie Sonnenschein erfüllte. Martin vergaß nicht die Streitigkeiten, die Dispute in der Familie; aber die gehörten ebenso zum Bild wie Runzeln in der Haut oder Gebirge auf der Oberfläche der Erde oder Wellen im Meer…auf und ab in einem emotionalen Terrain.
    Die Erinnerungen halfen Martin, jenen Sinn für Zielstrebigkeit zu behalten, den sie hatten, als sie die Arche verließen und

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