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Der Amboss der Sterne

Der Amboss der Sterne

Titel: Der Amboss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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reduziert.
    Martin erwachte eine Woche nach der Wiedervereinigung, um sich mit den Müttern zu beraten. Durch ein Feld in ein Kissen aus warmer Luft gehüllt, bewegte er sich auf Leitern durch die kalten, evakuierten Kammern des Schiffs des Gesetzes und billigte Veränderungen oder machte Vorschläge. Er war sich nicht sicher, weshalb man ihn geweckt hatte. Vielleicht interessierten sich die Mütter für die veränderte Psychologie einer Besatzung, die Niederlage und Tod vor Augen gehabt hatte, und wollten die Reaktion eines Individuums studieren. Falls ja, fanden sie Martin schweigsam.
    Er hatte durch den langen Kälteschlaf keine üblen Einwirkungen erlitten. Sie würden alle erwachen mit der Katastrophe frisch in der Erinnerung, mit unverarbeiteten Emotionen, und mußten sofort an die Arbeit gehen. Martin war ärgerlich, erschreckt und derart gepeinigt, daß er sich fragte, ob er krank wäre. Wieviel psychischen Schaden hatte er erlitten? Er konnte es nicht ermitteln. Es gab keine Zeit für Kummer und Wiederherstellung.
    Keine der Mütter hatte eine Farbmarke. Entweder waren die Marken während der zehn Jahre völlig abgeblättert, oder die Kriegsmutter war zu dem Rumpf des Schiffs zurückgekehrt und mit Martin zusammen aus einer anderen Form von Schlaf herausgekommen.
    Martin beendete seine Inspektion in fünf Stunden. Eine Mutter begleitete ihn zu der Kammer, in der die Crew schlief. Sie sagte: »Es ist Zeit, einen jeden aufzuwecken. Die letzte Bremsung wird einsetzen, ehe sie wiederbelebt sind. Wir werden uns den inneren Welten binnen einer Zehntagewoche nähern.«
    »Gut!« sagte Martin. »Gehen wir!«
    Er lauschte auf die Winde, die durch das Schiff bliesen, als Atmosphäre und Wärme zurückkehrten. Isoliert in einem kleinen Raum neben der Schlafkammer fühlte er, wie das Gewicht wiederkam, und stand zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder auf seinen Füßen.
    Die anderen wurden in Fünfergruppen wach, wurden von den Müttern auf gesundheitliche Beeinträchtigungen untersucht und freigegeben. Sie versammelten sich langsam und ruhig im Schulzimmer.
    Der Boden des Schiffs fühlte sich unter ihren nackten Füßen kalt an.
    Martin hielt sich von der Crew entfernt, bis sie im Schulzimmer zusammenkamen. Sein Geist wanderte. Er dachte an die Schoßtiere der Kinder, die nicht wiederkommen würden. Die Dämmerungsgleiter hatte keine Reserven übrig. Martin wußte nicht, wie das die Moral beeinflussen würde. Er dachte, sie hatten zunächst mit anderen und größeren Kümmernissen fertig zu werden.
    Er konnte sich kaum dazu bringen, der Crew entgegenzutreten und zu sagen, was geschehen war. Er wollte weder ihre Trauer noch seine eigene empfinden.
    Aber mindestens gab es noch die Pflicht, wenn auch keine Anweisungen oder Gefühle. So sprach er zu ihnen vom Anfang bis Ende über das, was, wie er wußte, getan werden mußte.
    Er sagte zu ihnen: »Wir sind keine Kinder mehr.« Wenigstens hatte sich das Schulzimmer nur wenig verändert mit einer Sternsphäre im Zentrum und gefüllt von achtunddreißig Männern und siebenunddreißig Frauen. »Wir haben gekämpft und verloren. Vielleicht sind wir noch nicht reif oder schlau genug, aber wir sind keine Kinder mehr.«
    Die Leute lauschten schweigend.
    Martin sagte: »Ich habe gekämpft und verloren. Mir ist entgangen, was hätte offenkundig sein müssen.«
    »Den Müttern ist es auch entgangen«, sagte Hakim. Aber Martin schüttelte den Kopf.
    »Eine Dekade ist vergangen. Meine Amtszeit als Boss ist längst abgelaufen. Es ist Zeit, einen neuen Boss zu wählen. Das sollten wir jetzt tun.«
    Ariel saß da und schaute in ihre gefalteten Hände.
    »Ich benenne Hans«, sagte Martin. »Hans ist meine Wahl als Boss.«
    Hans stand in einer Gruppe der Crew der Hase, die großen Arme untergeschlagen, mit leicht zusammengepreßten Lippen und errötender blasser Haut. Er sagte: »Gewöhnlich messen wir die Zeit danach, wie lange wir wach sind. Danach verbleiben dir noch einige Monate.«
    Martin ignorierte die Bemerkung und sagte: »Hans hat sehr gute Arbeit geleistet als Kommandant der Hase. Seine Instinkte sind besser als meine.« Er warf Hans einen kurzen Blick zu: Laß es mich nicht noch deutlicher sagen. Hans blickte zur Decke.
    Alexis Baikal unterstützte die Nominierung.
    Martin fuhr fort: »Wir nehmen weitere Nominierungen entgegen.«
    Die Leute schauten sich an. Dann sagte Kimberly Quartz: »Ich nenne Rosa Sequoia.«
    Rosas breites Gesicht wurde rot, aber sie sagte nichts. Lehne ab,

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