Der Amerikaner - The American
lange, bis sich wohlige Wärme in dem Haus ausbreitete. Als er sich umdrehte, sah er Katie, die am Türrahmen lehnte. Sie trug enge Jeans und einen bequemen Wollpullover, und ihr Blick wirkte konsterniert. Sie betrachtete ihn schweigend, und Kealey kam es so vor, als wäre die Temperatur plötzlich wieder gefallen. Ihrer finsteren Miene nach konnte er nicht mit einem herzlichen Empfang rechnen.
»Hallo«, sagte er nach einem kurzen, unbehaglichen Schweigen. »Ich hab dich vermisst.«
»Schon klar. Vermutlich hattest du es deshalb so eilig, zu mir zurückzukommen.«
Er hob verärgert die Hände. »Ich musste mich in letzter Minute entscheiden und habe dich angerufen. Warum bist du nicht drangegangen?«
Das brachte sie kurzzeitig aus dem Konzept. Eine gute Frage, dachte sie. »Das weißt du genau! Ich konnte nicht glauben, dass du einfach so abhauen würdest. Es war … Ich weiß nicht, es war, als hättest du vergessen, dass es mich überhaupt gibt.«
»Du weißt, dass das nicht stimmt, Katie«, sagte er mit bekümmerter Miene. »Und es ist nicht fair.«
»Hast du mich angelogen?«
»Worüber?«
Jetzt war ihr Blick skeptisch. Es war offensichtlich, dass sie an seiner Aufrichtigkeit zweifelte. »Über deinen Abschied von der CIA. Hast du wirklich letztes Jahr Schluss gemacht?«
»Natürlich.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich würde dich nie in die Irre führen, Katie.«
Sie blickte ihm lange in die Augen, noch immer bemüht, seine Ehrlichkeit einzuschätzen. »Wenn du bei der CIA ausgestiegen bist«, sagte sie bedächtig, »warum hattest du es dann so eilig, nach Washington zurückzukehren?«
Eine berechtigte Frage, auf die ihm keine Antwort einfiel. Sie hatte einen kleinen Sieg davongetragen, der sich allerdings an ihrem unglücklichen Gesichtsausdruck nicht ablesen ließ.
Als sie weitersprach, ließ sich ihrem Tonfall unschwer entnehmen, dass sie die Auseinandersetzung bereits leid war. »Ich habe Angst zu fragen, wo ich in der Hierarchie stehe. Unter der CIA? Unter ein paar durchgedrehten Terroristen aus irgendeinem beschissenen Land der Dritten Welt?«
»Hier geht’s nicht um Ranglisten, Katie.«
Sie lächelte traurig und schlug den Blick zu Boden. »Das ist eine schreckliche Antwort, Ryan.«
Auch er senkte den Kopf und verfluchte sich für die dumme Bemerkung. Solche Auseinandersetzungen waren noch nie seine Stärke gewesen. Daran war im Laufe der Jahre mehr als eine gute Beziehung zerbrochen. Bisher hatte ihm das nie besonders zugesetzt, aber Katie bedeutete ihm mehr als der Rest seiner Exfreundinnen zusammen, und seine Kehle war plötzlich wie zugeschnürt, als ihm klar wurde, dass er sie vielleicht verlieren würde. Als sie schließlich das Schweigen brach, war er überrascht über das Ausmaß seiner Erleichterung.
»Hör zu, ich weiß, dass deine Aufgaben wichtig sind«, sagte
sie zaghaft. »Etwas anderes würde ich nie behaupten. Ich versuche auch nicht, dich dazu zu bringen, mir etwas darüber zu erzählen. Das kann getrennt von unserer Beziehung laufen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das schon ganz akzeptiert habe, aber ich will es versuchen.« Sie warf ihm einen hoffnungsvollen Blick zu. »Darauf kommt es doch an, oder? Dass wir beide hier sind und uns bemühen. Ich möchte nur wissen, welchen Platz ich bei dir einnehme. Wie es um unsere Beziehung steht.«
»Es tut mir Leid«, sagte er. »Du hast Recht, ich habe nicht richtig nachgedacht.« Dann, nach einem kurzen Zögern. »Ich glaube nicht, dass du wirklich weißt, wie wichtig du mir bist, Katie … Nein, du weißt es bestimmt nicht.«
Sie versuchte krampfhaft, sich an ihrem Zorn festzuklammern, aber tatsächlich war er schon fast verraucht. Ein zaghaftes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Meinst du das wirklich ernst?«
Er streckte eine Hand aus, und sie kam auf ihn zu. Sie nahmen sich zärtlich in den Arm und küssten sich, und plötzlich pressten sie sich verzweifelt aneinander, ohne dass ihnen der Grund dafür bewusst gewesen wäre. »Ich brauche nur dich, Katie«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Wir beide, in diesem Haus, mehr kann ein Mann nicht verlangen.«
Während sie sich mit geschlossenen Augen an ihn schmiegte, fragte sich Katie, warum sie überhaupt so wütend auf ihn gewesen war. Sie wusste, was er sagen wollte, aber aus irgendeinem Grund spielte es keine Rolle, dass er die Worte nicht herausbrachte.
»Ich liebe dich auch«, flüsterte sie.
An der syrischen Küste, ungefähr achtundzwanzig
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