Der Amerikaner - The American
Stadt, wobei Hassan Hamza immer wieder anhielt, manchmal für mehrere Minuten, um dann erneut unerwartet energisch Gas zu geben. Eine Unzahl von Freiwilligen hätte danach gelechzt, Hamza durch die Stadt chauffieren zu dürfen, doch der verließ sich nur auf seine eigenen Instinkte. Womit er gut beraten war, denn er hatte viele erfahrene Kämpfer gekannt, die wegen mangelnder Vorsicht von Elitesoldaten der amerikanischen Special Forces getötet worden waren. Seit sie das schwer bewachte Haus nord
östlich des Stadtzentrums verlassen hatten, saß der Amerikaner schweigend neben ihm auf dem Beifahrersitz, und Hamza fragte sich, was ihm durch den Kopf gehen mochte.
Nach fünfundvierzig Minuten war er überzeugt, dass ihnen niemand folgte. In Afghanistan hätte er so etwas wie das bevorstehende Treffen nie riskiert, aber im nordöstlichen Iran fühlte er sich hinreichend sicher. Er bog abrupt in eine staubige Seitengasse und brachte den klapprigen Wagen zwischen zwei Häusern aus hellem Stein zum Stehen.
»Folgen Sie mir, Sie haben nichts zu befürchten«, versicherte er seinem Begleiter, während er ihm eine Wollmütze reichte. »Setzen Sie die auf.«
March zog sich die Mütze tief ins Gesicht, über sein blondes Haar, das sonst sofort aufgefallen und vielen im Gedächtnis geblieben wäre. Wenn man sie gefragt hätte, wären die Menschen in dieser Gegend mit einer Verurteilung des dekadenten Westens schnell bei der Hand gewesen. Doch er wusste, dass etliche ihre Meinung ändern würden, wenn man ihnen für eine Information eine großzügige Entlohnung versprach. Das lag in der wankelmütigen Natur des Menschen. Für Geld waren die meisten schnell bereit, ihre Prinzipien zu opfern.
Die beiden Männer schritten schnell die Gasse hinab und kamen an einer Reihe heruntergekommener, niedriger Backsteinhäuser vorbei. March fiel auf, dass die Gasse ungewöhnlich dunkel war; die Glühbirnen der Straßenlaternen waren entweder geklaut oder zerstört. Trotz der späten Stunde trippelte eine alte Frau unsicher über das unebene Pflaster. Als sie an ihnen vorbeikam, wandte sie den Blick ab, was dem Amerikaner ebenfalls nicht entging. Ihm war klar, dass die Organisation umfangreiche Maßnahmen ergriffen hatte, um in dieser Gegend Sicherheit zu garantieren. Vielleicht waren die Leute sogar bestochen worden.
Die Lokalpolitiker hatten bestimmt eine angemessene Kompensation für ihre Kooperation bekommen.
Vor dem fünften Haus auf der linken Seite blieben sie stehen. March zögerte, bevor er durch das schmiedeeiserne Tor trat. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, und Hamzas umgängliches Lächeln trug wenig dazu bei, seine plötzliche Angst zu zerstreuen. Seine Sinne waren aufs Äußerste angespannt, und dann nahm er aus dem Augenwinkel eine Silhouette wahr. Auf dem niedrigen Dach des Hauses lag ein Scharfschütze, das Auge an das Zielfernrohr seines russischen Dragunow-Gewehres gepresst.
Die Konzentration des Mannes beeindruckte March, aber seine viel zu große Waffe schien ihm für den Einsatz in Städten ungeeignet. Er selbst hätte sich für ein zusammenklappbares Galil-Gewehr entschieden, sich aber wohlweislich gehütet, es dem Mann auf dem Dach zu empfehlen. Fast hätte er laut gelacht angesichts der Vorstellung, dass ein militanter Araber eine in Israel produzierte Waffe benutzen könnte.
Vor der Tür des Hauses erschienen plötzlich zwei mit AK-47-Schnellfeuergewehren bewaffnete Wachtposten, die sich entspannten, als Hamza leise mit ihnen redete. Einer hob ein Funkgerät an seine von der Hitze aufgeplatzten Lippen, und nach einem kurzen Wortwechsel wurden die beiden Neuankömmlinge eingelassen.
Jason March wartete auf einem unbequemen Stuhl, der seinen Rücken schmerzen ließ. Die letzten paar Tage waren beschwerlich gewesen - eine endlose Reise unter angenommenen Identitäten, permanente Angst vor der Entdeckung. Doch erst jetzt erreichte die Anspannung ihren Höhepunkt. Er hatte das Gefühl, dass ihm ein Test bevorstand und dass seine Antworten nicht nur über seine Stellung innerhalb der Organisation entscheiden
würden, sondern auch darüber, ob er dieses Gebäude lebend wieder verlassen würde. Trotz seines extremen Selbstvertrauens verlor er nie ein gewisses Maß an Vorsicht, und er hatte schon zu viel erlebt, um sie jetzt über Bord zu werfen.
Gedämpfte Stimmen vor der Tür kündigten die Ankunft der Besucher an. Dann trat Hamza ein, gemeinsam mit einem überraschend großen, hageren Mann,
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