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Der amerikanische Architekt

Der amerikanische Architekt

Titel: Der amerikanische Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Waldman
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verbracht?
    »Manchmal habe ich das Gefühl, dass jeder Ort für mich der falsche Ort ist«, sagte der junge Mann auf dem Bildschirm leise.
    Das Bild wechselte zu einem grauhaarigen Mann – demselben, der während der Anhörung neben Asma gesessen hatte. Er war dabei, eine Gedenkplakette aus Messing zu polieren. An dem Gebäude in Brooklyn angebracht, in dem Asma gelebt hatte, zeigte die Plakette ihr Foto und ihren Namen in englischer und bengalischer Schrift. Der Mann arbeitete, bis die Plakette glänzte, steckte einen kleinen Strauß rosa Plastikblumen in die daran angebrachte Halterung und legte die Hand aufs Herz.
    Mo warf einen misstrauischen Blick auf die Kamera, die inzwischen aus ihrem Koffer herausgenommen worden war. Bis jetzt war alles, was damit aufgenommen worden war, nur traurig gewesen. Aber es kam noch mehr. Molly hatte alle Juroren aufgespürt und teilte ihm mit leiser Stimme mit, dass die meisten von ihnen, insbesondere Ariana Montagu, sich immer noch verraten fühlten, weil Mo seinen Entwurf zurückgezogen hatte. Mo wusste das zwar, hatte sich aber alle Mühe gegeben, dieses Wissen zu verdrängen. Nachdem er beschlossen hatte aufzugeben, hatte er in aller Eile gepackt und das Land verlassen, als sei er auf der Flucht, hatte es Paul Rubin überlassen, eine kurze Erklärung über seine Entscheidung abzugeben. Schon im Ausland hatte er dann den ein oder anderen Artikel gelesen und konnte es kaum glauben, als Ariana immer wieder betonte, dass die Jury ihn unterstützt hätte. Die herablassenden Bemerkungen der Künstlerin zu seinem Entwurf, die wenigen Bruchstücke, die er aus den Gesprächen der anderen Juroren aufgeschnappt hatte, Claires Beteuerung, sie allein habe sich für ihn eingesetzt – das alles zusammen hatte ihn überzeugt, dass die Jury niemals für den Garten votieren würde. Sein Gesicht hatte gebrannt – es brannte auch jetzt –, als er das Interview mit Ariana las und ihm aufging, dass er sein Land vielleicht ebenso missverstanden hatte, wie es umgekehrt ihn, was er ihm zum Vorwurf gemacht hatte. Von da an hatte er alles, was über den Garten geschrieben wurde, ungelesen überblättert. Er wollte nichts erfahren, was ihn dazu bringen würde, seine Entscheidung zu bedauern. Teils schämte er sich vor Asma Anwar, und vor Laila: Er hatte seine Entscheidung, den Entwurf zurückzuziehen – sich selbst zu retten –, damit gerechtfertigt, dass er sich gesagt hatte, seine Gedenkstätte würde sowieso nie gebaut werden. Was, wenn er sich geirrt hatte?
    Die Kamera lief, Mo saß neben einem monumentalen marmornen Wasserkrug mit zwei Griffen. Molly vergeudete keine Zeit mit Höflichkeitsfragen. »Warum haben Sie Amerika verlassen?«, wollte sie von ihm wissen.
    Mo zögerte, bevor er sagte: »Die Gedenkstätte hat mir die Welt geöffnet. Ich fing an, mehr über islamische Architektur zu lernen, und daraus wurde, wie sich herausstellte, ein Interesse, das mein ganzes Leben andauerte. Und es gab in anderen Ländern so viele Möglichkeiten – Indien, China, Katar, anderswo in der arabischen Welt. Vom architektonischen Gesichtspunkt aus gesehen war es aufregender, im Ausland zu sein. Das Gravitationszentrum hatte sich verlagert, auch wenn Amerika das damals nicht erkannte. Inzwischen hat sich das geändert, denke ich. Und ich hatte das Gefühl, vielleicht sei es besser, irgendwo zu arbeiten, wo der Name Mohammad kein Nachteil war.« Er zwang sich zu einem Lächeln.
    »Ihr Gefühl hat sie nicht getrogen. Sie sind ein sehr erfolgreicher Mann.«
    »Ach«, tat Mo die Bemerkung mit falscher Bescheidenheit ab. Er war international bekannter, als er es sich je erträumt hatte, und er war sehr reich. Aber seine geschönte Darstellung – dass die aussichtsreichen Gelegenheiten ihn ins Ausland gelockt hatten – war falsch. Er war weggestoßen worden. Amerika hatte seinen eingewanderten Eltern die Freiheit geboten, sich selbst neu zu erfinden. Mo dagegen war von anderen neu erfunden worden, war von ihnen so verzerrt worden, dass er sich selbst kaum noch erkannte. Seine künstlerischen Fähigkeiten waren mit Misstrauen betrachtet worden. Und so war er den Spuren seiner Eltern rückwärts gefolgt: zurück nach Indien, das ihm als Land vielversprechender schien. Als er seine Eltern anrief und ihnen sagte, dass er seinen Entwurf zurückgezogen hatte, hatte er sich geschämt, obwohl sie genau das gewollt hatten. »Du darfst dich nicht schlecht fühlen, Mo«, hatte seine Mutter gesagt und, als hätte

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