Der amerikanische Buergerkrieg
Jahre nach Nordamerika über, wo sich ihm dieselbe Klientel zuwandte. Diese Frühform des Abolitionismus war trotz ihres hohen humanitären und moralischen Anspruchs außerordentlich moderat und bis etwa 1820 mehrheitlich unter Quäkern verbreitet, die im Süden der Union lebten. Ihnen war es nicht um eine sofortige und entschädigungslose Enteignung der Sklavenhalter zu tun, sondern um eine graduelle Entlassung der Sklaven in die Freiheit, da auch die Philanthropen und Quäker von der prinzipiellen Heiligkeit und Unantastbarkeit des Privateigentums überzeugt waren. Darüber hinaus planten sie für die befreiten Schwarzen auch keine Zukunft in den Vereinigten Staaten, sondern in Afrika. Das friedvolle Zusammenleben zweier oder mehr andersartiger Rassen erschien vielen Menschen des 18. und 19. Jahrhunderts undenkbar. Vielmehr prägte der apokalyptisch anmutende Topos vom unvermeidlichen Rassenkrieg seit den 1840er Jahren den öffentlichen Diskurs. 1817 wurde deswegen die
American Colonization Society
(ACS) gegründet, der sich Thomas Jefferson, James Madison, Henry Clay und später Abraham Lincoln anschlossen. Die gradualistische, auf allmähliche Abschaffung der Sklaverei abhebende ACS erwarb nach dem Vorbild des britisch-abolitionistischen Territoriums Sierra Leone 1822 das Gebiet von Monrovia im heutigen Liberia und begann, dort freigelassene Sklaven anzusiedeln, was in einer humanitären Katastrophe für alle Beteiligten endete. Nur etwa 12.000 Schwarze wanderten bis 1860 in den ihnen vollkommen fremd gewordenen Kontinent aus. Insbesondere die Quäker formierten, unterstützt von einigen Baptisten, Methodisten und Presbyterianern, darüber hinaus ein Netzwerk, das im Laufe der Zeit den Namen
underground railroad
erhielt. Diese Untergrundorganisation half seit den 1790er Jahren Sklaven bei der Flucht in den Norden. Einige blieben dort, gegen dieVerfassungsbestimmungen gedeckt und unterstützt von lokalen Behörden und wohlwollenden Philanthropen, andere zogen sofort nach Britisch-Nordamerika (das heutige Kanada) weiter, wo sie objektiv sicherer waren. Im Süden reagierte man auf diese Aktivitäten gleichermaßen wütend und besorgt, vor allem aber mit Gewalt. Abolitionisten wurden gelyncht, geteert und gefedert, verprügelt, ausgepeitscht oder aus der Stadt gejagt, ihre Druckerpressen zerstört und der postalische Vertrieb abolitionistischen Schrifttums wurde unterbunden.
Aber nicht nur seitens der Südstaatler und ihrer nördlichen demokratischen und irischen Verbündeten kamen die Gradualisten unter Druck. Auch im eigenen Lager regte sich seit den 1820er Jahren von vier Seiten Opposition: Erstens sammelte sich eine Gruppe freigeistiger Radikaler um William Lloyd Garrison und seine Unterstützer, die wohlhabenden Brüder Lewis und Arthur Tappan aus Boston. Sie forderten ein sofortiges, immediates Ende der Sklaverei, ohne daß den Sklavenhaltern für ihren Eigentumsverlust eine Entschädigung gezahlt werden sollte. Weltanschaulich waren sie Anhänger der liberalen Aufklärung, ihre Argumente speisten sich aus dem Arsenal von Humanität und Vernunftmoral. 1831 gründeten sie die Zeitung
The Liberator
, 1833 die
American Anti-Slavery Society
(AAS), die bald zur wichtigsten Trägerorganisation der
underground railroad
und zum Objekt intensiven und unmenschlichen Hasses seitens der Befürworter der Sklaverei wurde. Aber Garrison, der sich entgegen dem Zeitgeist nicht scheute, freie und entflohene Schwarze ebenso wie Frauen aus der Mittelklasse in seine Organisation einzubinden, fand weiteren Zuspruch. Im evangelikalen Lager fand sich zweitens eine von den beiden charismatischen Wanderpredigern Charles Grandison Finney und Lyman Beecher angeführte Gruppe, die sich ebenfalls zum Immediatismus der sogenannten Ultras bekannte. Das Zentrum dieser leidenschaftlich und apokalyptisch-postmilleniaristisch argumentierenden protestantischen Prediger, für die Sklaverei Sünde und ihre Abschaffung Vorbedingung einer perfekten, für die Wiederkunft Christi offenen Gesellschaft war, befand sich in Oberlin, einem College im Mittelwesten. Diese Evangelikalen bildetenzudem den geistigen Hintergrund für eines der erfolgreichsten populärkulturellen Produkte des Abolitionismus, den Roman
Uncle Tom’s Cabin
von Harriet Beecher Stowe, einer Tochter Lyman Beechers, aus dem Jahre 1852. Den Anspruch dieses Buches vermag man bereits daran zu erkennen, daß die Autorin immer behauptete, Gott selber habe es geschrieben. Allerdings war es
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