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Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)

Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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unterbrach ihren Redefluss, indem er ihr die Teller aus der Hand nahm und sie wieder auf den Tisch zurückstellte. Dann legte er ihr die Hände auf die Schultern und studierte ihr Gesicht. Und wieder waren es seine Augen – dieses Forschen, diese tiefe Intensität –, denen sie sich nicht entziehen konnte.
    »Liv, die letzte Nacht bedeutet mir sehr viel. Mit dir zusammen zu sein, bedeutet mir sehr viel.« Er gewahrte dieses unmerkliche Zucken, diese kurze Gefühlswallung, die seine Worte ausgelöst hatten. »Kein Taxi.«
    »Kein Taxi«, wiederholte sie. Sie umfasste ihn mit den Armen und drückte ihn kurz an sich – eine Geste, die ihn überraschte und bewegte. Liv schloss die Augen und hielt ihn fest. Insgeheim hatte sie Angst gehabt, dass er ihrem Vorschlag, ein Taxi zu nehmen, zustimmen würde. Und der vorsichtige
Teil ihres Verstandes hatte ihr gesagt, dass es so am besten wäre – gib dich locker, überlegen. Nimm ein Taxi. Man sieht sich. Aber ihr Herz sprach eine ganz andere Sprache. Es verlangte nach mehr und war dabei, jede andere Stimme zu übertönen.
    »Wirst du heute Abend auf mich warten?«, murmelte er in ihr Haar. »Bis nach meiner Sendung?«
    Sie hob ihm das Gesicht entgegen. »Ja.« Als ihre Lippen sich trafen, überlegte sie flüchtig, dass sie dabei war, sich auf ein sehr gefährliches Terrain zu wagen; andererseits hatte sie sich seit Jahren nicht mehr so lebendig gefühlt.
     
    Es war fünf Uhr zweiundvierzig, als Thorpe im Regieraum stand und Liv durch die große Glasscheibe bemerkte. Ihrem Bericht über einen Raubüberfall auf einen Supermarkt in der Stadt schenkte er ebenso wenig Beachtung wie den technischen Abläufen um ihn herum. Er dachte schon den ganzen Tag nur an sie. Und er wollte sie noch einmal sehen, ehe er selbst vor die Kamera musste.
    »Kamera eins«, dirigierte Carl von seinem Platz vor der Monitorwand aus. Dort war sie auch zu sehen, achtmal in Schwarz-Weiß auf den Preview-Monitoren und in Farbe auf dem Live-Monitor. Gleichzeitig ertönte ihre Stimme stereo aus den Lautsprechern. Links von Thorpe bediente ein Techniker das Mischpult.
    »Kamera zwei.«
    Brians Gesicht ersetzte Livs auf dem Live-Monitor. Auf Carls Anweisung hin flackerte die Grafik auf dem Preview-Monitor auf.
    »Dreißig Sekunden bis zur Werbung.«
    Brian setzte seinen Bericht bis zum Schnitt fort.
    Carl nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und warf Thorpe einen Blick über die Schulter zu. »Man sieht dich jetzt öfter hier als damals, als du noch bei uns gearbeitet hast«, meinte er viel sagend.
    »Jetzt ist der Anreiz größer«, konterte er leichthin.
    Carl studierte Livs Gesicht auf dem Monitor und brummte etwas Zustimmendes. Er hatte Thorpe als Mann immer gemocht,
als Reporter hoch geschätzt und hätte sich gewünscht, ihn behalten zu können. Carl seufzte und drückte seine Zigarette aus. Und dass Carmichael länger als ein paar Jahre in seinem Team blieb, das bezweifelte er auch. Er war schon zu lange in diesem Job, um sich Illusionen zu machen.
    »Dreißig Sekunden.«
    Thorpe drehte sich wieder zur Glasscheibe um. Liv unterhielt sich mit Brian. Sie lachte und schüttelte den Kopf. Bildete er sich das ein oder wirkte sie tatsächlich lockerer, entspannter? Es würde noch mehr als eine Stunde dauern, bis er sie wieder berühren konnte.
    Kamera eins war auf sie gerichtet, und auf ihr Signal hin begann sie mit dem zweiten Teil ihrer Berichterstattung. Thorpe verließ den Regieraum, Livs Stimme noch im Ohr.
    Nach Sendeschluss begab Liv sich in die Nachrichtenredaktion. Sie hatte lange darüber nachgedacht, ob sie nach oben in Thorpes Büro gehen sollte, und dann entschieden, dass es weniger Spekulationen – und weniger Gerüchte – hervorrufen würde, wenn sie in ihrem eigenen Büro auf ihn wartete. Sie war noch nicht bereit dazu, ihr Privatleben offen zu legen.
    Sie vermisste ihn. Eine Tatsache, die sie überraschte, die sich aber nicht leugnen ließ. Ihr Tag war hektisch gewesen, mitunter sogar richtig nervenaufreibend, aber irgendwie war er in ihren Gedanken ständig präsent gewesen.
    Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und ging ihren Terminplan für den nächsten Tag durch. Immer wieder wanderte ihr Blick zur Uhr. Wie war es möglich, dass nach einem so rasch verflogenen Tag eine einzige Stunde zur Ewigkeit wurde?
    »Diese Lady sieht mir so aus, als könnte sie einen Kaffee vertragen.«
    Liv sah hoch, lächelte Bob an und streckte die Hand aus. »Ich hab doch immer gewusst, dass

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