Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)
du ein schlaues Kerlchen bist.«
»Ich wäre lieber unwiderstehlich sexy«, versetzte er seufzend und hockte sich zu ihr auf die Schreibtischkante.
»Das bist du doch«, erwiderte sie und grinste ihn über den Plastikbecher hinweg an. »Ich muss permanent an mich halten!«
»Wirklich? Darf ich das meiner Frau erzählen?«
»Das überlasse ich deiner Diskretion.«
»Ich habe heute mit Prye gearbeitet«, erzählte Bob und schnaubte vernehmlich in seinen Kaffeebecher. »Du weißt schon, dieser kleine Dreißig-Sekunden-Stand-up vor dem Kennedy Center.«
»Mmm-hmm.« Liv wusste, was jetzt kommen würde, und lehnte sich zurück.
»Vierzehn Takes! Du glaubst nicht, wie oft sich dieser Stümper versprechen kann. Und als wir ihn fragten, ob wir ihm ein paar Stichwortzettel aufstellen sollen, ist er richtig pampig geworden. Respekt hat er von uns verlangt, dieser Lackaffe!« Er schnaubte noch einmal verächtlich und schüttete seinen Kaffee hinunter. »Respekt, stell dir das vor!«
Liv entschied sich für einen diplomatischen Kommentar. Sie wusste sehr wohl, dass Prye ständig Probleme mit den Crews hatte. »Aber der Stand-up kam letztlich ganz gut rüber.«
»Ja, zum Glück war es kein Live-Take. Ach, wenn es nach mir ginge«, seufzte er und zwinkerte Liv zu, »würde ich nur mit schönen, langbeinigen Frauen arbeiten. Merkwürdig« – er legte den Kopf schief und musterte sie –, »du siehst irgendwie verändert aus.«
Liv hob alarmiert eine Braue. Konnte es möglich sein, dass diese Liebesnacht tatsächlich sichtbare Spuren bei ihr hinterlassen hatte? »Falls du versuchst, dich morgen vor Prye zu drücken«, meinte sie leichthin, »kannst du beruhigt sein. Ich habe bereits Bescheid gegeben, dass ich mit dir arbeiten möchte.«
Er grinste wieder. »Vielen Dank, aber da ziehe ich ein wildes Wochenende in Acapulco vor.«
»Acapulco …«, wiederholte sie und setzte eine nachdenkliche Miene auf, als dächte sie über seinen Vorschlag nach.
»Wir könnten dein Spesenkonto plündern.«
»Liv hat am Wochenende bereits etwas vor«, erklärte Thorpe freundlich. Liv und Bob drehten sich gleichzeitig um und sahen ihn überrascht an. Thorpe wandte sich an den Kameramann. »Sie geht rudern.«
»Im Ernst?« Diese Information schien ihm noch mehr Anlass
zum Grinsen zu geben. »Tja, dann muss ich mich wohl am Sonntag bei meiner Familie zum Mittagessen einladen.« Damit stand er auf, nickte Liv kurz zu und ging seines Weges.
»Thorpe.« Er hatte den Arm bereits um ihre Schulter gelegt und führte sie zur Tür. »Ich habe fürs Wochenende noch keine Pläne gemacht.«
»Ich schon«, gab er liebenswürdig zurück. »Und die schließen dich mit ein.«
»Weißt du, ich hab’ so eine Marotte«, erklärte sie, während sie durch die Halle nach draußen gingen. »Es ist vielleicht eine fixe Idee, aber ich schmiede meine Pläne gern selbst.«
»Kein Problem, ich bin flexibel.« Er öffnete die Wagentür für sie, lehnte sich darüber und lächelte. »Wenn du lieber nach Acapulco möchtest, kann ich das arrangieren.«
Es war schwierig, auf ihn böse zu sein, wenn er einen so anlächelte, dachte sie und schnaubte. »Dann schon lieber rudern«, sagte sie und gab dem Drang nach, ihn flüchtig zu küssen. »Aber nur, wenn ich gerudert werde.«
12.
In einer Woche konnte sich so vieles ändern. Liv hatte beinahe vergessen, wie es war, allein zu sein – wirklich allein. Die Nächte waren nicht mehr erfüllt von dieser absoluten Stille. Beinahe vergaß sie schon, wie es war, sich auf niemand anderen als auf sich selbst zu verlassen. Es gab wieder einen Mann in ihrem Leben. Und sie versuchte nicht mehr zu ergründen, wie es dazu gekommen war.
Thorpes Gesellschaft wurde für sie immer selbstverständlicher, sie begann sich darauf zu verlassen. Und sie genoss zunehmend die Freuden dieser Vertrautheit. Kurz gesagt, sie hatte sich an Thorpe gewöhnt und vermisste ihn, wenn er nicht bei ihr war. Sie brauchte ihn.
Im Verlauf der Woche stellte sie fest, dass sie sich nicht nur nach ihren Unterhaltungen sehnte, sondern auch nach ihren
Streitgesprächen. Er stimulierte sie, zwang sie dazu, blitzschnell zu denken, wenn sie ihren Standpunkt behaupten wollte. Intellektuell ergänzten sie sich wunderbar. Und sie wusste, dass er bisweilen seinen Esprit und seine Schlagfertigkeit genauso an ihr schärfte, wie sie es bei ihm tat.
Seine Stärke war ihr wichtig. Er wirkte wie ein Fels in der Brandung. Schon einmal hatte sie Stärke bei einem
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