Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
daran verloren, dass dies vielleicht das einzige Land der Welt ist, in dem am Ende die Gerechtigkeit siegt. Manchmal braucht es seine Zeit, aber ich bin zur Überzeugung gekommen, dass das System wirklich funktioniert.«
Tiffany berührte mit ihren perfekt manikürten Fingernägeln seine Hand. »Jedenfalls hast du es besser verarbeitet, als man sich das als Außenstehender vorstellen kann. Wenn mir das passiert wäre, würde ich nur daran denken, wie viel meines Lebens ich schon verloren hätte. Ich glaube, ich wäre nur noch verbittert.«
»So hätte ich natürlich auch reagieren können, aber was für eine Verschwendung wäre das! Schau mich doch nur an: Hier sitze ich in einem fantastischen Restaurant in der schönsten Stadt der Welt, bin jung und gesund, und unterhalte mich mit einer wundervollen Frau …«
»Ach, ich weiß nicht …«
Ro hielt seine gesunde Hand in die Höhe. »Ich würde den Mund nicht so vollnehmen, wenn es nicht wahr wäre, meine Liebe. Ich hoffe nicht, dass ich mit der Tür ins Haus falle, aber ich halte mich nur an die Tatsachen. Und mein Punkt ist nun mal: Ich möchte nicht einen Tag meines Lebens damit verbringen, verbittert zurückzuschauen. All diese Sachen liegen unwiderruflich hinter mir. Ich möchte lieber positiv in die Zukunft schauen. Mein Leben ist so wunderbar, wie es nur sein kann – und ich werde alles daransetzen, dass sich daran nichts ändert. Darfst du eigentlich was trinken bei der Arbeit? Ich würd dich gerne einladen.«
Sie schüttelte ihre Mähne und schenkte ihm ein entwaffnendes Lächeln. »Tut mir leid, ich darf leider nicht.« Und noch einmal berührte sie seine Hand mit ihren Fingern. »Ich bin sofort wieder zurück. Ich muss nur schnell mal ein Auge auf meine Tische werfen.«
Als sie gegangen war, drehte sich Ro zu Eztli herum. »Du hattest recht. Ich war mir sicher, sie würde beim Wort Gefängnis gleich schreiend weglaufen.«
Achselzuckend meinte Eztli: »Einige tun das, die meisten aber nicht. Hängt alles davon ab, wie man es verkauft.«
»Wenn sich die Dinge auch noch weiterhin positiv entwickeln, werd ich mir von ihrem Apartment ein Taxi nach Hause nehmen. Oder über Nacht bleiben und mich morgen melden.«
»Cool. Mir soll’s recht sein.« An seinem Gürtel klingelte das Handy, und Eztli schaute auf das Display. »Dein Vater.«
»Er lebt mit einer Frau namens Sam Duncan zusammen«, sagte Cliff. »Sie leitet eine Beratungsstelle für Vergewaltigungsopfer in der Haight Street.«
»Sie scherzen«, sagte Eztli. »Das passt ja wie die Faust aufs Auge.«
»Ich weiß, man hätte sich es nicht schöner ausdenken können. Aber was sie macht, spielt eigentlich keine Rolle. Sheila hat mit einigen ihrer Informanten im Justizgebäude gesprochen, und diesen Quellen zufolge will Farrell sich wohl an neuen juristischen Tricks versuchen und zur Grand Jury gehen, um Ro wieder ins Gefängnis zu bringen – ohne die Möglichkeit einer Kaution.«
»Wie oft können sie uns denn noch durch den Fleischwolf drehen?«
»Scheinbar so oft, wie sie es wollen.«
»Und welche Rolle soll ich dabei spielen?«
»Nun, die Überlegung ist die, dass man Farrell einen kleinen Fingerzeig gibt – nichts, was er in irgendeiner Form als persönliche Drohung auffassen könnte, wie es bei Glitsky der Fall war. Sheila erzählt, dass sie im Justizgebäude alle unter Strom stehen, und dass sie – wenn man ihnen auch nur auf den großen Zeh tritt – es sofort wieder Ro anhängen würden. Wir sollten Farrell einfach nur klarmachen, dass es in seinem Interesse ist, wenn er seinen Arsch da raushält, die Grand Jury abbläst und wieder sein Hirn benutzt.«
»Und Sie glauben, der Weg dahin führt über diese Frau?«
»Ich möchte nicht, dass ihr was passiert, Ez. Ich glaube nicht, dass wir dadurch etwas bewegen würden – abgesehen davon, alle dann komplett in die Raserei zu treiben. Aber vielleicht kann man sich ihr Büro mal vornehmen, nichts Extremes, nur dass Farrell weiß, was Sache ist. Ich verlasse mich dabei ganz auf dein Urteil.«
»Wie sieht der Zeitrahmen aus?«
»Wann immer es dir passt. Nimm dir Zeit und denk dir was aus. Vielleicht in den nächsten zwei, drei Tagen, aber auf einen Tag mehr oder weniger kommt’s nicht an.«
Glitsky hatte Bob Grassilli einen Besuch abgestattet, der in der Polizeibehörde für vermisste Personen zuständig war. Draußen war es wieder stürmisch geworden, und das Pfeifen des Windes schien sich in dem kleinen Büro wie ein hartnäckiges
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