Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
kontaktiert, dass dieser seine Verbindungen spielen lassen würde und – gegen einen Teil der Erbschaft natürlich – die gesuchte Frau auftreiben könne.
So jedenfalls machte es die Runde.
Zunächst hatte Hector sich nicht viel dabei gedacht. Er versuchte sich vorzustellen, was er mit 5 000 Dollar alles machen könne. Er verdiente 62 Dollar am Tag, sechs Tage pro Woche, ungefähr 1 500 Dollar im Monat – und das reichte gerade einmal für die Miete, das Essen, etwas Kleidung und Bier. Er hatte kein Auto, er war nicht mal versichert. Und trotzdem waren seine Ersparnisse nach acht Monaten harter Arbeit praktisch gleich null.
Erst als er sich später ins Bett legte und die magische Zahl 5 000 noch immer in seinem Hirn spukte, wurde ihm plötzlich klar, dass Robertos Frau Gloria hieß. Und sie stammte aus Guatemala – jedenfalls vermutete er das, weil Roberto ja selbst Guatemalteke war. Als er aufwachte, war der Gedanke sofort wieder da, doch er behielt ihn für sich, als sie am Morgen die ersten sechs Gärten bearbeiteten. Er wollte niemandem etwas verraten. Er kannte Roberto. Wenn er ihm von der Belohnung erzählen würde – und Gloria Gonzalvez wirklich seine Frau war –, würde Roberto direkt zu Lupe gehen und die Belohnung einkassieren. Hector konnte dann schon froh sein, wenn ein kleiner Teil für ihn abfallen würde. Vorsicht war auch bei seinen Arbeitskollegen geboten: Wenn sie Wind von der Sache bekämen, würden sie für jede Information die Hand aufhalten. Es war schon schlimm genug, dass Jorge Cristobal aus der Siedlung kaum zu umgehen war, weil er der Mittelsmann zwischen Hector und Lupe war. Wer immer die Belohnung für sich reklamieren wollte, käme an Jorge wohl nicht vorbei. Aber wenn Hector mit den Fakten zu Jorge ginge – so es denn wirklich Fakten waren –, hätte er zumindest das bessere Blatt auf der Hand, um Jorges Anteil auf ein Minimum zu drücken.
5 000 Dollar! Es war unvorstellbar.
Sie gönnten sich nicht viel Zeit für die Mittagspause, gerade mal zwanzig Minuten, aber Hector stellte sicher, dass er diesmal neben Roberto saß, der beim Essen gewöhnlich die Geselligkeit mied. Er geduldete sich noch einige Minuten, bis er mit seinem Boss eine Unterhaltung begann: Er habe, so Hector, da eine Freundin, die unbedingt heiraten wolle.
»Wie lang«, fragte er auf Spanisch, »Bist du eigentlich verheiratet?«
Roberto zuckte mit den Schultern. »Acht Jahre.«
»Und wie ist es?«
»Gut. Ich hatte Glück. Gloria arbeitet hart und ist eine gute Mutter. Heirate nie ein Mädchen, das keine Kinder mag.«
»Das ist nicht das Problem«, sagte Hector.
»Wenn du jetzt schon ein Problem hast, solltest du vielleicht noch mal drüber nachdenken. Man sollte möglichst nicht vor der Hochzeit schon Probleme haben.«
»Nun, vielleicht ist es ja keins. Ich bin mir nicht sicher.«
»Du weißt nicht, ob du ein Problem hast?«
»Ich weiß, was ich habe, aber ich weiß nicht, ob es ein Problem ist.«
Roberto wartete.
»Sie …«
»Wie heißt sie denn?«
»Maria.«
»Okay.«
»Maria lebt hier schon seit sieben Jahren.«
»Ist sie eingebürgert? Wenn ja, dann heirate sie.«
»Nein, noch nicht. Ihr geht’s so wie mir. Aber ihre Freundinnen haben ihr die Flause ins Ohr gesetzt, dass sie sich bei einer Hochzeit nicht zwingen lassen solle, meinen Namen anzunehmen.«
Roberto schien für einen Moment verwirrt. »Warum sollte sie ihren Namen ändern? Es gibt keinen schöneren als Maria.«
»Ihren Nachnamen«, sagte Hector. »Ihn in meinen Namen ändern – Murillo.«
»Murillo ist doch ein guter Name. Was sollte sie dagegen haben?«
»Es geht ihr nicht um den Namen. Es geht ihr darum, dass sie sich als moderne Amerikanerin versteht.«
»Aber sie ist doch gar keine.«
»Schon, aber sie spricht fließend Englisch. Sie möchte sich integrieren, und in der modernen Gesellschaft lege eine Frau nun mal nicht einfach so ihren Namen ab.«
Roberto runzelte die Stirn. »Sie wird sich nie in diese Gesellschaft integrieren. Weiß sie das denn nicht? Vielleicht ihre Kinder oder deren Kinder, aber möglicherweise nicht mal die. Ich will dir ja keine Vorträge halten, was du mit dieser Frau machen sollst, aber um ehrlich zu sein: Das klingt nicht gut.« Er biss in seinen Burrito und kaute so lange, als wolle er das Problem von allen Seiten durchdenken.
Hector ergriff die Gelegenheit, um weiter nachzuhaken. »Und deine Frau – gab es da kein Problem? Hat sie einfach ihren Mädchennamen abgelegt?«
Roberto
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