Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
schon Worte wie »unethisch« oder »unvertretbar«, die in einem Urteil mit Sicherheit auftauchen würden.
Farrell wusste, dass er in einer Situation wie dieser eigentlich das Schiedsgericht hätte anrufen müssen. Und selbst wenn er es nicht gewusst hätte: Jenkins hatte ihn in den fünf Minuten, bevor er den Zeugenstand betrat, dreimal darauf hingewiesen.
Es war ihm völlig egal. Wenn sie mich aus dem Amt jagen, dachte er grimmig, kann ich zumindest wieder jedes T-Shirt tragen, auf das ich Lust habe.
Alle weiteren Teilnehmer hatten das Sitzungszimmer verlassen – bis auf die Geschworenen, Amanda und Farrell. Das Procedere würde geheim bleiben, bis eine Abschrift angefertigt und der Verteidigung übergeben wurde. In der Zwischenzeit würde Ro Curtlee hoffentlich hinter Gittern sitzen und ihnen die Gelegenheit geben, im Prozess den Fall so zu präsentieren, dass er nicht wieder aus dem Gefängnis herauskam. Selbst wenn der Fall beim obersten Bundesstaatsanwalt landen sollte, hatten Farrell und seine Mitarbeiter alles nur Erdenkliche getan.
Und dann begann seine Aussage.
Auf die Frage von Jenkins, warum er selbst im Zeugenstand sitze, antwortete Farrell: »Gestern Nachmittag erhielt ich einen Anruf von Cliff Curtlee, dem Vater von Ro. Ihm war die Information zugespielt worden, dass ich eine Grand Jury für den kommenden Dienstag einberufen wollte. Bei diesem Termin wollte ich die Beweislage präsentieren, die Sie nun heute schon gehört haben, und auf eine Anklage ohne die Möglichkeit der Kaution plädieren.«
»Sagen Sie der Grand Jury, was er Ihnen mitteilte«, sagte Jenkins.
»Er sagte mir – und ich erinnere mich an diesen Satz wörtlich: ›Ich möchte nicht, dass der Fall vor eine Grand Jury geht. Es wäre für Sie persönlich nicht vorteilhaft.‹«
Plötzlich musste Farrell nach dem Geländer des Zeugenstands greifen – fast schien es, als würde er ohnmächtig werden, dann gewann er seine Fassung zurück. »Entschuldigen Sie«, sagte er, »das fällt mir nicht leicht.«
Jenkins hatte den Karton als Beweisstück auszeichnen und nun direkt vor den Zeugenstand stellen lassen. »Sagen Sie uns bitte, ob Sie den Inhalt des Kartons kennen.«
»Ja.«
»Würden Sie bitte den Inhalt der Grand Jury zeigen?«
Farrell griff mit beiden Händen hinein, zog seinen toten Hund heraus und legte ihn vorsichtig auf den Tisch. Er streichelte ihn noch einmal, um sich dann wieder zu den Geschworenen umzudrehen, von denen zumindest einige von dem Anblick sichtlich mitgenommen waren.
»Dies war meine Hündin, Gert. Sie war gestern vor dem Büro meiner Freundin angeleint.«
Jenkins fragte: »Mr. Farrell, was haben Sie inzwischen mit Gerts Kadaver unternommen?«
»Ich habe sie gestern Abend zum Polizeilabor bringen lassen.«
Amanda trat vor die Jury und erklärte den Sachverhalt. »Mr. Farrell kann nicht über das Resultat der Untersuchung aussagen, da er sie nicht selbst durchgeführt hat. Aber die Informationen, die er von dem Gerichts mediziner erhielt, können erklären, was er danach unter nahm, und deshalb möchte ich ihn nun fragen: ›Mr. Farrell, was erfuhren Sie vom Labor?‹«
Farrell konnte die Rührung in seiner Stimme nicht unterdrücken. »Dass jemand meinen Hund vergiftet hat.«
»Mr. Farrell, Sie erwähnten das Büro Ihrer Freundin. Um welche Art von Geschäft handelt es sich dabei?«
»Sie leitet die Beratungsstelle für Vergewaltigungsopfer auf der Haight Street.«
»Hat die Beratungsstelle Überwachungskameras?«
»Ja.«
»Nachdem Sie den Laborbefund bekommen hatten, sind Sie zur Beratungsstelle gegangen und haben Kameraaufnahmen heruntergeladen?«
»In der Tat.«
Jenkins zeigte ein großformatiges Schwarz-Weiß-Foto eines BMW Z4 und ließ es als Beweisstück auszeichnen. »Wenn man den Angaben des Überwachungssystems folgt: Zu welchem Zeitpunkt wurde das Foto gemacht?«
»Ziemlich genau zur gleichen Zeit, als der Hund vergiftet wurde«, sagte er.
»Können Sie das Nummernschild des Wagens erkennen?« Jenkins holte eine beglaubigte Bestätigung der Kfz-Behörde heraus, ließ sie als Beweisstück auszeichnen und gab sie Farrell. »Bitte sagen Sie der Jury, Mr. Farrell, basierend auf dem Foto und den Fahrzeugunterlagen: Wem gehört das Fahrzeug, das bei dem Beratungscenter geparkt war, als Ihr Hund vergiftet wurde?«
»Die Unterlagen besagen«, sagte Farrell, »dass der Wagen auf den Halter Ro Curtlee zugelassen ist.«
Jenkins ließ eine Minute verstreichen, bevor sie ihre
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