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Der Angeklagte: Thriller (German Edition)

Der Angeklagte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Angeklagte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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gesehen?«
    »Nein.«
    »Hat sie je seinen Namen erwähnt?«
    »Nein. Ihr war nicht richtig wohl dabei, über ihn zu sprechen. Es war, als wäre sie nicht gerade glücklich darüber, dass es passierte, aber gleichzeitig wusste sie nicht, wie sie Schluss machen sollte. Sie war nicht unbedingt stolz auf die ganze Sache.«
    »Also wollte sie Schluss machen?«
    »Ich weiß es nicht, aber ich glaube eher nicht. Sie hatte hauptsächlich Angst, dass es auffliegen würde. Sie wollte ihre Familie nicht verlieren. Aber Sie konnte einfach nicht von diesem Burschen loskommen, auch wenn ihr ziemlich klar war, dass er ein notorischer Aufreißer war.«
    »Ein Aufreißer?«
    »Sie wissen schon, jemand mit vielen Partnerinnen. Ein Aufreißer eben.«
    »Viele Partnerinnen? Wie kommt er an so viele Partnerinnen?«
    Die Frage amüsierte sie. »Hallo? Ein Mann in San Francisco, der nicht schwul ist? Der braucht sich bei der Partnersuche nicht krummzumachen, glauben Sie mir. Sie sehen etwas frustriert aus.«
    Glitsky nickte. »Bin ich. Wenn dieser Bursche nicht einer ihrer Patienten war, weiß ich nicht, wo ich mit der Suche anfangen sollte. Er könnte überall sein.«
    »Sie glauben also, dass er sie umgebracht hat?«
    »Er könnte ein Motiv gehabt haben – oder ihrem Ehemann ein Motiv gegeben haben. So oder so: Ich möchte ihn gerne finden. Wissen Sie, wo sie sich getroffen haben? Vielleicht in einem Motel, einem Apartment?«
    »Warum?«
    »Wenn er eine Kreditkarte benutzt hat, haben wir ihn sofort. Wenn er bar gezahlt hat, muss er immer noch seinen Ausweis vorlegen – und die Nummer wird notiert. Ich greife nach jedem Strohhalm.«
    Nach kurzem Überlegen sagte sie: »Falls Ihnen das hilft: Janice sagte mir, dass er manchmal in den Abendstunden hierhergekommen sei. Vielleicht hat ihn ja jemand gesehen?«
    »Ich werde dem mit Sicherheit nachgehen«, sagte Glitsky. Er verfluchte sich innerlich, diese Spur nicht schon viel eher aufgenommen zu haben, bedankte sich bei Holly und ging zur nächsten Tür. Am Ende hatte er alle zweiundzwanzig Büros abgeklappert, doch niemand – Holly ausgenommen – hatte Janice Durbin persönlich näher kennengelernt.

40
    Für eine Weile saß Glitsky allein am Esstisch im Haus der Novios. Er trank Tee, den Kathy ihm serviert hatte und wartete auf Michael Durbin, der gerade auf dem Heimweg von der Arbeit war. Kurz darauf tauchte Kathy wieder auf, diesmal mit einem Tablett, auf dem sich Gebäck und Kaffee in einer Porzellantasse befanden. Glitsky beobachtete sie, wie sie das Tablett vorsichtig auf den Tisch stellte. Sie setzte sich ihm gegenüber. Als sie die Tasse zum Mund führte, hatte er fast den Eindruck, als habe sie Angst, das Porzellan könne zerbrechen.
    »Wie kommen Sie denn mit der Situation klar?«, fragte er behutsam.
    Sie lächelte müde. »Ist es so offenkundig? Jede Minute habe ich Angst, in meine Einzelteile zu zerfallen. Sie war halt nicht nur meine Schwester, sondern auch meine beste Freundin.«
    »Haben Sie schon mal dran gedacht, mit jemandem darüber zu sprechen?«
    »Einen Trauerbegleiter meinen Sie?« Sie schüttelte den Kopf. »Ein paar meiner Freunde haben mir das auch schon empfohlen, und vielleicht sollte ich mich ernsthaft damit beschäftigen. Aber irgendetwas sagt mir im Inneren, dass es nur die Zeit ist, die diese Wunde heilen wird. Doch die Zeit scheint momentan stehengeblieben zu sein, und deshalb ist diese Vorstellung auch keine große Hilfe.«
    »Ja, so kommt es einem manchmal vor, ich weiß.«
    Sie hob ihre Tasse und setzte sie wieder ab. »Klingt ganz so, als würden Sie aus Erfahrung sprechen.«
    Er nickte. »Meine erste Frau«, sagte er. »Krebs.«
    »Das tut mir leid.«
    Glitsky zuckte mit den Schultern. »Es ist schon lange her.«
    »Klingt aber, als würde es Ihnen immer noch nahegehen.«
    »Es gibt diese Augenblicke, ja. Aber meist erinnert man sich an die glücklichen Zeiten.«
    »Die glücklichen Zeiten. Manchmal habe ich das Gefühl, die kommen nie mehr wieder.«
    »Das kenne ich.«
    »Und dann stelle ich mir vor, dass wir erst neulich, nicht mal vor einem Monat, alle hier an diesem Tisch zusammensaßen – ich, Chuck und die Mädchen. Alle machten Scherze, alle waren glücklich, alle lagen sich in den Armen. Und jetzt sitze ich hier und werde nächste Woche vierzig, und Chuck hatte sich diesen kleinen Song ausgedacht, den alle auf meiner Riesen-Geburtstagsparty singen sollten. Der Refrain war ›Alt, alt, wirklich alt‹, und die Mädchen haben ihre eigenen

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