Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
Strophen dafür geschrieben, und sie waren ein bisschen boshaft, aber total witzig. Wir konnten uns vor Lachen gar nicht mehr einkriegen. Und jetzt sehe ich, wie die Mädchen nur noch deprimiert sind – und wie Chuck und ich aus diesem tiefen schwarzen Loch überhaupt nicht mehr rauskommen.« Sie starrte ihn an. »Die Vorstellung, dass so eine Zeit, so glücklich und unbeschwert, jemals wiederkehren könnte, das scheint mir gar nicht mehr möglich.« Sie riss sich zusammen und trocknete ihre Tränen mit der Serviette ab. »Tut mir leid«, sagte sie. »Sie müssen sich so was wirklich nicht anhören.«
»Kein Problem«, sagte er. »Auch das gehört dazu.«
»Ich weiß nicht, wie Sie das schaffen.« Sie nippte an ihrem Kaffee. »Die ganzen Opfer und ihre Angehörigen. De nen muss es doch wohl genauso wie uns ergehen, oder?«
»Ein wenig, ja. Jeder reagiert auf seine Art und Weise, aber leicht ist es nie.«
»Das muss Sie doch motivieren – in Ihrem Job, meine ich. Das Leid der Opfer.«
Glitsky sah sich versucht zu lächeln, unterdrückte den Impuls aber wieder. »Sagen wir: Es hilft.«
Sie griffen beide zu ihrer Tasse und schwiegen. »Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen?«, fragte Kathy.
»Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie mich bislang etwas gefragt haben, aber schießen Sie ruhig los.«
»Was wollen Sie heute mit Michael besprechen? Ich dachte, es sei doch klar, dass … dass Janice von Ro Curtlee ermordet wurde.«
Glitsky beschäftigte sich für einige Sekunden mit seinem Tee. »Es gibt noch ein paar ungeklärte Fragen.«
»Zum Beispiel?« Sie legte die Hand an den Mund. »Meinen Sie, dass es außer Ro noch einen anderen Verdächtigen gibt? Aber Sie können doch nicht ernsthaft glauben, dass es Michael sein könnte, oder?«
»Nicht unbedingt. Aber ich habe ein paar Fragen, das ist alles.«
Sie legte ihre Arme auf den Tisch. »Er war’s mit Sicherheit nicht, Lieutenant. Sie kennen ihn nicht. Er könnte so was nie tun. Er hat Janice geliebt.«
»Okay.«
»Das ist aber keine richtige Antwort.«
»Tut mir leid«, sagte Glitsky. »Ich kann Ihnen wirklich keine bessere geben.«
»Sie hatte Chlamydien«, sagte Glitsky.
Sie saßen in Chucks kleinem Büroraum und hatten die Tür geschlossen, damit sie sich ungestört unterhalten konnten. Glitsky lehnte sich an den Schreibtisch, Michael saß auf der Ledercouch und hatte die Füße auf den Kaffeetisch gelegt.
»Was?« Er nahm die Füße wieder runter und rutschte auf dem Sofa nach vorne. »Was bedeutet das?«
»Nun, es ist eine Geschlechtskrankheit, die …«
»Nein, nein, ich weiß, was Chlamydien sind. Und Sie sagen, dass sich Janice angesteckt hatte?«
»Wussten Sie das nicht?«
»Nein. Wie sollte ich …?«
»Wenn wir Einblick in Ihre medizinische Unterlagen beantragen sollten: Würden wir dort darauf stoßen, dass Sie sich selbst gegen Chlamydien behandeln ließen?«
»Definitiv nicht. Wie sind Sie denn überhaupt darauf gestoßen?«
»Durch die Autopsie.«
»Warum haben Sie mir nicht eher davon erzählt?«
»Ich wollte Sie nicht unnötig mit dieser Information belasten. Zum damaligen Zeitpunkt gingen wir ja davon aus, dass Ro Curtlee der Mörder war.«
»Und heute glauben Sie das nicht mehr?«
»Nein. Sein Alibi ist wasserdicht. Er war nicht am Tatort.«
»Ich war es auch nicht.«
»Das hatten Sie mir schon gesagt. Hat Janice Ihnen gesagt, dass sie eine Geschlechtskrankheit hatte?«
»Nein, erwähnte ich doch bereits. Wir hatten seit zwei Monaten keinen Sex mehr. Was einer der Gründe für meine Vermutung war, dass sie eine Affäre hatte. Jetzt weiß ich also, warum im Bett nichts mehr lief. Ich hätte mich angesteckt, und dann hätte ich es schwarz auf weiß gehabt, dass sie eine Affäre hatte.«
»Und wenn Sie das wussten – und gleichzeitig wussten, wie Ro seine Opfer zugerichtet hat und dass er obendrein auf Kaution frei war … Wenn Sie es also wirklich darauf angelegt hätten, dass alles auf Ro hinwies, hätten Sie vielleicht mit Ro in Kontakt treten müssen, um sicherzustellen, dass er kein hieb- und stichfestes Alibi hatte. Sie hätten ihn ja vielleicht unter irgendeinem Vorwand zu Ihrem Haus einladen können, damit er dort seine Spuren hinterließ …« Glitsky starrte ihn an und wartete.
Michael Durbin starrte zurück. »Wissen Sie was, Lieutenant? Ich habe freiwillig zugestimmt, mich heute mit Ihnen zu treffen, aber ich sage Ihnen hiermit, dass ich mir das nicht weiter anhören werde. Ich versuche, meine Familie
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