Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
Tageslicht zu zerren, während diese vor keinem schmutzigen Trick zurückschreckte, um ihn seiner bürgerlichen Rechte zu berauben«.
Durch ihre Informanten im Justizgebäude hatte sie bereits am Montag erfahren, dass Janice Durbin definitiv nicht von Ro Curtlee ermordet worden war. Und hatte mit ihrer ganz eigenen Logik daraus geschlossen, dass er auch an den anderen Morden unbeteiligt gewesen war.
Sie saß gerade an ihrer Kolumne für die Freitagsausgabe, in der sie die ungeheuerliche Tat Linda Salcedos als die einer geistig unterbelichteten, emotional vergrätzten Hausangestellten beschrieb. Ihr Artikel sollte eine der gefühlsduseligen Breitseiten werden, die ihr so leicht aus der Feder flossen, doch als sie gerade um eine saftige Formulierung rang, stürmte urplötzlich ein Mann durch ihre Tür.
Wer hat diesen Mann reingelassen? Wieso hat das Personal beim Empfang ihn nicht aufgehalten?
Sie stand auf, schaute ihn kurz an, ihre Hände wanderten schon zum Telefon, um den Sicherheitsdienst zu rufen. Ihre Augen blitzten empört auf, dass jemand es gewagt hatte, unangemeldet in ihre Privatsphäre einzudringen. »Was zum Teufel …« Aber dann erkannte sie ihn. Sie legte den Telefonhörer wieder zur Seite und lehnte sich, auf die Hände gestützt, auf ihren Schreibtisch. »Sie sind Michael Durbin.«
»Stimmt.« Durbin trug Jeans, eine Windjacke und eine Stofftasche des San Francisco Mystery Book- store über seiner Schulter. »Wie geht’s Ihnen heute Morgen?«
»Gut«, antwortete sie, »aber wie Sie sehen, bin ich gerade mit meiner Kolumne beschäftigt. Normalerweise empfange ich keine Besucher, bis der Artikel geschrieben ist.« Ich will Köpfe rollen sehen , dachte sie sich. Wer immer den Clown reingelassen hat, wird dafür büßen. Mit einem gequälten Lächeln sagte sie: »Aber da Sie nun schon mal da sind, kann ich sicher einige Minuten erübrigen. Was kann ich für Sie tun? Wollen Sie sich nicht setzen?«
»Das wäre sehr nett. Danke.« Er griff sich einen Stuhl von der Seite ihres Schreibtischs.
Nachdem er sich gesetzt hatte, nahm auch Marrenas wieder Platz. »Nun?«
Durbin kniff die Lippen zusammen und atmete dann noch einmal tief durch. »Nun, Sheila – haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie Sheila nenne? –, mir fiel auf, dass Sie in den letzten Tagen alles darangesetzt haben, Ro Curtlee reinzuwaschen und dabei auch alle Interna der Ermittlungen auszuplaudern.«
»Richtig. Genau das tue …«
Durbin hob seine Hand und unterbrach sie. »Ich weiß nur zu gut, was Sie tun, Sheila. Ich weiß es besser als jeder andere. Ich bin gekommen, um Sie darüber aufzuklären, welchen Schaden Sie verursachen. Um Sie wissen zu lassen, dass Sie mich und meine Familie fast zerstört hätten – dass wir nun aber nur noch stärker aus dieser Krise hervorgegangen sind.«
»Ich freue mich, das zu …«
Durbin unterbrach sie wieder. »Bitte. Sie und Ihre journalistischen Giftschleudern hatten meinen Sohn Jon fast davon überzeugt, dass ich der Mörder seiner Mutter sei.«
Marrenas senkte ihren Blick. »Tut mir leid, das zu hören. Ich habe mich auf die Fakten bezogen, die damals zur Verfügung standen. Denn das möchte ich festhalten: Ich habe nichts geschrieben, das den Tatsachen nicht entsprach. Sollten Sie also mit dem Gedanken spielen, mir eine Klage ans Bein zu binden, sollten Sie es gleich wieder vergessen.«
»Ich habe keinen Zweifel, dass Sie sich Ihre Verleumdungskampagnen auf diese Weise schönreden: Man nimmt nur die Fakten, die einen in den Kram passen, ignoriert alle anderen und wäscht danach seine Hände in Unschuld.«
Marrenas fuhr empört hoch. »Ich bin keine verantwortungslose Journalistin, Mr. Durbin. Ich bin eine investigative Reporterin.« Sie zeigte auf all die Urkunden und Auszeichnungen, die an ihrer Wand hingen. »Die Dinger findet man nicht in einer Packung Frühstücksflocken.«
»Daran zweifle ich auch nicht. Aber darf ich Sie vielleicht mit ein paar Tatsachen vertraut machen. Wenn Sie wollen, können Sie sich gerne Notizen machen. Zum Ersten, und das ist die wichtigste Tatsache: Ich habe meine Frau nicht umgebracht. Zweitens: Ich liebe meine Kinder. Drittens: Da ich Janice nicht ermordet habe, konnte die vermeintliche Affäre mit meiner guten Freun din Liza Sato auch nicht das Motiv für den Mord sein, oder? Dass sie mich im Büro verteidigt hat, war nichts als die Loyalität einer Freundin – und nicht etwa der Versuch, beim Verschleiern eines Mordes behilflich zu sein. Können
Weitere Kostenlose Bücher