Der Angriff
schweigend den engen Aufzug. Adams schloss die Tür und drückte auf den Knopf. Rapp hatte unterdessen immer noch an dem zu kauen, was gerade vorgefallen war. Er war zornig – und zwar am meisten auf sich selbst. Das waren ganz einfach kindische, romantische Gefühle, die er da hatte hochkommen lassen – eine flüchtige Hoffnung auf etwas, das er seit langem nicht mehr empfunden hatte. In dem ganzen Schlamassel ringsum, bei dem so viel auf dem Spiel stand, war es eine sinnlose Verschwendung von Zeit und Energie, sich von solchen Gefühlen ablenken zu lassen.
Irgendwo in Rapps Gehirn schloss sich die Akte Anna Rielly und wurde in einem Winkel abgelegt, zu dem die Erinnerung nur selten Zugang hatte. So einfach war das. Man schloss das Kapitel und dachte nicht mehr daran.
Nachdem er sie aus seinem Denken verbannt hatte, wandte er sich Adams zu, der ihn eindringlich ansah.
»Was ist denn?«, fragte Rapp gereizt.
»Findest du nicht, dass du ein bisschen streng mit ihr warst?«, fragte Milt.
»Es geht hier nicht um sie, Milt«, entgegnete Rapp. »Wir haben uns um wichtigere Dinge zu kümmern.«
»Verrätst du mir, was du vorhast?«
»Wie es aussieht, hat Aziz einen professionellen Tresorknacker mitgebracht – und der könnte wahrscheinlich auch andere Dinge knacken«, antwortete Rapp. »Wir müssen der Sache unbedingt nachgehen.« Rapp hielt inne, um zu sehen, ob Adams den Zusammenhang erkannte.
Es dauerte nicht lange, bis Adams verstand, worum es ging. »Das ist keine gute Nachricht«, sagte er.
»Nein«, erwiderte Rapp und schüttelte den Kopf. »Wir müssen herausfinden, ob Hayes wirklich so sicher ist, wie wir dachten. Darum gehen wir jetzt noch einmal die Treppe hinunter, über die wir hereingekommen sind, und hoffen, dass kein Wächter mehr da ist, so wie letzte Nacht.«
»Verstehe«, sagte Adams, schaltete seinen Monitor ein und drückte den Knopf zum Öffnen der Aufzugstür. Dann steckte er das Ende seines optischen Kabels unter der Tür zum ersten Kellergeschoss hindurch. Die winzige Linse vermittelte ihnen ein leicht verzerrtes Bild des Ganges, der von der Tür wegführte.
»Sieht gut aus«, stellte Rapp fest, während er seine Waffe bereitmachte.
Adams zog das Kabel zurück und rollte es zusammen.
Rapp griff mit der rechten Hand nach dem Türknauf, öffnete die Tür und schlüpfte rasch in den Gang hinaus. Adams folgte zwei Schritte hinter ihm. In weniger als drei Sekunden war Rapp bei der Tür, die zu den beiden unteren Geschossen führte. Er drehte mit seiner behandschuhten Rechten an dem metallenen Knauf, öffnete die Tür vorsichtig und schlüpfte hindurch. Auch wenn er dabei seine Heckler & Koch nur mit einer Hand hielt, brauchte ihm nicht bange zu sein; auf solch kurze Entfernungen traf er ein Ziel von der Größe eines Kopfes auch einhändig mit einer Wahrscheinlichkeit von fünfundneunzig Prozent schon mit dem ersten Schuss. Mit beiden Händen betrug seine Trefferquote nicht weniger als hundert Prozent.
Rapp stieg vorsichtig die Treppe hinunter, Adams folgte völlig lautlos wenige Schritte hinter ihm. Rapp hatte immer mehr das Gefühl, sich auf den Mann verlassen zu können. Als sie den Treppenabsatz zwischen dem zweiten und dritten Kellergeschoss erreichten, blieb Rapp stehen. Die winzige Kamera, die er neben der Tür angebracht hatte, war kaum zu erkennen. Wenn er nicht gewusst hätte, dass sie da war, hätte er sie wahrscheinlich gar nicht bemerkt.
Er stieg die letzten vier Stufen hinunter und blieb erneut stehen, den Blick auf den schmalen Lichtstreifen unter der Brandschutztür gerichtet. Rapp wartete fünf Sekunden, die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen – doch es regte sich nichts. Er winkte Adams zu sich herunter und forderte ihn mit einem Handzeichen auf, mit seiner kleinen Linse einen Blick durch den Spalt unter der Tür zu werfen.
Als Adams die kleine Linse nach links zog, tauchten zwei Stiefel auf, die sich auf die Tür zubewegten. Rapp griff nach Adams’ Hand und riss sie zurück, während er seine Waffe auf die Tür richtete. Sie warteten einige Sekunden, bis die Stiefel sich wieder entfernten, und retirierten dann still und leise.
Anna Rielly hatte zuerst nur geschmollt. Doch mittlerweile hatte sich ein ganz anderes Gefühl in ihr festgesetzt: Sie konnte sich plötzlich selbst nicht mehr ausstehen. Der Seitenhieb, den der geheimnisvolle Agent noch angebracht hatte, bevor er gegangen war, hatte ihr wehgetan. Sie hatte zunächst mit Trotz reagiert und sich über
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