Der Antares-Krieg
drangen die Klänge einer Melodie, die Bethany nicht kannte, doch sie wusste, dass die Musik von einem echten Ensemble gespielt wurde. Bei Evelyn Mortridges Gesellschaften wurden niemals Tonaufzeichnungen verwendet.
Jorge Santiago legte einen Arm um Consuelas Taille und machte sich auf die Suche nach der Bar. Bethany winkte Olivia, ihr zu folgen, und führte sie in den Ballsaal, wo kleine Gruppen von Leuten herumstanden, Gläser mit Getränken in den Händen, und miteinander redeten, wie es seit undenklichen Zeiten bei Gesellschaftsempfängen üblich war. Sie erspähte eine vertraute weißhaarige Gestalt und zog Olivia mit sich. »Da ist jemand, mit dem ich Sie bekannt machen möchte. Olivia, dies ist mein Onkel Clarence. Er war nach dem Tode meiner Eltern für meine Erziehung verantwortlich.«
»Onkel Clarence«, sagte Olivia und gab ihm die Hand.
»Ach, Verzeihung«, sagte Bethany hastig. »Olivia Southington, Clarence Whitlow, erblicher terranischer Botschafter auf Alta und von Gottes Gnaden und aus eigenem Verdienst der gegenwärtige Botschafter emeritus.«
»Ein wirklich wichtiger Mann«, sagte Olivia.
»Kaum. Bei offiziellen Anlässen lassen sie mich die Schärpe tragen, aber mein Erster Botschaftssekretär tut alle wirkliche Arbeit.«
»Komm schon, Onkel. Du weißt, dass du der beste Mann für den Posten bist.«
Er nickte. »In Anbetracht dessen, dass die Arbeit in der Koordinierung unserer Kriegsanstrengungen besteht und des Umstandes, dass ich ein Einheimischer bin und weiß, wo all die Leichen verscharrt sind, mag das so sein. Wenn dies ein normaler diplomatischer Posten wäre, hätten sie einen alten Ochsen wie mich auf die Weide geschickt, sobald ein echter Berufsdiplomat dem ersten Schiff von der Erde entstiegen wäre. Immerhin hat der Posten seine Privilegien, einschließlich der Einladungen zu Evelyn Mortridges Gesellschaften. Sie lud mich nie ein, als ich bloß ein Mitleid erregender alter Mann war, der sich weigerte zu glauben, dass Alta für immer von der Mutterwelt abgeschnitten sei.«
»Niemand hat dich je für einen Mitleid erregenden alten Mann gehalten, Onkel.«
»Offensichtlich verkehrst du nicht in den gleichen Kreisen wie ich, junge Dame.«
»Was tust du heute Abend überhaupt hier? Ich weiß, dass du diese Empfänge nicht magst.«
»Ich tue meine Pflicht, wie gewöhnlich. Im Parlament gibt es gewisse Intrigen, und ich bin hier, um sie auszuschnüffeln. Tatsächlich kennst du den Oberintriganten.«
»Hallo, Bethany«, sagte eine bekannte Stimme hinter ihr. Sie wandte sich um und sah in dasselbe Grinsen, das sie einmal so anziehend gefunden hatte.
»Hallo, Carl.«
69
Evelyn Mortridges Villa war wie die meisten der Herrenhäuser auf den Hügeln um Homeport in einem Stil erbaut, der auf der Erde dreihundert Jahre früher beliebt gewesen war. Durch Klatsch hatte Bethany erfahren, dass ein Besucher von Terra das Haus während einer von Evelyns wöchentlichen Soireen »anheimelnd altmodisch« genannt und die Gastgeberin damit so aus der Fassung gebracht habe, dass der Schleier ihrer Gastfreundschaft beinahe ein Loch bekommen hätte. Bethany, die selbst auf Alta geboren war, konnte Evelyns Verstimmung verstehen.
Neben der Bibliothek befand sich der große Salon mit seinem mächtigen Kamin. Ein offener Kamin war auf Alta eine Extravaganz, und einer, in dem echtes Holz verbrannt werden konnte, in noch höherem Maße. Das war natürlich der Grund, warum Evelyn Mortridge einen offenen Kamin hatte. Wie sonst könnte sie sich von den gewöhnlichen Leuten unterscheiden, wenn nicht durch die auffallende Zurschaustellung von Reichtum?
Vor dem Kamin stand eine Gruppe von Gästen, die Bethany von früher bekannt waren, als sie Carl zu Veranstaltungen der Konservativen Partei begleitet hatte. Die ziemlich lebhafte Konversation verstummte, als sie, Carl und Olivia Southington hinzukamen. Carl machte sie miteinander bekannt; danach ergriff Galston Highe, ein Parlamentsabgeordneter mit schnarrender Stimme, als Erster das Wort.
»Bethany Drake? Die Gemahlin von Admiral Drake?«
»Ja, Sir.«
»Ihr Ehemann machte uns alle stolz, als ihm das operative Flottenkommando übergeben wurde.«
»Dafür können Sie Großadmiral Belton danken. Er hält viel von Richard.«
»Wir fühlen uns geehrt, dass Sie sich unserem kleinen Forum angeschlossen haben.«
»Ist das hier ein Forum?«, fragte sie in einer gelungenen Imitation staunender Naivität.
»Wann immer zwei Politiker zusammenkommen, um die
Weitere Kostenlose Bücher