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Der Archipel GULAG: Vom Verfasser autorisierte überarbeitete und gekürzte Ausgabe in einem Band (German Edition)

Der Archipel GULAG: Vom Verfasser autorisierte überarbeitete und gekürzte Ausgabe in einem Band (German Edition)

Titel: Der Archipel GULAG: Vom Verfasser autorisierte überarbeitete und gekürzte Ausgabe in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Solschenizyn
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Obersten Sowjet verliehen hatte; und die drei Krieger, die vom ersten Tag an dabei waren und vielleicht manch eine feindliche Befestigungslinie zu durchbrechen halfen, erwartete nun das Militärtribunal, das ohne ihren Panzer, es ist denkbar, in diesem Dorf sich erst gar nicht hätte einrichten können.
    Die Ölfunzel löschten wir aus; sie hatte sowieso schon alles verbraucht, was es für uns noch zum Atmen gab. In die Tür war ein postkartengroßes Guckloch geschnitten, durch das aus dem Gang ein Schimmer von Licht drang. Als fürchteten die draußen, es würde uns mit Tagesanbruch allzu bequem werden, setzten sie uns alsbald einen fünften herein. Er trat ein, in nagelneuer Soldatenuniform, die Mütze ebenso neu, und offenbarte uns, als er den Kopf vors Guckloch hielt, ein stupsnasiges, frisch rotwangiges Mondgesicht.
    «Woher kommst du, Bruderherz? Was bist du?»
    «Von der anderen Seite», antwortete er fröhlich. «Ein Spion.»
    «Mach Witze!» Wir waren baff. (Ein Spion, der es selbst zugibt? Das suche einer bei Schejnin und den Brüdern Tur!)
    «Was sollen da Witze, in Kriegszeiten!» Der Junge seufzte bedächtig. «Könnt ihr mir beibringen, wie ich aus der Gefangenschaft anders heimkommen soll?»
    Er hatte mit seiner Erzählung kaum begonnen: wie er tags zuvor von den Deutschen hinter die Fronstellungen geschickt wurde, um da zu spionieren und Brücken in die Luft zu sprengen, statt dessen aber gleich ins nächste Bataillon ging, sich zu ergeben, und wie ihm der total übermüdete Bataillonskommandeur partout nicht glauben wollte und ihn zur Krankenschwester in Behandlung schickte – als jäh neue Eindrücke über uns hereinbrachen.
    «Zum Austreten! Hände auf den Rücken!» schrie durch die sich öffnende Tür ein Klotz von Feldwebel, der durchaus tauglich gewesen wäre, die Lafette einer 122-mm-Kanone zu ziehen.
    Auf dem Bauernhof draußen standen bereits MP-Schützen postiert, deren Aufgabe es war, den uns zugewiesenen Pfad rund um die Scheune zu bewachen. Ich kochte vor Zorn, daß irgendein Feldwebellümmel es wagen konnte, uns Offizieren «Hände auf den Rücken» zu befehlen, die Panzerleute aber hielten die Hände wie geheißen, und ich trottete ihnen nach.
    Hinter der Scheune war ein Quadrat Erde eingezäunt, festgetretener Schnee lag noch darauf und eine Unzahl von Häufchen menschlichen Kots, so dicht und chaotisch darüber verstreut, daß es große Mühe machte, Platz für seine zwei Füße zu finden. Schließlich fanden wir uns zurecht und hockten, alle fünf, an verschiedenen Stellen nieder. Zwei mürrische Soldaten hielten ihre Maschinenpistolen gegen uns Hockende im Anschlag; der Feldwebel begann, kaum daß eine Minute vergangen war, uns mit schriller Stimme anzutreiben.
    «Na, was ist, wollt ihr euch nicht beeilen? Bei uns geht das Austreten fix!»
    Neben mir saß einer der Panzerleute, ein langer, düsterer Oberleutnant aus Rostow. Sein Gesicht war schwarz angehaucht von metallischem Staub oder Rauch, trotzdem konnte man ganz deutlich die große rote Narbe quer über die Wange sehen.
    «Wo ist denn das – bei euch ?» fragte er leise, ohne die Absicht zu bekunden, sich mit der Rückkehr in den kerosinverstunkenen Karzer besonders zu beeilen.
    «Im Abwehrdienst Smersch !» verkündete stolz und mit übermäßiger Emphase der Feldwebel. (Die Abwehrleute hingen mit besonderer Liebe an diesem, aus Smert schpionam – «Tod den Spionen» – geschmacklos zusammengebrauten Wort. Sie meinten, es wirke abschreckend.)
    «Bei uns aber geht’s langsam», erwiderte der Oberleutnant versonnen. Der Helm war ihm in den Nacken gerutscht, darunter kam ein Schopf noch nicht geschorener Haare zum Vorschein. Seinen frontgegerbten rauhen Hintern hielt er in die wohltuend frische Brise.
    «Wo denn bei euch ?» herrschte ihn der Spieß lauter als notwendig an.
    «In der Roten Armee», antwortete aus der Hocke sehr ruhig der Oberleutnant und sah dabei den mißlungenen Kanonier kühl abwägend an.

    So machte ich meine ersten Atemzüge von der Gefängnisluft.

2
Die Geschichte unserer Kanalisation
    Wenn man heutzutage über die Willkür des Personenkults sich ergeht, bleibt man immer wieder bei den oft bemühten Jahren 1937/38 hängen. Und es prägt sich dies ins Gedächtnis ein, so als habe vorher niemand gesessen, als sei nachher keiner eingesperrt worden, alle bloß 1937 und 1938.
    Ohne über irgendeine Statistik zu verfügen, fürchte ich dennoch nicht fehlzugehen, wenn ich sage, daß der Strom der Jahre

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