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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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herunter und lächelte.
    Ohne dass sie Zeit hatte, darüber nachzudenken, brach es aus Mia hervor: »Kannst du mir nicht helfen?«

56
    »Wo bleibt sie?«
    »Ich –«
    »Nicht Sie, Lindenberger, Lillian? Wo bleibt sie?«
    Ben saß angespannt an seinem Platz. Götz’ Arme lagen auf dem Tisch, die Handflächen nach oben. Seine kurzen Haare standen vom Kopf ab, sein kantiges Gesicht leuchtete. Es ging eine Intensität von ihm aus, die Ben am liebsten mit einem Bleischild von sich abgehalten hätte.
    »Seewald hat gewartet, dann hat er angerufen, wieder gewartet – sie meldet sich nicht!«
    Zwei blonde, lange Haare hatten sich in dem Haargummi verfangen. Zusammen mit einem Stück von dem befleckten T-Shirt hatte Ben eines davon eingeschickt. An die Agentur, die er im Internet herausgesucht hatte. Eine Vaterschaftsagentur.
    »Frau Behringer hat mir gesagt, dass sie zu Ihren Gunsten aussagen wird, Julian. Was soll ich tun?« Er sah Götz offen an.
    Bevor Ben zu dem Termin mit Götz in die U-Haft gekommen war, hatte er bei der Agentur angerufen. Wenn er ihnen die Proben per Kurier umgehend zuschickte, könne er das Ergebnis noch am Abend bekommen, hatten sie ihm mitgeteilt. Das Ergebnis des Tests, ob Haar und Blutfleck die gleiche DNA aufwiesen. Ob das Blut auf dem T-Shirt wirklich von Svenja stammte.
    »Sie kennen sie ja«, fuhr Ben fort. »Lillian hat sicher eine Menge um die Ohren, sie wird sich melden, sobald sie frei ist.«
    »Lillian.«
    Götz’ Augen schillerten.
    »Frau Behringer. Wie auch immer, es war nicht einfach, sie davon zu überzeugen.« Ben zog die Schultern hoch. »Sie hat Angst, nehme ich an. Aber ich meine, das hatten Sie ja bereits vorausgesehen. Deshalb wollten Sie ja auch, dass jemand persönlich mit ihr spricht.«
    »Angst
wovor?
Sie soll sagen, was war …«
    Frag ihn, frag ihn, wieso er ausgerechnet
dich
geschickt hat!
    »Das Problem war ja, dass ich mich mit ihr treffen sollte, ohne zu sagen, dass Sie mich schicken –«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Wie hätte ich es denn sonst machen sollen? Sie hatten betont, dass Frau Behringer möglicherweise mit dem Prozess nichts zu tun haben möchte. Es bestand also durchaus die Gefahr, dass sie einem Treffen mit mir aus dem Weg gehen würde. Jedenfalls wenn sie erfuhr, dass
Sie
in Wahrheit derjenige waren, der mich schickt. Umso mehr, als vollkommen unklar war, in welcher Verbindung wir beide miteinander stehen.«
    »Wer?«
    »Wir beide, Sie und ich.«
    »Das wissen Sie doch, Lindenberger, was soll das?« Ben sah Götz an, dass er misstrauisch wurde. Dass er Bens Gedankengängen nicht folgen konnte.
    »Warum haben Sie mich geschickt, Götz?« Jetzt konnte er nicht mehr zurück. »In einer für Sie so heiklen, delikaten Sache. Sie kennen mich nicht und vertrauen mir Ihr Leben an?«
    Götz’ Gesicht wirkte plötzlich eingefallen. Die Tage in der U-Haft setzten ihm zu, das war nicht zu übersehen. Die Aura von Saturiertheit, die ihn auf älteren Aufnahmen immer zu umgeben schien, wirkte wie aufgelöst. Noch war ihm anzusehen, dass er Erfolg in seinem Leben gehabt hatte, dass er es gewohnt war, Anordnungen zu treffen, sich durchzusetzen, recht zu behalten. Aber die Selbstgefälligkeit war verschwunden, zurückgeblieben nur das Antlitz eines Machtanspruchs – ohne die Sicherheit, dass er auch anerkannt würde.
    »Ich habe versucht, Ihnen das zu erklären, Ben, als ich Sie gebeten habe, mir diesen Gefallen zu tun.«
    Aber ich glaub dir nicht.
    »Also verstehe ich nicht, was Sie mit dieser Frage bezwecken.« Götz atmete aus. »Ich meine, was denken Sie denn? Dass ich ein Spiel mit Ihnen spiele?«
    Ben winkte ab. Es war zu gefährlich. Er konnte Götz nicht sagen, was er dachte. »Es hat mich nur gewundert, verstehen Sie das nicht? Ich muss sagen, ich habe so etwas auch noch nie gemacht.«
    »Nein, nein.« Götz ließ eine Hand flach und schwer auf den Tisch fallen. Das Möbel vibrierte auf seinen dürren Metallbeinen. »Sie haben sich doch etwas gedacht, Ben! Ich will das wissen. Ich meine, immerhin schreiben Sie an meinem Buch.«
    »Es ist ein Buch über Sie, aber … Sie sagen es ja selbst, ich schreibe es, also ist es, das können Sie nicht abstreiten, in gewisser Weise auch mein Buch.«
    Der Satz blieb in der Luft hängen. Götz sah Ben abschätzend an. Dann beugte er sich wieder nach vorn. »Mein Buch, dein Buch, Scheißkopfs Buch – das ist mir doch ganz egal, Junge. Ich will Lillians Aussage. Und ich will wissen, was in deinem Kopf

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