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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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gewundert! Götz hatte versucht, es zu erklären, und Ben hatte ihm zunächst ja auch geglaubt. Tatsächlich aber war es doch merkwürdig, warum Götz nicht jemanden, den er
kannte,
gebeten hatte, sich um das Alibi zu kümmern, jemanden, mit dem er seit langem vertraut war. Immerhin ging es doch um etwas, womit Götz den Prozess für sich entscheiden wollte! Hatte Götz ihn zu Lillian geschickt, weil er noch etwas anderes mit ihm vorgehabt hatte? Etwas, das Götz
ihm wohlweislich verschwiegen hatte?
    Ben ordnete sich auf der rechten Avus-Spur ein. Ein anderer Gedanke schob den an Götz beiseite. Lillian. Sie hatte ihn zu sich in ihre Wohnung eingeladen. Angeblich, um ihm zu sagen, dass sie für Götz aussagen würde. In ihre Wohnung! Wieso hatte sie ihm das nicht am Telefon gesagt, wieso hatte sie sich nicht einfach bei Seewald gemeldet? Und nicht nur das. Sie war in ihr Schlafzimmer gegangen, ja, sie hatte schließlich sogar zugelassen, dass er sie auszog, dass er sie entblößte und ihre Nacktheit spürte. Bis sie sicher sein konnte, dass er nicht mehr aufzuhalten sein würde. Bis sie sicher sein konnte, dass sich sein Verlangen nach ihr bis zum Punkt der Unumkehrbarkeit gesteigert hatte!
    Sie hat mir den Schlüssel abgenommen.
    Deshalb wollte sie, dass er mit ihr schlief. Um an den Schlüssel zu seiner Wohnung zu kommen! Oder hatte sie das schon im Hotel getan? Während er schlief, erschöpft nach dem, was sie miteinander gemacht hatten. Es war ganz einfach gewesen: Sie hatte den Schlüssel aus seiner Hose geholt und jemandem übergeben. Der hatte ihn dupliziert, das dauerte vielleicht eine Stunde. Danach konnte sie ihn zurück in Bens Hose stecken, als wäre nichts geschehen.
    Ben trat auf die Bremse. Er fuhr viel zu schnell!
    Er hatte es vorhin gleich überprüft, als er zum ersten Mal Verdacht geschöpft hatte. Haarklein hatte er seine Wohnungstür untersucht. Das Schloss war vollkommen intakt gewesen. Sie mussten ohne jede Gewaltanwendung hineingekommen sein, um das T-Shirt zu plazieren.
    Es war von Anfang an Götz’ Plan gewesen!
Er hatte ihn zu Lillian geschickt, damit sie ihn verführte. Damit sie an seinen Schlüssel herankamen. Damit sie das T-Shirt in seiner Wohnung ablegen konnten. Der Mann, der vorhin geklingelt hatte? Sie hatten wahrscheinlich schon die Polizei alarmiert!
    Ben starrte auf das T-Shirt, das er auf den Beifahrersitz geworfen hatte. Götz hatte dafür gesorgt, dass das Hemdchen bei ihm landete. Svenjas Hemdchen! Als Ben ihn angesprochen hatte, musste es Götz zum ersten Mal eingefallen sein.
Hängen wir es ihm an, dem Trottel.
    Die Wut rüttelte förmlich an Ben.
    »Du hängst mir das nicht an! Du warst es, du hast deine Töchter erschlagen – nicht ich!«
    Er musste husten. Scheiße. Um ein Haar wäre er in die Leitplanke gerast.
    Unwillkürlich hob er das T-Shirt an die Nase und roch daran. Als ihm bewusst wurde, was er da tat, warf er es im nächsten Augenblick jedoch erschrocken und angewidert zurück auf den Sitz.
    Es hatte Svenja gehört.
    Oder war er dabei durchzudrehen?

53
    Es war der Geruch, der ihr vielleicht am meisten zusetzte. Kein scharfer Gestank nach Aas oder Kot. Eher ein dumpfer, matter Geruch von abgestandener Luft, umgewälzter Luft, zehn-, hundert-, tausendmal durch die Lungen unzähliger Menschen gegangen, Luft, die in irgendwelchen Aufbereitungsanlagen noch einmal gefiltert und aufgemischt worden war. Eine Luft, von der Mia den Eindruck hatte, sie würde sich beschmutzen, wenn sie einatmete, die klebrig und schmierig wirkte wie das Wasser, aus dem man sie gezogen hatte.
    Die Zeit hatte begonnen, sprunghaft zu verstreichen. Mal schien sie sich auszudehnen zu einer schier unendlichen Ebene, mal zu verdichten zu einem flackernden Voranhetzen. Mia hatte das Gefühl dafür verloren, ob es Wochen waren oder nur Tage, die vergingen. Man hatte sie in einen Bereich gebracht, aus dem sie nicht mehr herauskam. Die Türen waren verschlossen.
    In diesem Bereich des Labyrinths waren weniger Menschen unterwegs – und sie trugen auch keine Masken. Es waren Chinesen, Russen, Araber, Männer, die sich nur ein paar Tage oder Stunden in der Stadt aufhielten und anscheinend nach nichts anderem suchten als ein paar ausgelassenen Momenten. Die weder Deutsch sprachen noch Englisch. Mia hatte versucht, bei dem einen oder anderen von ihnen durchblicken zu lassen, dass sie Hilfe brauchte, dass etwas nicht stimmte, dass sie hier rauswollte, aber das hatte mit bestürzender

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