Der Architekt
vorgeht, denn ich lasse dich in mein Leben, und wenn du vorhast, dort in die Ecke zu scheißen, dann hab ich für den Rest meiner Zeit ein Problem.«
Du willst mir deine Morde anhängen. Du hast dafür gesorgt, dass das T-Shirt in meiner Wohnung plaziert wurde.
»Was ist? Glaubst du, ich habe dich zu Lillian geschickt, weil ich einen Hintergedanken habe? Und welchen? Was kann ich von dir wollen?«
Ben versuchte, seine Gedanken zu ordnen.
»Was ist los?«, fuhr Götz ihn an, wandte sich aber gleich zu dem Beamten um, der aufgesprungen war. »Entschuldigen Sie, Wachtmeister«, er rieb sich mit beiden Händen über die Wangen, »kommt nicht wieder vor, ich hab mich wieder im Griff.«
»Ganz ruhig bleiben, ja?«, brummte der Beamte und setzte sich wieder hin.
Götz wandte sich wieder Ben zu. »Also?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.« Ben fummelte in der Innentasche seines Jacketts herum, um einen Stift hervorzuholen. »Warum machen wir nicht einfach weiter, wo wir aufgehört haben? Am besten, Sie erzählen mir, wie Sie Ihre Frau Christine kennengelernt haben.«
Er sah Götz erwartungsvoll an und hielt den Stift – ein wenig albern, wie er selbst fand – so, dass er über der linken oberen Ecke des blanken weißen DIN- A 4- Papiers schwebte.
»Du glaubst, dass ich dich in irgendetwas reinziehen will.« Götz’ Stimme war nur noch ein Flüstern.
Willst du so weit gehen, darüber zu sprechen? Um mich einzulullen? Traust du dir das wirklich zu?
»Weißt du, was das bedeutet, Ben?« Da war es wieder! Götz’ Gesicht wirkte, als würde jemand von hinten die Haut zusammenziehen. »Wo hinein kann ich dich denn schon ziehen? Will ich sie dir anhängen, meine tote Frau, meine toten Töchter? Aber …« Götz zögerte, scheinbar nachdenklich. »Wie ist es? Muss ich es dann nicht auch gewesen sein? Sonst würde ich es dir doch nicht anhängen wollen – oder?«
Ben blickte unwillkürlich zu dem Beamten, der träge auf seinem Stuhl saß.
Götz ließ Ben nicht aus den Augen. »Kann ich dir trauen, Schreiberling?«
»Hören Sie, Herr Götz –«
»Was bist du? Ein großer Drehbuchautor? Ja? Was hast du geschrieben, welchen Kinohit? Wie? Nur Fernsehen? Hm. Und da? Schon länger nichts? Was soll das heißen?« Er bleckte die Zähne. »Wenn ich als Architekt länger keinen Auftrag an Land ziehe, entgeht das keinem, verstehst du? Da guckt man sich meinen Lebenslauf an. Letztes Jahr? Nichts. Vorletztes Jahr? Nichts. Das reicht, mehr braucht man nicht zu wissen. Wenn ich dann einen Vorschlag einreiche, sieht man sich den Lebenslauf an und weiß: Taugt nichts, kann nichts, ist nichts.« Sein Gesicht spiegelte die Geringschätzung. »So einfach ist es nicht? Vielleicht. Denn es geht ja nicht darum, was man in den vergangenen Jahren gemacht hat, sondern darum, ob der Vorschlag, den man eingereicht hat, gut ist. Richtig?«
»Was soll das, ich verstehe nicht –«
»Du sitzt hier, weil du hoffst, durch mich aus der Falle herauszukommen, in die du dich hineinmanövriert hast, Junge. Aber da wird dich niemand mehr herausholen können! Denn niemand anders als du selbst hat dich da reingejagt!
Weil du ein Versager bist, Ben.
Deshalb sitzt du in der Falle! Und weißt du auch, woran man sehen kann, was für ein Tropf du bist?«
Ben war aufgestanden, räumte seine Sachen zusammen.
»Daran, wie du meinen Fall handhabst! Das wäre was für dich gewesen, meine Geschichte ist gut! Ich meine, was willst du mehr? Du könntest daraus was machen, aber du hast es versaut. Du hast deine Chance verspielt!« Jetzt war es fast wie ein höhnisches Lachen.
Ben wollte sich abwenden, doch da sprang Götz auf und packte ihn am Handgelenk.
So wie deine Tochter Svenja,
raste es in Bens Schädel.
Was ist, willst du mich auch umreißen und erschlagen?
»Wir haben das jetzt angefangen, Ben«, zischte Götz. »Wir ziehen das durch.«
»Ich denke, Sie vertrauen mir nicht!«
»Seewald soll sich um Lillian kümmern, da sind Sie raus. Aber das Buch schreiben Sie.«
»Sie kommandieren mich herum, wie es Ihnen gerade passt, oder was?«
Götz lachte. »Das kannst du doch gar nicht ändern! Lass es, versuch es erst gar nicht, es hat keinen Zweck. Wichtig ist nur, dass wir uns darüber im Klaren sind.« Und damit drehte er sich um zu dem Mann an der Tür. »Bringen Sie ihn raus, Wachtmeister, ich kann ihn nicht mehr sehen.«
57
Aufgewühlt lief Ben zu seinem Wagen, den er unweit vom Kriminalgericht geparkt hatte. Er war fest entschlossen, sich
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