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Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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war nötig, wenn dadurch dem Leiden ein Ende gemacht und alles gut werden konnte. Wenn sie dadurch den Heimweg fanden. Das hieß noch lange nicht, dass es ihm gefiel, dachte er, als die Tür mit einem kalten Luftzug hinter ihm aufging und Mr Escobar hereinkam.
    »Kann es losgehen?«, fragte Mr Escobar.
    »Gleich.« Mr Dublin stand nicht auf und behielt Cassius Jones im Auge. Er zuckte bereits, gleich würde er aufwachen. Das war kein Problem, denn Jones war angeschnallt. Die Überwachungsgeräte klebten auf seiner nackten Brust, und das Headset sowie die Augenbinde konnten auf Mr Dublins Kommando sofort angepasst werden. Eine hässliche rosafarbene Narbe zog sich über Jones’ Schulter. Mr Dublin hätte sie am liebsten berührt. Sie waren so seltsam, diese Körper, die nach einer Verletzung von selbst heilten und nur ein Zeichen der Erinnerung hinterließen. Wirklich faszinierend. Wenn
er
nur wüsste, wie bemerkenswert diese seine Fehlschläge doch waren. Mr Dublin überlegte, wie
er
den hier finden würde, in dessen gewöhnlichen Adern
sein
Blut floss – würde
er
ihn vernichten wollen oder würde
er
ihn vielleicht doch akzeptieren? Es war so schwer einzuschätzen, aber möglicherweise würden sie es bald herausfinden. War es das, was Mr Bright – der sich immer noch stur weigerte auszupacken – für den Jungen geplant hatte?
    Jones öffnete blinzelnd die Augen und seine Brust hob sich, als er schwer nach Luft rang. Erst war er völlig verwirrt, doch dann setzte das Adrenalin ein und er wehrte sich mit aufgerissenen dunklen Augen gegen die Riemen. Als er versuchte den Kopf zu drehen, hielt ihn der Gurt fest, und er stöhnte enttäuscht auf.
    Aber seine Augen …
    Seine Augen brannten
golden
.
    Mr Escobar holte scharf Luft und Mr Dublin konnte es ihm nachempfinden. Das war das
Leuchten
, kein vages wässriges Licht, das man hier und da sehen konnte, nein, das hier war kräftig und strahlend. Mr Dublin warf der Technikerin, die die letzte Elektrode auf Cass Jones’ Haut heftete, einen Blick zu. Sie erfüllte mit leerem Blick ihre Aufgabe und bemerkte die unnatürlichen Lichtstrahlen nicht, die den Raum erhellten.
    Das Leuchten hörte so abrupt auf, wie es begonnen hatte. Schließlich stand Mr Dublin auf. Er war wirklich überrascht – er hatte sie schon mal mit dem
Leuchten
gesehen, aber nie so, nie bei jemandem, dem es auch bewusst war – und er hatte ganz sicher noch nie jemanden getroffen, der es einfach so abstellen konnte. Cassius Jones hatte sein
Leuchten
unter Kontrolle.
    Mr Dublin bewunderte einen Augenblick lang traurig Mr Bright, der sich so viel Mühe mit der Suche nach den Blutlinien gemacht und diese Familie erschaffen hatte. Er biss die Zähne zusammen. Sie mussten den Jungen zurückbekommen – wer wusste, welchen Schaden Jones durch das Experiment nehmen würde? Möglicherweise brauchten sie den Jungen als Unterpfand, wenn sie
ihn
bei ihrer Rückkehr um friedliche Aufnahme baten … natürlich nur,
falls
sie die Gänge fanden.
Falls, falls, falls …
    »Ich freue mich, Sie wiederzusehen, Mr Jones«, sagte er freundlich. »Wir wurden uns bei unserer letzten Begegnung nicht offiziell vorgestellt, da Sie es eilig hatten, sich anschießen zu lassen, und ich einiges damit zu tun hatte, Mr Bellew in Schach zu halten.« Er beobachtete, wie die dunklen Augen sich an ihn erinnerten. »Sie haben ein bemerkenswert gesundes
Leuchten
«, fuhr er fort.
    »Wo ist Mr Bright?«, knurrte Cass.
    Die Frage verblüffte Mr Dublin, der unter den Umständen eine naheliegendere Frage erwartet hätte:
Was haben Sie mit mir vor, verdammt?
Oder
Werden Sie mich umbringen?
Anscheinend hatte er Jones’ Hass auf den Architekten unterschätzt. Außerdem hatte er auch auf die erwarteten Fragen keine genaue Antwort parat. Alles hing vom Ausgang des Experiments ab.
    »Mr Bright ist nicht mehr von Interesse, erst recht nicht für Sie.« Mr Dublin strich sich feine blonde Haare aus der Stirn.
    »Ist er tot?«, fragte Jones mit schmalen Augen.
    »Nein. Ich bin kein Ungeheuer«, antwortete Mr Dublin, der sich wunderte, warum er sich vor diesem Mann rechtfertigte. »Wir werden in Kürze, sobald er uns gesagt hat, was wir wissen wollen, beschließen, wie es mit Mr Bright weitergeht. Wenn unser Experiment mit Ihnen nicht zum Erfolg führt, werden wir es wohl oder übel auch an ihm ausprobieren müssen.«
    »Sind Sie jetzt der Chef des Netzwerks?«
    Mr Dublin hörte die Verachtung in Jones’ Stimme. Auch wenn Jones Mr Bright

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