Der Atem der Apokalypse (German Edition)
Mr Dublin. Als Mr Bright sich nach der liebevollen Fürsorge durch Mr Dakin an die Wand der weißen Zelle lehnte und seinen Körper im Stillen schreien ließ, wunderte er sich über Mr Dakins Blödheit. Es war eine grobe Fehleinschätzung, jemanden wie ihn nur von jemandem wie Mr Vine bewachen zu lassen. Möglicherweise hatte sich aber Mr Escobar für Mr Vine entschieden, das wäre logischer. Mr Escobar war ein Krieger, der die Jungen zur Ergebenheit inspirierte, und nun war Mr Vine ein schlichtes Mitglied des Zweiten Zirkels, der plötzlich jemanden bewachte, der eine Legende war. Seit seiner Ankunft hier hatte Mr Vine wahrscheinlich höchstens seinen Bereichsleiter gesehen und nun hatte er den Architekten in seiner Gewalt. Selbstverständlich war er neugierig. Aber er war auch ahnungslos.
Solange Mr Dakin noch da gewesen war, hatte er hoch aufgerichtet dagestanden und nach vorn geblickt, doch jetzt, da er fort war, sah es schon ganz anders aus. Die anderen hatten vergessen, dass er, Mr Bright, Mr Solomon und der Erste in den Augen der unteren Zirkel magische Kräfte hatten. Sie waren Figuren wie aus einem Märchen. Die Vertrautheit hatte bei jenen, die sie am besten kannten, zu Geringschätzung geführt, wie man an Mr Bellew und Mr Dublin sehen konnte, aber für die anderen
strahlten
sie noch immer.
Mr Vine hatte die schmale Luke in der Tür offen gelassen und nachdem Mr Dakin gegangen war – und er selbst wieder genug Luft bekam –, hatte Mr Bright begonnen, leise auf ihn einzureden. Zunächst hatte Mr Vine nicht reagiert, aber nach einer Weile erschienen seine Augen in der Lukenöffnung und allmählich hatte sich ein Gespräch entwickelt. Wahrscheinlich dachte er, solch leichtes Geplauder könnte nicht schaden, und sagte sich, dass er dem gestürzten Anführer nur den verdienten Respekt zollte. So log er sich in die Tasche, dass er nichts Verbotenes tat.
Sie hatten über die alten Zeiten gesprochen, über die Reise und wie sie sich alle wie ein Mann gegen
ihn
erhoben hatten. Mr Bright hatte leise geredet – weil es sonst zu sehr wehgetan hätte – und seine Worte klug gewählt. Wenn er von Mr Dublin sprach, dann mit Zuneigung und einem Hauch von Mitleid. Er blieb überlegen, ohne darüber zu reden, und merkte bald, wie Mr Vine wegen seiner Absetzung Bedenken kamen.
Mr Bright blieb auf dem Boden sitzen, bis Mr Vine sein Telefongespräch beendet hatte. Dann stand er auf und wischte sich das Blut ab, das während des Verhörs aus seinen Augen geflossen war. Auch wenn es lange her war, seit sie aus der Heimat geflohen waren, hatte Mr Dakin keinen seiner Foltertricks vergessen, die
er
ihm damals beigebracht hatte, und es hatte ihn sehr geärgert, dass Mr Bright nicht zusammengebrochen war. Mr Bright hatte selbst nicht schlecht gestaunt. Mr Dakin war sehr, sehr gut auf seinem Spezialgebiet.
»Was ist los?«, fragte er an der Tür.
»Sie haben jemanden eingeliefert.« Mr Vine leckte sich nervös über die Lippen und das
Leuchten
flackerte unruhig in seinen Augenwinkeln. »Für das Experiment.«
»Wen?«
»Einen Polizisten, glaube ich – den Namen haben sie nicht genannt. Aber er war im Krankenhaus. Oh, und Mr Craven ist gestorben.«
Der Schmerz ließ nach, als Mr Bright fieberhaft nachdachte. Mr Cravens Tod war ihm egal, das war nur eine Frage der Zeit gewesen. Außerdem war er lästig geworden, aber es machte ihm doch eine Menge aus, dass sie Cass Jones hergebracht hatten.
»Das ist ein großer Fehler«, sagte er leise. »Cassius Jones kann die Gänge nicht finden. Das Experiment wird ihn vernichten.«
»Und warum tun sie es dann?«, fragte Mr Vine wütend, doch dahinter hörte Mr Bright Unsicherheit.
»Weil er zur Blutlinie gehört. Ich schätze, sie hoffen, dass sein Blut in der Abwesenheit des Ersten und des Jungen, der reingehalten wurde, irgendwie erkannt wird. Als Folge könnte der Heimweg wieder möglich sein.«
»Und warum sollte das nicht funktionieren?«, fragte Mr Vine. »Wir müssen doch nach Hause. Wir müssen das Sterben beenden.«
»Es würde nicht einmal funktionieren«, antwortete Mr Bright freundlich, »wenn die Gänge von
seinem
Ende aus blockiert wären – und rein logisch betrachtet, müsste es andersherum sein –, denn
er
will keinen Frieden.
Er
will uns alle vernichten. Wenn Mr Dublin sich fünf Minuten Zeit genommen und im Haus der Intervention nachgefragt hätte, wüsste er das auch. Doch Mr Dublin ist es nicht gewohnt, alles allein zu regeln. Er versteht noch nicht,
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