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Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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wenig traurig gewesen war, als sein alter Freund Jahre später bei ihm auftauchte und meinte, er habe zum Glauben gefunden. Vielleicht lag es daran, dass Alan Jones ruhiger geworden war, viel verhaltener, als hätte er an Leben verloren – als hätte er an Leuchten verloren. Um dieses Leuchten ging es, über das er und viel später dann auch Christian geredet hatten. Jetzt wusste er endlich, warum. Alan Jones hatte einen Pakt geschlossen und seinen Enkel verschachert, und das war nun wirklich ein Pakt mit dem Teufel, wenn er je von einem gehört hatte. Jones hatte dieses Vermächtnis seinem ältesten Sohn hinterlassen, der es wieder richten sollte. Cass hatte das frühe Feuer seines Vaters, in Kombination mit der inneren Kraft seiner Mutter, also war dies vielleicht alles das Werk Gottes. Wer wusste, was der Vater im Himmel für sie vorgesehen hatte?
    Jetzt war Mittag und der kleine Junge war immer noch nicht aufgestanden. Die lange Nacht holte auch die Erwachsenen ein, die fast vor dem Fernseher eindösten. Pater Michael hatte einige Male nach ihm gesehen. Der kleine Körper hatte kurz gezuckt und im Schlaf mit den Lidern geflattert. Es sah nicht so aus, als würde er etwas Schönes träumen.
    »So ein stilles Kind habe ich noch nie erlebt«, sagte einer der Steves mit besorgter Miene. »Das ist nicht normal. Vielleicht ist er wirklich krank.«
    »Fieber hat er nicht.« Pater Michael setzte sich und trank seinen Tee, der langsam kalt wurde. »Das habe ich überprüft. Und er hat viel gegessen. Vielleicht ist er einfach noch wie vom Donner gerührt.«
    »Mein Junge ist neun. Die bleiben nicht ruhig sitzen, jedenfalls nicht so lange. Sie stellen tausend Fragen in dem Alter.«
    Pater Michael schwieg dazu, doch er beobachtete, wie Steve immer wieder vom Fernseher zur Decke blickte, als wollte er direkt in das Zimmer des Jungen sehen. Er musste zugeben, dass Luke etwas sonderbar war – war er möglicherweise Autist? Das würde zumindest die mangelnde Kommunikation erklären. Wenn Cass wiederkam und sich alles beruhigt hätte, sollte er den Jungen mal untersuchen lassen. Falls das möglich war und sie nicht beide auf der Flucht wären. Pater Michael war schon erschöpft, wenn er sich nur vorstellte, was in Cass’ Leben gerade alles los war. Er war ein alter Mann, das merkte er an Tagen wie diesen überdeutlich. Es fühlte sich an, als wären seine eigenen Abenteuer mit Cass’ Vater im Nahen Osten ein Leben lang her – mehr noch, als gehörten sie zu einem Leben, das ein anderer gelebt hatte.
    Hoffentlich war es wirklich eine gute Idee von Cass, den Jungen zu ihm zu bringen. Er würde natürlich alles für Lukes Sicherheit tun, aber er hatte Arthritis in den Händen und brauchte inzwischen doppelt so lange für die Treppe.
    Als er die Toilettenspülung und die schweren Schritte des zweiten Steve im Flur hörte, beruhigte er sich. Er kannte solche Männer seit seiner Zeit im Libanon; dort hatte er Männer mit derselben Willenskraft und Kälte im Blick getroffen. Auch wenn er Lukes Sicherheit nicht garantieren konnte, diese beiden konnten es bestimmt. Jetzt würde er den Jungen noch einige Stunden schlafen lassen und dann Mittagessen für alle kochen.

34
    Da es im Experimentierraum außergewöhnlich warm war, begann sogar Mr Dublin in seinem leichten Leinenhemd sofort zu schwitzen. Es machte ihm nichts aus, denn er hatte sich in den letzten Tagen, in denen er sich mit dem Experiment beschäftigt hatte, daran gewöhnt. Das Geschrei dagegen machte ihm weiterhin zu schaffen. Er hatte schon gemerkt, dass mehrere Techniker Ohrstöpsel trugen, um die Lautstärke zu dämpfen, doch es dürfte ihnen kaum gelingen, die schrillen Schreie völlig auszublenden. Eigentlich reichte das Kreischen schon, um verrückt zu werden, dachte Mr Dublin.
    Wie konnten sie nur allein wegen der Bezahlung, im Sinne der Forschung oder der Macht in aller Ruhe die Qualen ihrer eigenen Art beobachten? Er konnte es kaum ertragen und hatte nicht vor, dabei zu sein, wenn Cassius Jones anfing zu schreien. Vielleicht hatten sie das von
ihm
, diese Fähigkeit zur kaltherzigen Grausamkeit. Mit Sicherheit hatten sie die Begabung Schmerzen zu verursachen von
ihm
, ein wirklich unangenehmes Talent. Mr Dublin war übel. Er wusste, dass das, was er vorhatte, grausam war.
    Er dachte an seinen verlorenen Bruder Mr Rasnic, der in einer Zelle in der Nähe vor sich hin sabberte, seines
Leuchtens
beraubt und teilweise schreiend im Chaos verblieben. Diese Grausamkeit

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