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Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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hasste, hatte er doch gehörig Respekt vor ihm. Mr Dublin musste lächeln; schließlich ging es ihm ähnlich.
    Er beherrschte sich wieder und antwortete: »Das Netzwerk geht Sie nichts an.«
    »Seit Mr Bright sich in das Leben meiner Familie einmischt, geht es mich sehr wohl etwas an.« Noch ein goldener Blitz.
    »Das war bedauerlich«, sagte Mr Dublin, »aber nicht zu vermeiden.«
    »Ficken Sie sich ins Knie.«
    Angesichts dieser unerwarteten Beschimpfung zuckte Mr Dublin zusammen und Mr Escobar trat mit erhobener Hand vor, um ihn zu schlagen, doch Mr Dublin schüttelte den Kopf. Sie würden Cassius Jones auch so schon Schmerzen zufügen und mussten gerechterweise zugeben, dass der Mann alles Recht der Welt hatte, sie zu hassen.
    Als ein schriller Schrei an den Wänden widerhallte, erstarrte Cass Jones.
    »Das hier wird von uns als Experiment bezeichnet.« Mr Dublin zeigte mit seiner schlanken Hand in den Raum. »Ich fürchte, Sie haben sich schon einmal damit beschäftigt, obwohl Sie natürlich nicht so nah herangekommen sind. Die Studenten, die Selbstmord begangen haben, hatten alle daran teilgenommen. Bedauerlicherweise sahen sie mithilfe unserer Geräte Dinge, mit denen ihr ungeformter Verstand nicht umgehen konnte.«
    »Chaos im Dunkel«, sagte Cass leise.
    »Etwas in der Art, richtig.«
    »Ihr Schweine«, sagte Cass leise, aber giftig. »Sie waren noch so jung!« Als die Schreie wilder und schriller wurden, versuchte Cass Jones wieder, sich von seinen Fesseln zu befreien.
    Mr Dublin begriff allmählich, warum Mr Bright sich so für die Jones-Jungen interessierte.
    »Sie können Mr Bright vorwerfen, was er mit ihnen gemacht hat«, sagte er, »aber ich muss Ihnen sagen, dass wir es zuerst selbst probiert haben – zumindest einige von uns. Mein eigener Bruder sitzt nicht weit von hier, seit er es versucht hat. Leider wurde auch sein Verstand zerstört.«
    »Ich sage es nur ungern«, meinte Jones, »aber was Sie vorhaben, wird nicht funktionieren.«
    »Das werden wir sehen«, sagte Mr Dublin fröhlicher. »Vielleicht läuft es bei Ihnen ja anders.«
    »Warum sollte es bei
mir
anders laufen? Was ist denn so Besonderes an mir?« Jones regte sich auf und Mr Dublin lächelte leise.
    »Das können wir jetzt herausfinden, nicht wahr?« Mr Dublin sah die Technikerin an, die geduldig an der Liege gewartet hatte. Sie passte die Augenbinde an, steckte das Headset ein und schob es ihm vorsichtig über den Kopf.
    Jones atmete immer schneller. Das beruhigte Mr Dublin, denn wenn der Mann Angst hatte, war er auch menschlich.
    Er beugte sich vor. Jones roch nach Wärme und Schweiß, Blut und Tränen. »Suchen Sie nach den Linien«, sagte er. »Wenn Sie sie nicht finden, schreien Sie in das Chaos hinaus. Schreien Sie, sie sollen die Gänge für Sie öffnen. Machen Sie ihnen klar, dass Sie da sind.«
    »Was soll der ganze Scheiß überhaupt?«
    »Ich wünschte, ich könnte Ihnen alles erklären, Cassius Jones – das hätten Sie wirklich verdient.« Mr Dublin stand auf. »Leider haben wir dazu keine Zeit.«
    Als die Technikerin die Schalter umlegte, fingen die Geräte an zu summen. Cass Jones schnappte auf der Liege nach Luft und bog den Rücken durch, um die Fesseln zu sprengen.
    Die Technikerin fand, dass die Geräte zu ihrer Zufriedenheit funktionierten, und verließ den Raum. Sie hatte kein Wort gesagt, ob aus Höflichkeit oder Selbsterhaltungstrieb, wusste Mr Dublin nicht. Jeder, der hier arbeitete, wusste, welche Opfer das Experiment forderte, und keiner wollte plötzlich selbst zum Versuchskaninchen werden. Insofern war es klug, seine Anonymität zu wahren.
    Mr Dublin wandte sich an Mr Escobar. Der dunkelhäutige Mann blickte fasziniert auf Jones’ zuckenden Körper. Ob er auch noch so neugierig gucken würde, wenn der Mann anfing zu schreien? Er selbst wollte dann nicht mehr in diesem Raum sein, sondern wiederkommen, wenn die Sitzung vorbei war. Cassius Jones konnte schließlich nicht weglaufen und er hatte noch einiges zu erledigen.
    »Behalten Sie ihn im Auge«, sagte er und bot Mr Escobar seinen Stuhl an. »Rufen Sie mich, wenn etwas Ungewöhnliches passiert. Ich komme nachher wieder.«
    Es war schön, die kühlere Luft des Flurs zu atmen, doch Mr Dublin konnte sich erst entspannen, als er die Etage mit dem Experiment verlassen hatte.
    Die Neugier der Jugend wurde stets unterschätzt. Obwohl es sehr lange her war, dass sie zu Hause gewesen waren, war Mr Vine immer noch jung, erst recht im Vergleich zu Mr Bright und

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