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Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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Knopfdruck, und auch die Einrichtung spiegelte die innere Ruhe wider, mit der ihr Besitzer so gern der Welt gegenübertrat.
    Mr Dublins Haupthaus sowie sein Verantwortungsbereich lagen im Fernen Osten, und er hatte seine Dienerschaft stets aus der Bevölkerung jener Länder rekrutiert. Das galt auch für sein Haus in London. Der Mann, der Mr Craven mit einem knappen Nicken empfangen hatte und dann verschwunden war, stammte von dort, und auch dieses Haus und Mr Dublins äußere Erscheinung – stets in kühles, blasses Leinen gewandet – strahlten aus, dass er dem Zen-Gefühl jenes Kontinents einiges abgewinnen konnte.
    Für Mr Cravens Geschmack war das alles einen Hauch zu affektiert, als wollte Mr Dublin über seinen ausgesuchten Stil eine spirituelle Überlegenheit demonstrieren, falls es so etwas überhaupt gab. Er schaute aus den hohen Panoramafenstern, die eine atemberaubende Aussicht über den Fluss und auf die Stadt dahinter boten, und lächelte. Mr Dublin unterschied sich doch nicht so sehr von den anderen. Sie wohnten alle so, dass sie dem Himmel möglichst nah waren.
    Er seufzte in die Stille hinein. Hoffentlich dauerte dieses Treffen nicht allzu lang. Er war müde und brauchte seinen Schlaf. Die Knochen taten ihm weh. Da er keine Energie mehr hatte, verbrachte er mittlerweile möglichst wenig Zeit mit den Gesunden seiner Art. Seit ein paar Tagen
spürte
er die Krankheit bereits, die nicht in seinen Körper gehörte. Bis jetzt war er stolz darauf gewesen, wie gut er die Angst im Griff gehabt hatte, doch als die Schmerzen in der Brust schlimmer wurden und die plötzlichen Fieberanfälle seinen Gesamtzustand erheblich schwächten, begriff er, dass er zuvor nur alles geleugnet hatte. Mit der Erschöpfung war die Angst über ihn hereingebrochen. Er konnte verstehen, wieso Mr Bellew, der nur noch ein armer plappernder Idiot war, von den Sterbenden für seinen Putschversuch so viel Unterstützung bekommen hatte. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
    Als er den Fenstern den Rücken zukehrte, fiel sein Blick auf eine helle Vase, eine Antiquität aus dem Osten – jahrhundertealt und zweifellos unbezahlbar. Er hatte das Gefühl, dass sie noch lange dort stehen würde, wenn er längst tot war. Das gab ihm einen Stich der mittlerweile vertrauten Mischung aus erschöpfter Wut und Furcht. Er hätte sie am liebsten auf den Boden geworfen.
    Der Diener kam leisen Schrittes die hohe Wendeltreppe herunter und bedeutete ihm ausdruckslos, mitzukommen. Als sie oben angekommen waren, verschwand der Diener in einem Nebenzimmer und ließ ihn vor Mr Dublins geschlossener Bürotür stehen. Mr Craven holte tief Luft. Entsetzt stellte er fest, dass er es nach dem Treppensteigen nötig hatte. Als seine Hände und Beine nicht mehr zitterten, öffnete er die Tür ohne anzuklopfen.
    Zu seiner Überraschung war Mr Dublin allein. Mr Craven war davon ausgegangen, dass Mr Bright bei ihm wäre. Die Entdeckung, dass der Erste ein sabbernder Greis war, hatte sein Schicksal mit Sicherheit besiegelt, doch Mr Craven hätte nicht gedacht, dass der von Natur aus kühle und beherrschte Mr Dublin ihm so schnell die Rückendeckung entziehen würde. Wenn Mr Bright nicht hier war, ging es bei diesem Treffen möglicherweise darum, wie man ihn absetzen und einen neuen Inneren Zirkel besetzen konnte.
    Er hätte Mr Dublin beinahe angelächelt, aber als er eine Zeitung auf den runden Beistelltisch zwischen ihnen knallte, schlug seine Stimmung um. Er starrte auf die Schlagzeile: TODESENGEL VERFLUCHT LONDON . Daneben war ein computergeneriertes Fahndungsfoto abgebildet, auf dem er sich sofort erkannte.
    »Das wird mir nicht gerecht«, sagte er trocken. »In Fleisch und Blut sehe ich doch wesentlich besser aus, finden Sie nicht?«
    »Heißt das, Sie geben zu, dass Sie es waren?«
    »Spielt das eine Rolle?« Er starrte Mr Dublin an, mit seiner gesunden Haut und dem blonden Haar. Was ging ihn das an?
    »
Selbstverständlich
spielt das eine Rolle! Genau wie damals, als Mr Solomon sie umgebracht hat.«
    »Nur dass Mr Solomon nicht bei Verstand war.« Er lächelte.
    »Aber Sie, oder was?« Mr Dublin zeigte mit einem gepflegten Finger auf die Zeitung.
    »Alles eine Frage der Perspektive, würde ich sagen. Wollen Sie mir keinen Kaffee anbieten? Oder haben Sie etwa Angst, Sie könnten sich anstecken?«
    »Sie finden das witzig.« Mr Dublins Stimme war immer noch klar wie ein Gebirgsbach, doch sein heller Blick war steinhart.
    »Ich merke, dass es mir damit besser geht.« Das

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