Der Atem der Apokalypse (German Edition)
um den Augenblick der Panik zu lindern.
Als er wieder normal atmen konnte, sah er sich die Zahlenreihen noch mal an und gab einen neuen Befehl ein, die Gesamtbeträge darzustellen. Er musste wissen, wie viel sie verloren. Der Befehl wurde ausgeführt und als er die ausgerechnete Summe betrachtete, runzelte er die Stirn. Nach der ersten Panik geriet er ins Grübeln. Der Kontostand blieb immer gleich, obwohl sich die Zahlen in den einzelnen Kolonnen ständig änderten. Das Geld floss also innerhalb der Konten, doch nicht aus ihnen hinaus.
Er öffnete eine zweite Seite und fragte die gespeicherten Kontostände ab. Von den vielen Milliarden, die dem Netzwerk gehörten, fehlten nur fünfundzwanzig Millionen Pfund, die in den letzten achtundvierzig Stunden abgeflossen waren. Er ging noch mal auf die Seite, auf der sich innerhalb eines Lidschlags sämtliche Zahlen änderten. Was sollte die Trickserei, wenn die Konten nicht geplündert wurden? Er trommelte wieder einmal mit den Fingernägeln auf die Schreibtischplatte. Das war alles Blendwerk, dachte er dann mit einem angespannten Lächeln, damit er die Spur nicht weiter verfolgte,
wie
die fünfundzwanzig Millionen verschwunden waren, und
wohin
– zumindest nicht in diesem Moment.
Er ignorierte seine ungeheure Erleichterung, denn wenn er zugab, wie erleichtert er war, wäre das ein Eingeständnis seiner Ängste gewesen. Wer auch immer mit ihm spielte, war schlauer, als er es für möglich gehalten hatte. Sie hatten ein Riesendurcheinander angerichtet, um ihn in Schwierigkeiten zu bringen, doch wiederum auch nicht so, dass er es nicht wieder richten konnte. Das war nur ein Teil des Spiels, jedenfalls sicher noch nicht das Ende, und schließlich war Mr Bright Spezialist für Spiele dieser Art. Er begann, seine Passwörter zu ändern.
Als das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte, ging er sofort ran. Zum Glück war es nicht Mr Dublin. Wenn möglich, wollte er die Unterhaltung mit ihm noch lange hinauszögern.
»Sir?« Der Anrufer war nervös, das gefiel Mr Bright. Die Nachricht von Asher Reds eher unangenehmem Ausscheiden hatte sich in der kleinen Gruppe jener, die wussten, wer Die Bank wirklich am Leben hielt, rasch verbreitet. Selbstverständlich war es nur ein Gerücht, doch es konnte nicht schaden, ein wenig Furcht zu säen. Asher Red hatte in vielerlei Hinsicht enttäuscht, doch wenigstens sein Ende hatte Mr Bright Freude bereitet. Es war gut, dass dort draußen immerhin noch ein Mensch nervös war, weil er nicht wusste, wie er eine Neuigkeit aufnehmen würde.
»Ja?«
»Wir sind die Überwachungsbilder vom Empfang und von draußen durchgegangen …«
»Haben Sie den Hacker?« Das Problem mit der Angst war, dass die Menschen ungern auf den Punkt kamen, und er war nicht in der Stimmung für langes Drumherumgerede.
»Noch nicht, Sir, aber einer der Netzwerk-Administratoren von der Nachtschicht sagte, vor zwei Nächten sei während seiner Schicht ein Telefontechniker gekommen, der Zugang zu den Systemen brauchte. Der Administrator hat die Firma angerufen und alles überprüft. Da alles seine Richtigkeit hatte, hat er ihn reingelassen.«
»Ist er bei ihm geblieben?«
»Nein; er hatte in der fraglichen Zeit im dritten Stock zu tun – die japanischen Märkte hatten geöffnet und er stand unter Druck. Er sagte, er habe den Techniker arbeiten lassen und wieder hinausgebracht, als er fertig war.«
»Feuern Sie ihn. Suchen Sie eine Aufnahme von dem Techniker und schicken Sie sie mir. Er ist der Mann, den wir suchen. Rufen Sie mich an, wenn Sie ihn gefunden haben.«
»Da ist noch was.«
Mr Bright hatte fast schon aufgelegt. »Was?«
»Wir haben in dem Material noch was gefunden. Ich schicke es Ihnen in diesem Moment.« Er machte eine Pause. »Das ist der Polizist. Er wurde in der Nacht hier gefilmt, bevor wir gehackt wurden.«
Mr Bright legte das Telefon auf den Schreibtisch und wartete auf die E-Mail. Als er sie anklickte, blickte er auf Cassius Jones. Er sah anders aus, dünner. Mit längeren Haaren. Beides stand ihm gut. Er ähnelte seinen Vorfahren mehr, man sah, was in seinem Blut so stark war. Als er Cass Jones auf dem Bildschirm sah, wie er Rauch in die kalte Nacht blies, musste Mr Bright lächeln. Cassius Jones tauchte auf und starrte einfach Die Bank an und kurz darauf war die Hölle los? Sollte das etwa ein Zufall sein? Mr Bright glaubte nicht an Zufälle. Also hatte das Ganze mit Mr Dublin oder Mr Craven gar nichts zu tun. Cassius Jones war dafür
Weitere Kostenlose Bücher