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Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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zuschlug und jemand nach unten in die Kellerbar ging. »Ich bin im Büro.« Er sah auf die Uhr. »Du bist aber früh dran! Ganz was Neues. Ich hab dich erst in einer halben Stunde …« Er brachte den Satz nicht zu Ende, als die schmächtige Gestalt in das fensterlose Zimmer trat. Selbst aus einer Entfernung von zwei Metern roch Artie die Krankheit. Sein Mund wurde trocken. Der Mann war dünner und sein Haar nicht mehr so voll wie auf den Bildern, die ständig in allen Boulevardblättern und einigen seriösen Zeitungen abgedruckt waren, aber er war es, eindeutig: Der Todesengel.
    »Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn ich Ihnen nicht die Hand gebe?«, sagte Artie und blieb sitzen. Obwohl er den ungebetenen Besucher im Auge behielt, überlegte er, was er tun konnte, wenn der Mann sich auf ihn stürzte. Er war der Stärkere, aber ein Tropfen Speichel oder Blut am falschen Platz, und er konnte sich einsargen lassen. Nein, danke, so hatte er sich den Rest seines Lebens nicht vorgestellt.
    »Sehr lustig«, sagte der Mann. »Sie müssen Artie Mullins sein.« Er lächelte. Die Zähne wirkten viel zu groß für das zurückgehende Zahnfleisch. »Ich darf also davon ausgehen, dass Sie wissen, wer ich bin?«
    »Ihr Ruf eilt Ihnen voraus.« Artie war stolz, dass seine Stimme bei aller gesunden Angst fest klang. »Aber ein Name wäre mir lieber.«
    »Nennen Sie mich Mr Craven.«
    »Wie Sie wünschen, Mr Craven.« Artie beugte sich ein wenig vor und legte die Hände auf die Knie – eine entspannte Haltung, aber mit Bedacht gewählt. Mr Craven hatte die Hände in den Manteltaschen, und wer wusste, was er auf Lager hatte. Falls der Mann angriff, würde Artie ihn an den Knöcheln packen, der Mann würde hinfallen und versuchen, sich mit den Händen zu schützen. Das war ein normaler menschlicher Reflex und auch wenn dieser Mann dem Tode nahe war, hätte der alte Gangster gewettet, dass er noch nicht bereit war, das bisschen, was ihn noch am Leben hielt, aufzugeben. »Also, Mr Craven, was zum Teufel haben Sie in meinem Club zu suchen? Sie sind doch nicht zufällig hier hereingeschneit, oder?«
    Craven lächelte wieder in einer verzerrten Mischung aus Verbitterung und Überlegenheit. Der Typ war es gewohnt, dass Menschen
genau
das taten, was er von ihnen verlangte, und zwar fraglos. Artie hätte sich auf einer Wellenlänge mit ihm fühlen können, doch sein Instinkt sagte ihm, dass er von diesem sterbenden Mann meilenweit entfernt war. Dieser Mann war
erbarmungslos
, das sah er in seinen gelblichen Augen. Von Ehre keine Spur. Artie Mullins hätte den Mann schon nicht gemocht, wenn er gesund gewesen wäre, aber erst recht nicht jetzt, da er starb – was ihn noch gefährlicher machte.
    »Nein, Mr Mullins, das kann man so nicht sagen.« Er schwankte ein wenig und fing sich wieder, doch sein Blick flackerte nicht und blieb unverwandt auf Artie gerichtet. »Sie haben nichts zu befürchten. Das Wort, das Sie für mich verbreiten sollen, ist überhaupt nicht metaphorisch gemeint.« Sein Lachen klang beinahe mädchenhaft.
    Artie verkniff sich eine angewiderte Grimasse. Auch wenn Mr Craven meinte, er hätte nichts zu befürchten, wusste er, wie schnell Menschen seines Schlages ihre Meinung änderten.
    »Ich möchte mit Cass Jones sprechen«, sagte Mr Craven.
    »Was?« Diese Forderung kam so unerwartet, dass er verblüfft in seinen Stuhl zurücksank. »Scheiße, was haben Sie mit Cass Jones zu tun?«
    »Geben Sie ihm das als Zeichen meines guten Willens.« Mr Craven nahm die linke Hand aus der Manteltasche und zog etwas über den Kopf: eine feine Kette, an der ein kleiner silberner USB -Stick hing. Als er ihn hochhielt, funkelte er im Licht. Dann beugte er sich vorsichtig vor und legte ihn auf den Schreibtisch. Artie freute sich, dass Craven anscheinend auch ein wenig Respekt vor ihm hatte.
    »Warum sollte ich Sie mit Cass in Kontakt bringen?« Artie fasste den Stick nicht an; wenn er das getan hätte, hätte er sich irgendwie auf die Sache eingelassen, und so weit war es noch lange nicht. Dazu kam, dass er sich nicht sicher war, ob Cass überhaupt noch mit ihm redete, seit er ihn an Freeman verpfiffen hatte. Andererseits sollte Cass außer ein paar Tritten und Schlägen dort nichts passieren, und sogar er würde die Hände heben und zugeben, dass er sie verdient hatte. Also, ja, überlegte Artie im Bruchteil einer Sekunde, er konnte diesen Mann mit Cass zusammenbringen, doch im Augenblick sah er noch keinen guten Grund dazu. Craven stank

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