Der Atem der Apokalypse (German Edition)
festen Klaps auf die Schulter.
»O Gott!« Der plötzliche Schmerz kam wie ein Elektroschock und seine heilenden Muskeln schrien gequält auf.
»Also wirklich, Wharton«, sagte Osborne. »Auf den Mann wurde geschossen.« Lachend drehte er sich wieder nach vorne um.
»Kein Problem«, keuchte Cass, der immer noch nach Luft rang. »Das lenkt mich wenigstens von meinem eingeschlafenen Arsch ab.«
Wharton lachte mit, als Osborne rausplatzte. »Sie sind schwer in Ordnung, Cass. Das muss man Ihnen lassen.«
»Ruhe, es geht weiter«, murmelte Osborne. »Ist das unser Mann?«
Sie hörten auf zu lachen und setzten sich gerade hin, aufmerksam und konzentriert, als das Tor aufschwang. Morgens um sieben war auch mal kurz was losgewesen, als die Nachtschicht aufhörte und die Tagschicht begann, doch seither war nur noch um acht noch jemand gekommen – eindeutig auch vom Personal, weil er eine Karte einsteckte, um das Tor zu öffnen. Vor ungefähr einer Stunde waren dann noch zwei Autos gekommen. Da beide Fahrer die Gegensprechanlage benutzt hatten, vermutete Cass, dass es sich um Besucher oder Verwandte handelte. Im Gegensatz zu denen, die morgens direkt gefahren und gekommen waren, trugen die Arme, die aus dem Wagenfenster gesteckt wurden, kein Weiß; die bleichen Ärmel waren so ungefähr das Einzige gewesen, was sie in der morgendlichen Dunkelheit hatten erkennen können.
Nur Wharton hatte einen der Fahrer gesehen. Seit sechs Uhr morgens hatte er in einiger Entfernung von Calthorpe House Stellung bezogen. Er trug Joggingsachen und machte Dehnübungen an der Mauer, sodass er sich die Leute kurz ansehen konnte, die ein- und ausgingen.
»Nein, falsches Auto«, murmelte Wharton. »Das ist einer von denen, die gerade erst reingegangen sind. Seht ihr – normale Sachen.«
Er hatte recht. Das Paar mittleren Alters in dem eleganten Mercedes schwieg bei der Abfahrt. Der Besuch hatte sie nicht gerade aufgeheitert.
»Unser Mann fährt einen Saab«, erklärte Wharton. »Ich glaube, er kommt erst heute Abend raus. Was denkt ihr? Acht-Stunden-Schichten? Oder zwölf?«
»Sie kamen, als die anderen gingen, deshalb tippe ich auf zwölf. Wir müssen bis sieben hier sitzen bleiben.«
»Ich kann warten«, sagte Cass. Hoffentlich blieb ihm auch genug Zeit. Wie lange würde es dauern, bis Mr Bright hier auftauchte? Er starrte das Haus an. Cass würde Luke dort herausholen, so oder so – selbst wenn er die Pistolen aus dem Kofferraum holen und sich den Weg freischießen musste. Das Netzwerk hatte den Jungen der Jones lange genug festgehalten.
Armstrong kam gerade mit dem zweiten Pint von der Bar zurück, als er erstarrte und das Glas in seiner Hand vergaß. Wenig später, und er hätte es ganz verpasst. Er beugte sich mit großen Augen vor, bis er mit der Nase an der Scheibe klebte. Ein Mann stand vor dem Moneypenny’s und sah sich um. Armstrong blieb der Mund offen stehen.
Das konnte einfach nicht sein – es ergab überhaupt keinen Sinn. Langsam stellte er das Bierglas ab und konzentrierte sich, während sein Herz raste und sein Gesicht kribbelte. War er das wirklich? Er hatte im Gesicht abgenommen und sah viel kleiner aus, als der Sergeant gedacht hatte.
Der Mann zog die Tür auf und ging hinein. Armstrong starrte ihm nach, während er fieberhaft nachdachte. Er wusste nicht genau, was er von dieser Überwachung erwartet hatte, aber mit Sicherheit keine Überschneidung der beiden Fälle.
Die Tür ist offen.
Das begriff er plötzlich, denn der Mann hatte weder geklingelt noch in die Gegensprechanlage gesprochen, soweit Armstrong das beobachtet hatte. Das hieß, die Tür war nicht verschlossen. Er rief mit dem Handy auf der Wache an. Er brauchte Verstärkung.
Nach dem Anruf ging er mit geballten Fäusten in den Hosentaschen auf die kalte Straße hinaus. Sein Atem kondensierte in ungeduldigen Dampfwolken, während zwei Minuten vergingen, ohne dass er Sirenen hörte. Sie hatten gesagt, er solle warten – als Profi
musste
er warten. Doch er platzte vor Ungeduld, etwas zu unternehmen. Da es sich bei Moneypenny’s um einen geschlossenen Raum handelte, könnte er den Mann dort viel besser festhalten, wenn er sich beeilte. Hier draußen konnten sie ihn rasch in den Massen von Weihnachtseinkäufern verlieren. Armstrong biss sich auf die Lippe. Immer noch keine Sirenen.
»Scheiß drauf«, knurrte er und überquerte die Straße.
»Bist du das, Mac?« Artie Mullins hob den Blick vom Schreibtisch, als er hörte, wie oben die Tür
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