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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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spielten,
     und er hängte sich |283| den Baß um den Hals, trat ans Mikrofon und sang: »One for the money …« Dann rockten sie los, und das Leben in der Bude und
     die Erleichterung der Musiker zeigten ihm, daß es nicht hoffnungslos war. Sie hatten es echt drauf, sie knallten den verdammten
     Song raus, und die Leute kamen von der Bar und von draußen hereingeströmt. Und dieser Benny Griessel hatte die Finger den
     Hals der Baßgitarre auf und ab laufen lassen, er rollte einen verdammten Teppich aus Baß für den Rock’n’ Roll aus, und als
     sie fertig waren, brüllten alle: mehr, mehr, mehr. Also legten sie so richtig los. Elvis-Songs, und er schwitzte und spielte
     und sang, bis wer weiß wann; Anna kam ihn suchen, er sah sie hinten im
Glock
. Erst war sie wütend und hatte die Arme über Kreuz gelegt, wo war ihr Mann, es ist schon spät. Aber die Musik taute sie auf,
     ihre Hüften begannen zu schwingen, und dann klatschte auch sie und rief: »Los, Benny, los!« Denn das war
ihr
Benny da oben auf der verfluchten Bühne,
ihr
Benny.
    Herr, das war ewig her. Damals war er noch kein Säufer gewesen, bloß ein alkoholinteressierter Detective. Wie alle. Wie Matt
     Joubert, Boef Beukes und der dicke Sergeant Tony O’Grady, die ganze Bande. Sie tranken viel, denn, zum Teufel, sie arbeiteten
     auch viel, damals, Ende der achtziger Jahre. Sie arbeiteten wie Sklaven, während die ganze Welt auf sie schiß. Halsketten-Morde,
     alte Leute, Schwule, Gangs, bewaffnete Raubüberfälle, wohin man sah. Es hörte nie auf. Und wenn man sagte, daß man Polizist
     war, wurden alle still im Raum und guckten, als wäre man noch schlimmer als Hummerkacke, und, wie es so schön hieß, tiefer
     könnte man gar nicht sinken.
    Damals war er so gewesen wie Tim Ngubane jetzt. Zufrieden mit sich. Herr, und er
konnte
arbeiten. Hart, ja. Aber mit Köpfchen. Er erwischte sie, die Mörder, Bankräuber und Kidnapper. Er war gnadenlos und enthusiastisch.
     Er war flink. Das war es – er tanzte, wenn die anderen nur daherstiefelten. Er war anders. Und er dachte, so würde es immer
     bleiben. Aber der ganze Scheiß überwältigte einen letztlich doch.
    |284| Vielleicht lag da das Problem. Vielleicht erwischte der Alk nur die Tänzer; sieh dir doch Beukes und Joubert an, die trinken
     nicht wie Fische, die stapfen immer noch weiter. Und er? War am Arsch. Aber irgendwo tief in ihm blieb diese Vorstellung,
     daß er besser war als sie alle, daß er der beste gottverdammte Detective im Land war, Ende der Geschichte.
    Dann lachte er laut hinter dem Steuerrad, am oberen Ende der Long Street in der Nähe der Schwimmbäder, denn er war ein Wrack,
     ein Säufer, ein Mann, der nach neun Tagen Nüchternheit eine Flasche
Klippies
gekauft hatte und erst vor einer halben Stunde bei einem Kolumbianer die Kontrolle über sich verloren hatte, weil er so viel
     Scheiß mit sich herumschleppte, und jetzt glaubte er immer noch, der Beste von allen zu sein.
    Was war passiert? Zwischen Boef Beukes und dem
Glockenburg
und jetzt? Was, zum Teufel, war passiert? Er erreichte die Belle Ombre Street, es gab keine Parkplätze, also fuhr er halb
     auf den Bürgersteig.
    Bevor er die Tür öffnete, dachte er an die Leiche heute abend in Bishop Lavis. Er hatte keine Todesschreie im Kopf gehört.
     Keine furchtbaren Stimmen.
    Warum nicht? Waren sie weg? Waren sie Teil der Sauferei; war es der Alkohol?
    Er blieb einen Augenblick stehen, dann stieß er die Tür auf, denn er wußte keine Antwort. Im Haus gab es zehn oder zwölf Stockwerke,
     also nahm er den Fahrstuhl. Zwei schwarze Polizisten in Zivil standen an der Tür, jeder mit einem Gewehr. Griessel fragte,
     wer sie waren. Einer sagte, sie seien vom Organisierten Verbrechen, Boef Beukes habe sie geschickt, die Frau sei in Gefahr.
    »Wußten Sie von Sangrenegra, bevor das passiert ist?«
    »Sie sollten mit Beukes reden.«
    Griessel nickte und öffnete die Tür. Eine junge Frau im Wohnzimmer sprang auf und kam zu ihm gelaufen. »Haben Sie meine Tochter
     gefunden?« fragte sie, und er konnte die Hysterie knapp unterhalb der Oberfläche spüren. Hinter ihr auf der Couch saßen zwei
     Polizeibeamte der zarten Sorte, |285| kleiner und dünner, mit hilfsbereiten Händen, die sie mitleidig im Schoß gefaltet hatten. Sozialamt. Die Polizeibeamten, die
     in Erscheinung treten, wenn der ganze Scheiß schon weggeräumt war. Ein Mann und eine Frau.
    »Noch nicht«, sagte er.
    Sie stand mitten im Zimmer und stieß einen Laut aus. Er

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