Der Atem Manitous
dieser hier!«
Er nickte zu Hyrams Asche, denn mehr war nicht von ihm geblieben.
»Und deshalb hast du ein Mitglied deiner eigenen Sippe beseitigt?« fragte sie, unbeeindruckt von seiner Sicht der Dinge.
»Nein, nur um die Verhältnisse nicht noch mehr zu komplizieren. Die Medien haben mir den Weg gewiesen. Ich wußte sofort, daß nur einer der meinen hinter dem Blutbad stecken konnte. Dich hier zu finden, habe ich nicht erwartet, obwohl es heißt, du wärest zurückgekehrt .«
»Zurück von wo?« versuchte Lilith ihn zum Weiterreden zu animieren.
»Das weiß niemand. Aber einige glauben, du wärst verantwortlich für das große Sterben.«
»Und was, wenn ich es bin?«
»Selbst dann glaube ich nicht, daß man dich zwingen könnte, es rückgängig zu machen .«
»Womit du recht haben könntest!«
». deshalb macht es auch keinen Sinn, es überhaupt versuchen zu wollen! Ich werde jetzt gehen - und du solltest es auch tun, denn .«
»Denn?« fragte Lilith. Im gleichen Moment registrierte sie den Rauchgeruch.
»Es wird hier gleich etwas ungemütlich«, sagte der Vampir, dessen Name noch nicht gefallen war. »Sehr ungemütlich.«
Indem er seine starrblickende Geisel weiter wie einen lebenden Schutzschild vor sich herschob, versuchte er zur Tür zurückzugelangen, durch die er offenbar auch gekommen war.
»Wenn auch nur ein wenig von dem stimmt, was man sich über dich erzählt, wirst du kein Menschenleben gefährden. Laß mich also ziehen, und ihm hier -«, er schüttelte den Wehrlosen durch, »- wird nichts geschehen. Ich lasse ihn auf dem Dach frei. Einwände?«
Lilith nickte. »Einen.«
»Und der lautet?«
»Glaub nicht alles, was man sich über mich erzählt!«
Noch bevor ihre Worte Zugang zu seinem Begreifen fanden, hatte Lilith ihn bereits erreicht.
Der Mann in seinen Armen starb, weil der Vampir gedankenschnell in jenes Metamorphose-Stadium flüchtete, das die Kräfte seines Körpers vervielfachte.
Lilith tat dasselbe.
Als die Klaue des Vampirs die Kehle des Mannes, an dessen Hals sie Hyrams Biß bemerkt hatte, zerfetzte, nahm er ihr nur eine Arbeit ab, die ihr sonst selbst nicht erspart geblieben wäre.
Sie duckte sich, als der Sterbende ihr entgegengeschleudert wurde. Dadurch gewann der Vampir Zeit.
Die er zur Flucht zu nutzen versuchte - nicht, um sich auf sie zu werfen.
Aber Lilith holte ihn noch auf der Treppe, die zum Dach führte, ein. Das Feuer, das er gelegt hatte, war nun sogar schon zu hören.
Darauf, daß es das Zimmer erreichte, in dem sie sich gerade noch aufgehalten hatten, ehe der Tote zur Dienerkreatur mutierte, wollte sich Lilith nicht verlassen. Vorrang aber hatte zunächst der Gründer der Bangor-Sippe.
Mit einem Hechtsprung holte sie ihn mitten auf der Treppe von den Beinen. Warum er noch nicht die vollständige Transformation eingeleitet hatte, um sich im wahrsten Wortsinn beflügelt davonzumachen, blieb sein Geheimnis.
Nun war es zu spät.
Vehement ringend und ineinander verschlungen rollten Lilith und der Vampir wieder bis zum Absatz der Treppe hinunter.
Das Geräusch einer Detonation leitete den Sturm der Polizei auf das Gebäude ein. Der Rauch war auch ihnen nicht entgangen. Auch wenn die daraus gezogenen Schlüsse falsch sein mußten, war ihre Reaktion richtig.
Nur nicht unbedingt vorteilhaft für Lilith.
Als sie näherkommendes Stiefelgetrampel hörte, wußte sie, was die Stunde geschlagen hatte.
Und als die Zähne des Vampir ihr ins Fleisch bissen, nur knapp die Schlagader verfehlten und nur eine kleinere Arterie aufrissen, erinnerte der damit verbundene Schmerz sie an ihr Handicap: Auch sie war nicht unbesiegbar!
Und das Geschöpf, mit dem sie sich um den Sieg stritt, wollte ebenso weiterleben wie sie!
Noch während ihr Gegner die Zähne in ihren Hals schlug, gelang es Lilith, seinen Arm zu packen.
Welche Ader er ihr überließ, war egal. Sie fand die Pulsader in seinem rechten Arm. Und in dem Moment, in dem sie die Zähne hineinstieß, war es vorbei, erlahmte seine eben noch wie tollwütige Gegenwehr.
Ihr Keim machte ihn vollkommen ergeben.
Er starb entspannt, und noch während der Zerfall sich seiner be-mächtigte, saugte Lilith so viel schwarzes Blut aus seinem Körper, wie die Zeit es ihr erlaubte. Als der vertraute Schmerz durch das Tattoo in ihrer linken Hand stach, wußte Lilith, daß sie sich der Dienerkreatur im Nebenzimmer nicht mehr würde widmen können.
Sie sah schon den ersten Helm eines Elite-Cops.
Und dann zielte eine Gewehrmündung
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