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Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Titel: Der Atlantik - Biographie eines Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Dann erst konnten diejenigen, die den Glauben an das Projekt nicht verloren hatten, sich wieder durchsetzen. 1866 wurde die riesige, von dem Ingenieur Isambard Kingdom Brunel mitentworfene Great Eastern davor bewahrt, wegen Unwirtschaftlichkeit weiter in einem Hafen vor sich hin zu rosten: Man funktionierte den als Passagierschiff gebauten Dampfsegler zum Kabelleger um. Auch die Great Eastern hatte mit Schwierigkeiten zu kämpfen, obwohl es in den vergangenen acht Jahren eine ganze Reihe von technologischen Fortschritten gegeben hatte. Am Ende konnte sie aber in den Hafen eines kleinen Orts auf Neufundland einlaufen, der den reizenden Namen Hearts Content trug, »nachdem sie eine zweitausend Meilen lange Kette hinter sich hergezogen hatte, um die Alte Welt an die Neue zu fesseln«.
    Es war gelungen. Das Kabel funktionierte nahezu perfekt. Obwohl Mr Field aus den Berkshire Mountains als amerikanischer Staatsbürger nicht wie jedermann sonst von Queen Victoria in den Adelsstand erhoben werden konnte, verlieh ihm die britische Presse rasch den Spitznamen »Lord Cable«. Seine Schöpfung erwies sich als so erfolgreich, dass im Laufe des darauf folgenden Jahrzehnts der Boden des Ozeans, des nördlichen wie des südlichen Teils, mit weiteren Kabeln überzogen wurde. Ein zweiter Strang wurde schon vier Wochen nach dem ersten verlegt. Um 1900 gab es bereits fünfzehn, darunter solche, die nach Argentinien und Brasilien führten. Die Übertragung von Nachrichten zwischen Europa und dem amerikanischen Kontinent, zwischen fast jeder europäischen Stadt und nahezu jeder Stadt in Nord- und Südamerika, erfolgte jetzt fast ohne zeitliche Verzögerung und wurde bald zur Routine.

    Cyrus W. Field, die treibende Kraft hinter der Verlegung eines Telegrafenkabels zwischen Amerika und Europa, ist auf dieser Zeichnung in der Zeitschrift Harper’s Weekly dargestellt (oben, Mitte). In der Mitte die Great Eastern , der riesige Kabelleger, am unteren Rand links ist der amerikanische Präsident, rechts die englische Königin abgebildet, wie sie per Kabel Grußbotschaften austauschen.
    © Mit freundlicher Genehmigung der Library of Congress Prints and Photographs Division
    Doch weniger als ein halbes Jahrhundert nachdem das erste Kabel verlegt worden war, machte die Technologie einen weiteren Schritt voran, und die elektronische Verbindung zwischen den beiden Welten wurde gefestigt und beschleunigt. Jetzt war es möglich, über den Ozean, ja über jede beliebige Entfernung hinweg mit jedem Punkt auf der Welt ohne Kabel in Kontakt zu treten.
    Die ersten Experimente mit der drahtlosen Telegrafie – dem Funk, wie man sie nennen würde – bestanden ebenfalls in Versuchen, Signale von einer Seite des Atlantiks zur anderen zu übertragen. Und indem man den Ozean erneut als Versuchsstätte auswählte, wurde dessen Position konsolidiert: Er war der große Erprobungsgrund, das Testgelände für alle neue Ideen – von packet ships bis hin zu Überschallflugzeugen –, die das technologische Zeitalter immer schneller zu dominieren begannen.
    Wieder einmal waren zwei Hügel, einer an der Ostseite Neufundlands und ein anderer an der westlichen Spitze Cornwalls in England, ausgewählt worden, um als die beiden Endpunkte zu dienen, zwischen denen die Signale hin- und hergehen sollten. Das war im Dezember 1901. In Irland hatte man eine Relaisstation zur Weiterleitung des Funksignals einrichten müssen, genau wie es für Cyrus Fields Kabel erforderlich gewesen war. Das geschah aber nicht nur aus technischer Notwendigkeit heraus, sondern es gab einen zusätzlichen Grund dafür: Guglielmo Marconi, der den Anstoß zu all diesen Versuchen gegeben hatte, war Halbire. Sein Vater war in Bologna geboren, seine Mutter hingegen entstammte der irischen Familie, die Jameson Whiskey herstellte.
    Es gibt ebenso viele Menschen, die behaupteten, die drahtlose Kommunikation erfunden zu haben, wie solche, die den Anspruch erheben oder erhoben, das Fernsehen oder die Glühbirne erfunden zu haben. Doch Marconi, der 1896 in Großbritannien ein wichtiges Patent anmeldete und zugestanden bekam 53 und ein Jahr später in Südengland seine Tests mit Übertragungs- und Empfangsgeräten sowie Antennen von jeder denkbaren Form und Größe begann – von denen die Versuche, Kontakt zwischen Osborne House, der Sommerresidenz von Queen Victoria auf der Isle of Wight, und der vor der Küste kreuzenden Hochseejacht ihres Sohnes herzustellen, besonders bemerkenswert waren –, ist am

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