Der Atlantis-Komplex
ihr den Metallwürfel hin. »Vermutlich ein Wrackteil von der Sonde. Es steckte in einer Art Gelmasse. Interessante Textur, stark mit Kristallen durchsetzt. Stammt das vielleicht aus Ihrer Werkstatt, Foaly?«
Der Zentaur trabte heran und nahm den kleinen Metallwürfel in die Hand. »Das ist das Hirn eines Amorphoboters«, sagte er zärtlich. »Die kleinen Kerle sind perfekte Beutejäger. Sie können alles in sich aufnehmen, einschließlich ihrer Artgenossen.«
»Vielleicht haben sie ja diesen Turnball und seine Kumpane in sich aufgenommen«, sagte Juliet, halb im Scherz.
Artemis wollte ihr gerade in herablassendem Tonfall erklären, dass und warum das nicht möglich war, als ihm aufging, dass es durchaus möglich war − und nicht nur das, es war sogar sehr wahrscheinlich.
»Sie waren aber nicht darauf programmiert, als Rettungsboote zu funktionieren«, wandte Foaly ein.
Holly warf ihm einen finsteren Blick zu. »Wenn du mir noch einmal damit kommst, dass diese Amorphoboter nicht dazu progammiert waren, irgendwas Bestimmtes zu tun, dann rasiere ich dir im Schlaf die Flanken.«
Artemis ließ sich auf die Stahlbank sinken. »Wollt ihr damit sagen, ihr habt die ganze Zeit von diesen Amorphobotern gewusst?«
»Natürlich. Sie haben uns doch in Island angegriffen. Weißt du das nicht mehr?«
»Nein. Ich war bewusstlos.«
»Ach ja, stimmt. Kommt mir vor, als wäre es schon eine Ewigkeit her.«
»Also habe ich den Kampf mit dem Riesenkraken völlig umsonst über mich ergehen lassen müssen?«
»Oh nein, keineswegs. Ich hätte mehrere Minuten gebraucht, um die Verbindung zu erkennen, und selbst dann wäre es nur eine Theorie gewesen.« Foaly tippte einen Code in sein Handy und löste es vom Helm des Druckschutzanzugs. »Während wir uns jetzt sogar die Programmierung anschauen können.«
Er schloss das Handy an den Bot-Computer an, und zu seiner Freude leuchtete das Display auf. Nachdem er ein paar Checks hatte durchlaufen lassen, entdeckte er die verborgene Programmierung. »Das ist allerdings merkwürdig. Der Bot bekommt seine neuen Kommandos von der Kontrollkugel der Sonde. Charmanterweise befiehlt sie ihm gerade, uns alle zu töten. Deshalb konnten wir nie einen Eingriff von außen entdecken − es gab keinen. Es ist ein einfaches kleines Schattenprogramm, ein paar Befehlszeilen, weiter nichts. Und sehr leicht abzustellen.« Was er mit ein paar Tasteneingaben tat.
»Und wo ist diese Kontrollkugel?«, fragte Artemis.
»In meinem Labor in Haven.«
»Könnte jemand sie manipuliert haben?«
Da brauchte Foaly nicht lange nachzudenken. »Nein, völlig unmöglich. Und das sage ich nicht nur, weil ich mal wieder nicht zugeben will, dass meine Technik schuld sein könnte. Ich überprüfe das Ding fast jeden Tag. Erst gestern habe ich einen Systemcheck durchlaufen lassen, und es gab keinerlei Auffälligkeiten im Prüfbericht. Wer auch immer hinter alldem steckt, er muss die Sonde bereits vor Wochen, wenn nicht sogar vor Monaten mit Instruktionen gefüttert haben.«
Artemis schloss die Augen, um die glitzernden Vieren auszublenden, die in seinem Gesichtsfeld aufgetaucht waren und bösartig fauchend im Laderaum des Shuttles umherschwebten.
Ich schaffe es erst, den Angriff eines Riesenkraken zu überleben, und jetzt lasse ich mich von fauchenden Vieren verrückt machen. Nicht zu fassen.
»Bitte setzt euch alle in einer Reihe da drüben auf die Bank, und zwar der Größe nach.«
»Da ist wieder der Atlantis-Komplex am Werk«, sagte Holly. »Kämpf dagegen an.«
Artemis presste die Handballen auf die Augen. »Bitte, Holly. Nur mir zuliebe.«
Mulch fand dieses Spiel höchst amüsant. »Sollen wir dabei vielleicht Händchen halten oder singen? Wie wär’s mit: Fünf macht mich froh, bei vier gibt’s was auf den Po? «
»Zahlenreime?«, sagte Artemis skeptisch. »Das ist doch albern. Bitte setzt euch endlich hin.«
Sie taten es, wenn auch murrend und schimpfend. Foaly und Mulch stritten sich eine Weile darüber, wer von ihnen nun der Größere war. Darüber, wer der Größte war, gab es hingegen keine Debatten. Butler setzte sich zusammengekrümmt ans Ende der Bank, das Kinn fast zwischen den Knien. Neben ihm kam Juliet, dann Foaly, dann Mulch und zum Schluss Holly, die das Shuttle auf Leerlauf gestellt hatte.
Fünf , dachte Artemis. Genau fünf treue Freunde, die mich am Leben halten .
Er setzte sich ihnen gegenüber, noch immer mit dem Druckschutzanzug bekleidet, betrachtete sie und ließ die Gedanken
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