Der Atlantis-Komplex

Titel: Der Atlantis-Komplex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer

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mit wenig Kraft und noch weniger Treffsicherheit, aber immerhin landeten seine Schläge mittlerweile auf dem Polster. Bis vor kurzem hatte Artemis so weit daneben getroffen, dass im Fall eines tatsächlichen Kampfes ein Passant in größerer Gefahr gewesen wäre als jeder Angreifer.
    »Ich kenne die Regeln, Butler«, sagte Artemis, wobei er mehrmals Luft holen musste, um den Satz hervorzubringen. »Das Handy ist definitiv ausgeschaltet. Ich habe es fünfmal überprüft.« Butler zog den Handschutz aus, der eigentlich dafür gedacht war, die Hand des Trägers vor Schlägen zu schützen, in diesem Fall jedoch Artemis’ Knöchel vor Butlers stahlharter Handfläche schützte. »Das Handy ist aus, und trotzdem klingelt es.«
    Artemis klemmte einen Boxhandschuh zwischen die Knie und zog die Hand heraus. »Der Notruf ist immer freigeschaltet. Es wäre unverantwortlich, nicht nachzusehen, was da gerade eingegangen ist.«
    »Sie reden so merkwürdig«, bemerkte Butler. »Irgendwie gestelzt … Zählen Sie Ihre Worte etwa?«
    »Das ist doch lächerlich … absolut«, sagte Artemis und errötete. »Ich wähle sie nur sorgfältig.« Er lief zu seinem Handy, einem selbstentworfenen Spezialmodell mit einer Mischung aus oberirdischer und unterirdischer Technologie. »Die Nachricht ist von Juliet«, sagte er, während er auf den sieben Zentimeter breiten Touchscreen starrte.
    Sofort löste sich Butlers Verärgerung in Luft auf. »Ein Notruf von Juliet? Was schreibt sie denn?«
    Wortlos gab Artemis ihm das Handy, das in Butlers massiger Hand fast verschwand.
    Die Nachricht war kurz und klang dringend. Nur fünf Worte.
    In Schwierigkeiten, Domovoi. Komm allein .
    Butlers Finger drückten das Handy, bis das Gehäuse knackte. Die Vornamen aller Leibwächter mit dem Abzeichen des blauen Diamanten unterlagen strengster Geheimhaltung, und allein die Tatsache, dass Juliet in ihrer Nachricht seinen richtigen Namen verwendet hatte, bewies, dass sie wirklich in großen Schwierigkeiten stecken musste.
    »Natürlich komme ich mit Ihnen«, sagte Artemis energisch. »Mein Handy kann diesen Anruf bis auf den Quadratzentimeter genau zurückverfolgen, und wir können jeden Ort auf der Welt in weniger als einem Tag erreichen.«
    Auf Butlers Gesicht zeichnete sich der Kampf zwischen dem großen Bruder und dem nüchternen Profi ab, der in seinem Innern wütete.
    Schließlich gewann der Profi. »Nein, Artemis. Ich kann Sie nicht in Gefahr bringen.«
    »Aber …«
    »Nein. Ich muss fort, aber Sie werden ganz normal zur Schule gehen. Wenn Juliet in Schwierigkeiten ist, muss ich schnell handeln können. Obendrein für Ihre Sicherheit zu sorgen würde meine Verantwortung verdoppeln. Juliet weiß, wie ernst ich meine Arbeit nehme. Sie würde mich niemals bitten, allein zu kommen, wenn die Situation nicht gefährlich wäre.«
    Artemis hüstelte. »So schlimm ist es sicher nicht. Vielleicht ist Juliet eher in Unannehmlichkeiten als in tatsächlicher Gefahr. Trotzdem sollten Sie hinfahren, und zwar so schnell wie …«
    Er nahm Butler das Handy ab und tippte auf den Bildschirm.
    »Cancún, Mexiko, ist Ihr Ziel.«
    Butler nickte. Das passte. Juliet war zurzeit bei einer mexikanischen Wrestling-Truppe, um sich als »Jadeprinzessin« einen Namen zu machen, und hoffte auf den magischen Anruf von World Wrestling Entertainment.
    »Cancún«, wiederholte er. »Da war ich noch nie. Für Leute wie mich gibt es da nicht viel zu tun. Zu sichere Gegend.«
    »Der Jet steht Ihnen natürlich zur Verfügung«, sagte Artemis. Dann runzelte er die Stirn, weil er mit dem Satz unzufrieden war. »Hoffentlich ist diese Angelegenheit nur ein … falscher Alarm.«
    Butler musterte seinen Schützling scharf. Irgendetwas stimmte mit dem Jungen nicht, davon war er überzeugt, aber im Augenblick war in dem Teil seines Gehirns, das für die Sorge um andere zuständig war, nur Platz für Juliet.
    »Das ist kein falscher Alarm«, sagte er leise. Dann fügte er mit wesentlich kräftigerer Stimme hinzu: »Und wer auch immer diesen Notruf verursacht hat, wird es noch bitter bereuen.« Zur Verstärkung seiner Drohung überließ er dem großen Bruder in ihm für einen Moment die Führung und versetzte der Trainingspuppe einen solchen Schlag, dass der hölzerne Kopf herunterfiel und sich wie ein Kreisel auf der Matte drehte.
    Artemis hob ihn auf und tippte ungefähr ein halbes Dutzend Mal mit den Fingern auf die Oberseite.
    »Vermutlich tut er das bereits«, sagte er, und seine Stimme klang wie