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Der Atlantis-Komplex

Der Atlantis-Komplex

Titel: Der Atlantis-Komplex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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ging er unter der schieren Last der Körper, die sich auf ihn stürzten, zu Boden. Sein Gesicht wurde unter einem dicken Hintern begraben, und er spürte, wie sich Zähne in sein Schienbein gruben. Er bekam auch etliche Fausthiebe ab, aber die waren schlecht gezielt und schwach.
    Ich werde sterben, weil ich keine Luft mehr bekomme , dachte Butler. Und nicht ehrenvoll im offenen Kampf.
    Diese Erkenntnis trug nicht gerade zu seiner Aufmunterung bei. Wenigstens war Juliet auf dem Gerüst vermutlich in Sicherheit.
    Butler lag hilflos am Boden, wie Gulliver in den Fesseln der Liliputaner. Es roch nach Popcorn und Bier, Deodorant und Schweiß. Seine Brust wurde zusammengequetscht, so dass ihm das Atmen schwerfiel. Jemand zerrte aus irgendeinem Grund an seinem Stiefel herum, und dann konnte er sich überhaupt nicht mehr rühren: Er war unter einem Haufen Körper begraben.
    Artemis ist allein. Juliet wird wissen, dass sie meinen Platz als Leibwächter einnehmen muss.
    Der Mangel an Sauerstoff verwandelte die Welt in Schwarz und Weiß, und mit letzter Kraft schob Butler seinen Arm durch die Körpermasse über sich und winkte seiner Schwester ein Lebewohl zu.
    Jemand biss ihn in den Daumen.
    Dann ging er völlig unter, und der Unterirdische auf der Leinwand lachte.
    Juliet schlang zwei Finger ihrer linken Hand um den unteren Rand eines Quergestänges und klammerte sich so daran fest, dass sie beinahe ihre Fingerabdrücke fühlen konnte. Mindestens 99 Prozent der Weltbevölkerung hätten zwei Finger nicht gereicht, um das eigene Körpergewicht zu halten. Die meisten gewöhnlichen Sterblichen hätten zumindest beide Hände gebraucht und ihre ganze Kraft, um sich wenigstens eine Minute lang halten zu können. Und ein ziemlich großer Teil der Menschheit hätte es, wenn überhaupt, nur mit der zusätzlichen Hilfe eines ganzen Pferdegespanns geschafft. Doch Juliet war eine Butler und an der Leibwächter-Akademie von Madame Ko ausgebildet, wo sie ein ganzes Semester der Biomechanik des menschlichen Körpers gewidmet hatten. Wenn es sein musste, konnte Juliet sich mit einem einzigen Zeh festhalten, solange kein vorübergehender Bösewicht auf die Idee kam, sie an der empfindlichen Stelle unter ihren Rippen zu kitzeln.
    Sich irgendwo festzuhalten ist das eine, sich dann auch noch nach oben zu ziehen, etwas ganz anderes. Aber zum Glück hatte Madame Ko auch darauf einige Semester verwendet. Was nicht heißen soll, dass es einfach war. Juliet hörte förmlich, wie ihre Muskeln aufjaulten, während sie mit der anderen Hand nach einem besseren Halt tastete und sich dann auf den Metallträger schwang. Normalerweise hätte sie danach eine kurze Pause eingelegt, bis ihr Puls sich wieder beruhigt hatte, doch aus dem Augenwinkel sah sie, wie ihr Bruder unter dem Ansturm der Wrestling-Fans zu Boden ging, und sie beschloss, dass dies nicht der passende Moment war, um sich auszuruhen.
    Sie sprang auf die Füße und lief geschickt wie eine Akrobatin über den Träger − ganz im Gegensatz zu der hypnotisierten Lichttechnikerin, die versuchte, Juliet den Weg abzuschneiden, bevor sie die Leinwand erreichen konnte. Doch die Frau rutschte aus und stürzte an Juliet vorbei in die Tiefe.
    Juliet verzog das Gesicht. »Oje, das sieht aber nicht gut aus, Arlene.«
    Arlene antwortete nicht, es sei denn, man zählt es als Antwort, wenn jemand dunkelrot anläuft und mit den Armen rudernd durch die Luft fliegt.
    Juliet musste unwillkürlich grinsen, als sie sah, wie die Technikerin mitten auf einem Schwung Männer landete, die sich gerade auf ihren Bruder stürzen wollten.
    Doch ihr Lächeln erstarb, als sie die Masse von Körpern sah, die Butler unter sich begrub. Ein zweiter Techniker kam auf Juliet zu, und dieser war ein wenig klüger als seine Vorgängerin: Er saß rittlings auf dem Träger und hatte die Fußgelenke ineinander verhakt. Während er langsam vorrückte, schlug er dröhnend mit einem großen Schraubenschlüssel gegen den Träger, dass die Funken flogen.
    Juliet wartete, bis er das nächste Mal zuschlug, dann stellte sie den Fuß auf seinen Kopf und stieg über ihn hinweg, als wäre er ein Fels in einem Bach. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, den Mann hinunterzuwerfen. Bis er sich umgedreht hätte, wäre sie längst außerhalb seiner Reichweite, aber er dürfte einen hübschen blauen Fleck auf der Stirn davongetragen haben, über dessen Ursprung er nachgrübeln konnte, wenn die Wirkung des Blicks nachließ.
    Die Leinwand hing direkt vor

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