Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Atlantis-Komplex

Der Atlantis-Komplex

Titel: Der Atlantis-Komplex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
Vom Netzwerk:
Rettungsmission geschickt, die sich als Falle herausgestellt hatte.
    Zweitens: Seine kleine Schwester, die zuvor nur scheinbar in Schwierigkeiten gesteckt hatte, steckte jetzt wirklich in Schwierigkeiten, und zwar in ziemlich großen.
    Und drittens: Er wurde gerade in Mexiko durch einen Theatersaal gejagt, von ein paar tausend Wrestling-Fans, die aussahen wie Zombies, nur ohne die halbverwesten Glieder.
    Im Unterhaltungsteil der Flugzeugzeitschrift hatte Butler gelesen, dass Vampire mittlerweile ihre beste Zeit hinter sich hatten und dafür jetzt Zombies angesagt waren.
    Angesagt hat sie keiner , dachte Butler. Aber da sind sie trotzdem, und zwar verdammt viele .
    Streng genommen, waren die Massen von willenlosen Menschen, die durch den Saal wogten, natürlich keine Zombies, sondern lediglich mit dem Blick hypnotisiert. Ein Zombie ist nach allgemeiner Auffassung eine wiederauferstandene Leiche mit Appetit auf menschliche Gehirne. Die hypnotisierten Wrestling-Fans hingegen waren nicht tot und hatten auch nicht das geringste Interesse daran, irgendwelche Gehirne anzuknabbern. Sie drängten von allen Seiten auf den Mittelgang zu und schnitten dadurch sämtliche Fluchtwege ab, so dass Butler nichts anderes übrig blieb, als über den zusammengeschnürten Ring zurück auf die Plattform zu klettern. Diese Form des Rückzugs hätte er normalerweise nicht mal für eine Nanosekunde in Betracht gezogen, doch angesichts der Lage war alles, was ihnen die Chance auf ein paar weitere Herzschläge bot, besser, als einfach stehen zu bleiben und das Schicksal zu akzeptieren.
    Butler versetzte seiner Schwester einen Klaps auf den Oberschenkel, was nicht weiter schwierig war, da sie immer noch über seiner Schulter hing.
    »He«, maulte sie. »Was soll das denn?«
    »Wollte nur mal wissen, wie es dir geht.«
    »Mir geht’s gut, okay? Aber irgendwas ist in meinem Hirn passiert. Ich erinnere mich an Holly und all die anderen Unterirdischen.«
    Total Recall , dachte Butler bei sich. Die roten Augen und die hypnotische Stimme hatten offenbar den Samen der Erinnerung in Juliets Hirn zum Keimen gebracht, und jetzt war alles wieder da. Durchaus möglich, dass diese geistige Kettenreaktion stärker war als die hypnotische Wirkung des Blicks .
    »Kannst du kämpfen?«
    Juliet schwang ihre Beine in die Höhe, sprang von seiner Schulter und landete in Kampfposition.
    »Na klar, und besser als du, Oldie.«
    Butler verzog das Gesicht. Wenn man eine zwanzig Jahre jüngere Schwester hatte, musste man sich eine Menge abfällige Bemerkungen gefallen lassen, was das Alter betraf.
    »Innen bin ich nicht so alt wie außen, wenn du es genau wissen willst. Diese Unterirdischen, an die du dich gerade wieder erinnerst, haben mich generalüberholt. Ich bin jetzt fünfzehn Jahre jünger und habe eine Brust aus Kevlar. Ich kann also sehr gut auf mich aufpassen, und auf dich auch, wenn’s sein muss.«
    Während dieses kleinen Geplänkels stellten sich die beiden Geschwister automatisch so auf, dass sie Rücken an Rücken standen und sich gegenseitig Deckung gaben. Butler bezweckte mit seinen Worten nur eins: Er wollte seiner Schwester Mut machen und ihr die Hoffnung geben, dass ihre Flucht gelingen würde. Juliet wiederum antwortete, um ihrem großen Bruder zu zeigen, dass sie keine Angst hatte, solange sie Seite an Seite standen. Keine dieser uneingestandenen Botschaften entsprach voll und ganz der Wahrheit, aber zumindest spendeten sie sich gegenseitig einen gewissen Trost.
    Die hypnotisierten Wrestling-Fans hatten leichte Probleme, auf die Plattform zu gelangen, weil ihre dicht zusammengedrängten Körper sich gegenseitig den Weg versperrten. Wenn es einem von ihnen doch gelang hinaufzuklettern, warf Butler ihn so sanft wie möglich wieder zurück in die Menge. Juliet war bei ihrem ersten Wurf nicht so vorsichtig, und Butler hörte definitiv, wie etwas knackte.
    »Sachte, Schwesterchen. Das sind unschuldige Leute. Jemand hat sich in ihr Hirn geschmuggelt.«
    »Ups, tut mir leid«, sagte Juliet ohne das geringste Bedauern und rammte einer Frau, die im normalen Leben vermutlich eine Fußball-Mama war, die Handkante in den Solarplexus.
    Butler seufzte. »Pass auf, ich zeig’s dir«, sagte er geduldig. »Du hebst sie einfach hoch und lässt sie über die Köpfe ihrer Freunde hinweggleiten. Und zwar ohne Schwung.« Er führte die Bewegung ein paarmal vor, um Juliet einen Eindruck davon zu vermitteln.
    Juliet warf einen sabbernden Teenager zurück in die Menge.

Weitere Kostenlose Bücher