Der Attentäter - The Assassin
seine Leiche zur Verfügung zu stellen, damit sie seine Identität überprüfen konnten, doch das reichte der CIA nicht. Angesichts dessen, was al-Douri geplant hatte, war es Sache der Amerikaner, mit ihm abzurechnen. Als alles vorbereitet war, hatte Harper sich an Kealey gewandt, und das war der Grund dafür, warum er jetzt im Innenhof des Palestine Hotel saß, direkt an der syrischen Grenze.
Als die Tür links von ihm aufgerissen wurde, fuhr Kealeys Kopf in die Höhe. Colonel Paul Owen steckte den Kopf in
den Hof und nickte knapp. Die beiden Männer hatten ihre Differenzen hinsichtlich der Entführung Arshad Kassems in Falludscha beigelegt, wie es unter Soldaten üblich ist, nämlich indem jeder ein paar Runden schmiss. Allein das Auftreiben von Alkohol wäre unter normalen Umständen fast unmöglich gewesen. Der Konsum alkoholischer Getränke war amerikanischen Soldaten im Irak strikt untersagt, aber Angehörige der Eliteeinheiten kannten diese Schwierigkeiten nicht. Aber sie hatten ja auch kein Problem damit, ihre sicheren Wohnungen mit Möbeln von Ethan Allen auszustatten oder sich für ihre täglichen Exkursionen spezielle Landrover zu besorgen.
»Hab mir gedacht, dass ich dich hier finde«, sagte Owen. »Wir haben gerade einen Anruf von unseren Freunden in Damaskus bekommen. Wie’s aussieht, läuft alles nach Plan, und es gibt noch einen Bonus.«
»Was meinst du?«
»Al-Douri hat jemanden bei sich, einen Mann namens al-Tikriti. Sagt dir der Name was?«
Kealey nickte. Tahir Jalil Habbush al-Tikriti, der frühere Direktor des irakischen Geheimdienstes, belegte gegenwärtig Platz sechzehn auf der amerikanischen Fahndungsliste mit den meistgesuchten Männern. Es überraschte ihn überhaupt nicht, dass die beiden gemeinsam unterwegs waren. Zu Zeiten des Baath-Regimes waren al-Douris ausgezeichnete Kontakte zum Geheimdienst mehrfach von prominenten Abtrünnigen bestätigt worden, darüber hinaus auch von Dokumenten, die der MI6 und der israelische Mossad an die CIA weitergeleitet hatten.
»Gut. Dann schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe.«
»Sie werden in einer Stunde hier sein. Unser Helikopter wartet am Stützpunkt.«
Kealey runzelte die Stirn. »Gibt es eine sichere Landezone?«
»Natürlich. Sie lassen einen Helikopter nicht auf unsicherem Gebiet landen. Zumindest nicht in so unmittelbarer Nähe zu einer Stadt.«
Kealey nickte, zerknüllte seinen Pappbecher und warf ihn auf den Boden. Dann griff er nach dem AK-47 und stand auf. »Wo steht unser Wagen?«
»Vor dem Hotel.«
»Dann los.«
Eine Dreiviertelstunde später fuhr ein schwarzer Ford Escort auf einer schmalen zweispurigen Straße in Richtung der irakisch-syrischen Grenze, zu einem Übergang drei Kilometer südlich des Euphrat. In dem Fahrzeug saßen ein Fahrer vom Militärischen Sicherheitsdienst in Damaskus und, auf dem Rücksitz, zwei ältere Männer. Die Stimmung war angespannt; erst vor sechzehn Stunden waren die beiden älteren Insassen in den Präsidentenpalast in Latakia bestellt worden, wo sie der syrische Präsident Bachar al-Assad empfangen hatte. Was er ihnen erzählte, entsprach teilweise der Wahrheit; ihre Rolle bei der jüngsten Eskalation der Gewalt im Irak - und bei dem vereitelten Bombenanschlag auf das Renaissance Hotel in New York - sei vom amerikanischen Auslandsgeheimdienst aufgedeckt worden. Außerdem kenne die CIA ihren gegenwärtigen Aufenthaltsort.
Diese Nachrichten waren an sich schon übel genug, doch um alles noch schlimmer zu machen, wurde ihnen ein Ultimatum gestellt. Demnach blieben ihnen vierundzwanzig Stunden, um ihre Angelegenheiten zu regeln und das Land zu verlassen. Man bot ihnen an, sie mit einem Privatjet in die Nähe der irakischen
Grenze bringen zu lassen. Al-Assad hatte mehrfach klargestellt, er sei mit ihren Aktionen zu keinem Zeitpunkt einverstanden gewesen, und das mit gutem Grund. Wenn die Amerikaner sich zu militärischen Aktionen entschlossen, bevor alle Aspekte geprüft waren, würde seine Regierung den Preis bezahlen. Die Stimmung bei dem Treffen war alles andere als gut. Als sie wortlos aus dem Raum geführt wurden, war keiner der beiden Männer auf die Idee gekommen, gegen die schnelle Abschiebung aus dem Zufluchtsland Syrien zu protestieren. Insgeheim waren beide überrascht, dass man sie überhaupt ziehen ließ.
Sie konnten nicht wissen, dass sich in dem am Militärflugplatz wartenden Wagen ein GPS-Gerät befand, das in regelmä ßigen Abständen ein Signal an einen
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