Der Attentäter - The Assassin
durch und wandte sich dann al-Douri zu. »Ich brauche die Kontonummern und Bankleitzahlen.«
Al-Douri nickte seinem Leibwächter zu, der mit einem Zettel vortrat. Al-Umari las die Zahlen ab, wiederholte die Instruktionen noch einmal und beendete das Gespräch.
Innerhalb von zwölf Minuten wurden zehn Millionen Dollar von der International Development Bank in Amman an die Banque de Bosphore in Paris überwiesen. Von dort würde das Geld noch über etliche Konten in ganz Westeuropa fließen, auf einem komplizierten und nicht mehr nachvollziehbaren Weg. Während der nächsten paar Stunden würde es bei weiteren sechzig Millionen genauso laufen. Jede Überweisung war vor elektronischer Überwachung geschützt, weil sie über die Ghariban Islamic Bank lief, eine Offshorebank, die erst vor drei Monaten von Faruk Haddad gegründet worden war, einem Iraker,
dessen Frau und Kind im Winter 2004 im amerikanischen Artilleriefeuer gestorben waren. Die Korrespondenzbank der GIB war die Citibank in Frankreich, wodurch sie Zugang zum amerikanischen Bankensystem hatte. Zwar hatte der Kongress kürzlich Gesetze erlassen, um das Risiko zu begrenzen, doch in den Finanzzentren anderer Länder war man nicht immer entgegenkommend, wenn es darum ging, Adresse, Größe und Kundenstamm jener Banken preiszugeben, mit denen man Geschäfte machte. Die GIB war eine dieser Banken; sie hatte keine Räumlichkeiten, keine Angestellten und nur sehr wenig Kunden. Aber sie war trotzdem ein legales Finanzinstitut, das Gelder bewegen konnte.
Al-Umari gab dem Leibwächter das Telefon und wandte sich seinem Gastgeber zu. Seinem Gesicht war unschwer zu entnehmen, unter was für einem Stress er während der letzten Tage gestanden hatte. »Die Überweisungen sind bereits im Gange.« Er schwieg kurz. »Falls ich noch etwas tun kann, Genosse …«
Al-Douri trat vor und nahm den jungen Mann lange in den Arm. Als er ihn wieder losließ, standen Tränen in al-Umaris Augen.
»Du hast deinem Volk einen großen Dienst erwiesen, mein Freund. Damit ist deine Arbeit hier getan. Im Morgengrauen musst du aufbrechen, doch jetzt solltest du dich ausruhen. Achmed wird dir dein Zimmer zeigen.«
Al-Umari nickte müde und verließ mit dem Leibwächter den Raum. Nach ein paar Augenblicken waren ihre Schritte nicht mehr zu hören.
Izzat al-Douri und Vanderveen, noch immer im dunklen hinteren Teil des großen Zimmers im Erdgeschoss stehend, blieben allein zurück.
Der Iraker lehnte sich zurück und hob den Blick zu der vergoldeten Decke. »Wie viel weiß er?«
»Sehr wenig. Er glaubt, wir haben es auf das Militär abgesehen.«
»Gut.«
»Die Amerikaner werden von dieser Geschichte erfahren. Sie interessieren sich für al-Umari. Es war ein Fehler, ihn in Bagdad einzusetzen. Und wenn sie herausfinden …«
»Vielleicht vermuten sie etwas, mein Freund, aber herausfinden werden sie es nie. Wir haben uns alle Mühe gegeben, sie zu verunsichern und in die Irre zu führen.«
Vanderveen nickte geistesabwesend. »Und Kassem?«
»Glauben Sie den Nachrichten?«
»Natürlich. Wer außer den Amerikanern sollte ihn sonst entführen?«
»Vielleicht haben Sie recht.« Al-Douri schwieg kurz. »Kann er uns schaden?«
»Nein«, antwortete Vanderveen. »Ich habe bereits in Washington angerufen. Dort wird seit einiger Zeit eine Operation vorbereitet, und meine Kontaktperson ist jetzt in der Lage, den Job zu beenden. Die meisten Fäden sind bereits gekappt. Bleibt noch einer. Wenn er stirbt, können wir durch nichts mehr mit Kassem in Verbindung gebracht werden.«
»Gut.«
»Wusste er von Ihrer Beteiligung?«
»Nein. Ich habe immer Mittelsmänner benutzt.« Al-Douri dachte für einen langen Augenblick nach. »Kassem glaubt nicht wirklich an unsere Sache. Ihn hat immer nur Geld interessiert. Selbst nachdem ich ihm eindringlich abgeraten hatte, ließ er sich nicht davon abbringen, die Amerikaner um ihr Geld zu erleichtern. Um das Problem hätte ich mich längst kümmern
sollen. Aber wenn Ihr Mann in Washington so effizient arbeitet wie Sie, besteht ja kein Anlass zur Sorge.«
Vanderveen antwortete nicht. Es war nicht weiter überraschend, dass al-Douri seine amerikanische Kontaktperson für einen Mann hielt. Wie die meisten islamischen Extremisten würde auch er nie daran glauben, dass eine Frau eine wichtige Aufgabe übernehmen konnte.
»Damit wären wir beim nächsten Programmpunkt.«
»Genau.« Ein grausames Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des Irakers aus. »Achmed?
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