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Der Attentaeter von Brooklyn

Der Attentaeter von Brooklyn

Titel: Der Attentaeter von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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säuerliches Gesicht und einen dünnen, fiesen Mund. Er trug eine dicke Brille mit schwarzem Rahmen, und sein graues Haar war nach hinten geklatscht. Er sieht aus wie der Mann, der amerikanischer Verteidigungsminister war , dachte Omar Jussuf, derjenige, der den Irakkrieg vermasselt hat .
    Er ging durchs Drehkreuz zurück. Als er sich dem Schalter näherte, tat der Angestellte so, als zähle er Geldscheine.
    »Ich habe eine Karte für zwanzig Dollar gekauft, Sir«, sagte Omar Jussuf, »aber Sie haben mir eine Karte gegeben, die nur achtzehn Dollar wert ist.«
    Der Angestellte sagte etwas, aber Omar Jussuf hörte nichts. Er wiederholte seine Beschwerde, und der Angestellte schob den Kopf vors Mikrofon. »Hab Ihnen eine Zwanzigdollarkarte verkauft, Sir.« Seine Stimme schepperte im Lautsprecher, als ob sie aus grobem Metall gestanzt sei.
    Omar Jussuf nahm sich vor, großzügig zu sein. »Dann muss es sich um einen Computerfehler handeln, weil die Maschine anzeigt, dass ich nur noch sechzehn Dollar auf dem Ticket habe.«
    »Wie gesagt, ich hab Ihnen eine Zwanzigdollarkarte verkauft.«
    »Sie haben meine zwanzig genommen und sich zwei Dollar in die eigene Tasche gesteckt.« Omar Jussuf hatte das vertraute Gefühl, dass sich sein Herzschlag beschleunigte, er jedes Gefühl der Zurückhaltung verlor und wütend wurde. »Das ist eine Riesenschweinerei.«
    »Passen Sie auf, was Sie sagen, Kollege«, sagte der Angestellte.
    »Sie haben mich beschissen, Sir.«
    »Ich mache Ihnen ein Angebot. Ich gebe Ihnen noch ein Ticket umsonst.«
    Omar Jussuf atmete tief durch. »Sehr gut.«
    »Einfache Fahrt ohne Zwischenstopp zurück nach Bagdad, Osama.« Der Angestellte kicherte, während er sich den Daumen leckte und ein Bündel Zwanziger zählte.
    Omar Jussuf schlug mit der Faust neben die Wechselgeldschale, so dass auf dem Tisch des Angestellten die 25-Cent-Stücke hüpften. »Sie können meine zwei Dollar behalten«, sagte Omar Jussuf. »Ich habe nicht die Absicht, meine Würde so billig zu verkaufen wie Sie.«
    Der Angestellte grinste hämisch.
    Omar Jussuf schob seine Karte wieder ins Drehkreuz und folgte den Schildern zum Bahnsteig nach Manhattan.

Kapitel
6
    Die Fenster des N-Zugs waren zerkratzt und mit einem hässlichen pastenartigen Graffiti verschmiert, dessen transparente Buchstaben zerliefen wie Zuckerglasur auf einem Kuchen. Der Fußboden war schwarz gefleckt, um den Schmutz zu verbergen, aber mit rosa Schmier von Erbrochenem, rotem Kaugummi und mit Spritzern von weggeworfenen Limonadenbechern besudelt.
    Während Omar Jussuf gen Manhattan ratterte, waren weniger als die Hälfte der glatten, wenig einladenden Sitzplätze des Waggons besetzt. In dicke Mäntel vermummt, mit hochgezogenen Schultern und verschränkten Armen, husteten die Passagiere in ihre Kragen, obwohl es warm im Zug war. Omar Jussuf ließ den Blick über die lächelnden Gesichter der Werbung unterhalb des Waggondachs schweifen. Die Anzeigen warben für Ausbildungskurse zum Anwaltsgehilfen und Gerichtsreporter, für die Dienstleistungen von Ärzten, die schönere Haut oder die Aussicht, im Zug ohne Hämorridenschmerzen sitzen zu können, versprachen. Er stellte sich vor, die Werbung könnte den Zweck verfolgen, die Reisenden mit dem sibirischen Trübsinn ihrer Fahrt zu quälen, indem sie ihnen eine Aussicht auf die schäbigen Verbesserungen, denen sie nachjagen konnten, gewährte. Hinter Plastikabdeckungen flackerten Lichtstreifen über die Werbung und die reglosen Gesichter der Passagiere. Ihr Schein verlieh dem Zug die schlafwandlerische Aura einer mitternächtlichen Bushaltestelle.
    Ihn überkam ein Gefühl der Verlorenheit. Er vermisste seine Frau und fragte sich, ob er nicht trotz allem und entgegen Sergeant Abajats Rat darauf hätte bestehen sollen, auf der Polizeiwache auf seinen Sohn zu warten. An der Wand neben ihm schlängelte sich der N-Zug mit seiner gelben Schleppe quer über einen U-Bahnplan. Um sich von seinen Sorgen abzulenken, zeigte er mit dem Finger auf den Plan und versuchte, die Strecke zu seinem Ziel nachzuzeichnen, aber im Gewimmel der verschiedenen Linien, die das südliche Manhattan durchschnitten, verlor er die Spur. Er merkte, dass er Abajats Wegbeschreibung vergessen hatte, und war sich unsicher, ob er noch einmal umsteigen musste, um zu seinem Hotel zurückzukommen. Die verworrenen Linien auf dem Plan sagten ihm genauso wenig wie die Drähte in einem elektrischen Schaltplan. Er sah sich nervös im Waggon um. Er fürchtete

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