Der Attentaeter von Brooklyn
sagte Omar Jussuf ungeduldig. »Da drüben.«
Auf der anderen Seite der Fourth Avenue kamen sie zu einer Bude, die voller Keffijes , Baseballkappen und Wollmützen hing. Der Verkäufer stand daneben. Er lehnte an der Wand eines verschnörkelten Gebäudes aus roten Ziegeln, in dem sich eine Moschee befand, und hatte die Hände bis über die Ellbogen in den Taschen seines Steppmantels vergraben.
»Nimm die hier«, sagte Chamis Sejdan und zeigte auf eine Wollmütze, in die ein Totenkopf mit gekreuzten Knochen eingestickt war. »Das ist dein Stil. Entspricht auch deinem Interesse für Geschichte.«
Omar Jussuf merkte, dass er aus Ärger rot anlief, aber sein Schädel war vor Kälte ganz taub. Manche der Mützen waren nur mit ein paar bunten Buchstaben verziert. Er griff zur erstbesten und gab dem Verkäufer drei Dollar. Als er sich die Mütze auf den Kopf setzte, ließ der schneidende Schmerz des eisigen Windes auf seiner Glatze nach, und er seufzte erleichtert.
Chamis Sejdan las die Buchstaben auf der Mütze. » NYPD ? Das Design entspricht nicht ganz deinen üblichen Ansprüchen an Eleganz, aber vielleicht lässt man uns damit etwas schneller ins Untersuchungsgefängnis.«
Hinter der Moschee kamen sie an einer Reihe kleiner arabischer Läden vorbei, in denen sich eimerweise Gewürzsumach und Kardamom stapelten. Im Schaufenster hing der Preis von Halal -Fleisch aus. Vor einem Laden, der Ansichtskarten und Aufkleber verkaufte, blieb Chamis Sejdan stehen und las laut: » Hass ist kein Wert für die Familie – Koran 49:13. Das steht im Koran?«
»In dem Vers sagt Allah, er ›hat euch zu Völkern und Stämmen gemacht, auf dass ihr euch kennenlernen möget‹«, sagte Omar Jussuf.
»Dann ist dies also die amerikanische Version für Blöde?«
»Was erwartest du denn? Es ist doch nur ein Autoaufkleber.« Omar Jussuf versuchte, ihr Gehtempo zu erhöhen. »Hast du Nisar, möge Allah ihm gnädig sein, je kennengelernt?«
Chamis Sejdan schüttelte den Kopf. »Nur ganz flüchtig. Er lief da gerade mit Ala in der Nähe der Geburtskirche herum. Die beiden anderen Jungs waren dabei, mit denen sie immer zusammen waren.«
»Die anderen Mitglieder der Assassinen.«
Der Polizeichef verzog das Gesicht. »Ich verstehe nicht, warum du sie zu diesem Namen auch noch ermutigt hast.«
»Das war rein historisches Interesse, ein kleiner Witz.«
»Ich verstehe nicht, was an einer Bande mittelalterlicher Drogensüchtiger so witzig sein soll.«
»Geschichte war nie deine Stärke, als wir zusammen auf der Universität waren, Abu Adel.«
»Fick doch deine Schwester, Schulmeister. Ich habe ein Diplom in Frauen und Whisky.«
»Mit Zwischenprüfung in Fluchen. Die Assassinen waren keine Drogensüchtigen. Ihre Führer missbrauchten die Verheißungen des Paradieses, um fanatische Killer aus ihnen zu machen.«
»Also keine Drogensüchtigen, sondern durchgeknallte Mörder.«
»Ihre Führer waren nicht verrückt. Sie waren skrupellos und manipulativ. Sie benutzten die Männer, die sie zu Selbstmordattentaten schickten, um mögliche politische Gegner auszuschalten und ihre spezielle Spielart des Islam zu stärken.«
Chamis Sejdan pulte an seinen Backenzähnen herum. »Trotzdem ist eine Kinderbande mit dem Namen ›Die Assassinen‹ genau das, was die Leute im Nahen Osten ernst nehmen. Wenn die Israelis dahintergekommen wären, dass es in Bethlehem eine Gruppierung dieses Namens gab, hätten sie sie vermutlich umgebracht.«
Omar Jussuf atmete kräftig durch. Könnte Nisar genau das passiert sein?, fragte er sich. Schließlich glaubten die Leute ja auch, dass der Mossad Nisars Vater ermordet hatte .
»All diese Jungs waren mir sehr wichtig«, murmelte er.
»Ich verstehe nicht, warum du so ein enges Verhältnis zu deinen Schülern pflegst. Wenn man sich emotional zu sehr auf sie einlässt, führt das nur zu Problemen.«
»Da hast du den Unterschied zwischen einem Lehrer und einem professionellen Killer.«
Chamis Sejdan schnalzte mit der Zunge.
Omar Jussuf lief über die Third Avenue, wich zwei stämmigen Araberinnen aus, die ihre Mendils fest unterm feisten Kinn verknotet hatten. »Vielleicht hast du Nisars Vater gekannt. Zu der Zeit, als du deine Aufträge für den Alten erledigt hast, war er ein PLO-Mann.«
Chamis Sejdan steckte sich hinter gewölbten Händen eine Zigarette an. »Ja, ich kannte Fajes.«
»Wie war der so?«
» Arroganz ist ein Unkraut, das meistens auf Misthaufen wächst , wie man so sagt. Die PLO war der reinste
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