Der Attentaeter von Brooklyn
davon verdrängt werden würden. »Kommen Sie rein.«
Hamsa ließ sich auf dem Sofa nieder und schlug sich auf die Schenkel. »Ich war eben im Studio und hab Kniebeugen gemacht. Meine Oberschenkel sind fix und fertig.«
Ala kam aus der Küche. Auf seinen Fingerspitzen balancierte er den Kugelschreiber wie eine Opfergabe.
»Wollen Sie mir etwa ein Geständnis schreiben?«, fragte Hamsa.
Ala schob sich den Kugelschreiber in die Tasche.
» Sie haben ein Geständnis zu machen, Hamsa«, sagte Omar Jussuf. »Es ist Ihnen nicht gelungen, die Leiche, die ich in dieser Wohnung gefunden habe, als Raschid zu identifizieren. Selbst wenn der Kopf fehlte, hätten Sie allemal die Fingerabdrücke überprüfen müssen.«
Hamsa ließ die Schultern sinken. »Das war ein Fehler. Wir hätten seine Fingerabdrücke mit denen auf seinem Visumsantrag abgleichen müssen, aber dafür hätten wir die Einwanderungsbehörde einschalten müssen. Diese Burschen behandeln alles, was mit Arabern zu tun hat, wie eine riesige terroristische Bedrohung, und um ganz ehrlich zu sein, sind Sie auch mir gegenüber wenig respektvoll, weil ich nur ein lokaler Polizist bin.«
»Ihr Verhalten entspricht genau dem, was ich von einem arabischen Polizisten erwarte«, sagte Ala. Omar Jussuf sah auf dem Gesicht seines Sohns die gefährliche Anspannung und machte eine beruhigende Handbewegung.
»Ich dachte, Sie hätten gesagt, dass ich gar kein Araber mehr bin. Auch Ungläubige können Mist bauen, würde ich meinen.« Hamsa sah Ala streng an. »Die Identifizierung war fehlerhaft und hat uns ein paar Tage gekostet. Aber offenbar will Nisar jetzt ja sowieso bei uns persönlich vorstellig werden.«
»Glauben Sie, dass Nisar hierherkommt?«, fragte Omar Jussuf.
»Denken Sie an das, was Sie gestern gesagt haben – Ihr Junge ist der Köder. Jedes Kind, das an einem Anleger in Gaza nach Sprotten angelt, könnte Ihnen sagen, dass es nichts bringt, den Köder auf den Haken zu spießen, wenn man die Angel nicht in der Hand hält.«
»Soll das heißen, dass diese Wohnung unter Bewachung steht?«
Der Polizist ließ seine kräftigen Rückenmuskeln rollen. »Klang Nisar freundlich, als er in Coney Island mit Ihnen gesprochen hat? Oder glauben Sie, dass er vorhatte, Sie umzubringen?«
Omar Jussuf dachte an die Angst, die ihn im Playland überströmt hatte wie die kalte Luft. Ihm wurde klar, dass er sich trotz des anfänglichen Schocks, Nisar zu sehen, durch die Anwesenheit seines ehemaligen Schülers in der leeren Vergnügungsarkade wohler gefühlt hatte. »Ich bin mir ganz sicher, dass Nisar reden wollte. Bevor die Schießerei begann, hat er mich freundlich begrüßt. Er wollte mir sicherlich nichts tun.«
»Meinen Sie? Raschid war sein bester Freund, und das hat ihn auch nicht geschützt. Vielleicht hören Sie ja noch mal was von ihm. Sie oder Ala – der Alte vom Berge und der dritte Assassine.«
Omar Jussuf ignorierte das süffisante Lächeln des Polizisten. Als dieser die Kinderbande erwähnte, dachte er an den vierten Assassinen. War Ismail ihm nach Coney Island gefolgt? Obwohl ihn das Verhalten des Jungen irritierte, mochte Omar Jussuf einfach nicht glauben, dass Ismail die Schüsse im Playland abgefeuert haben sollte. Er konzentrierte sich auf jenes Mitglied der Assassinen, von dem er sicher war, es dort gesehen zu haben. »Wenn Nisar wieder auftaucht, bin ich davon überzeugt, dass er Kontakt zu Rania aufnehmen wird.«
Hamsa schürzte die Lippen. »Wieso? Etwa, um sie um Vergebung zu bitten? Sehen Sie, ich denke schon, dass wir feststellen werden, dass Nisar sowohl Ranias Vater als auch Raschid ermordet hat.«
»Wegen Drogen?«
Hamsa kratzte sich in der Leistengegend. »Es gibt keinen besseren Grund, jemanden umzulegen – außer, man wäre mit ihm verheiratet.«
»Sie sind ja ein richtiger Romantiker.«
»Ich hab meiner Frau heute Morgen schon ein Geschenk zum Valentinstag gemacht; also kann ich mir erlauben zu sagen, was ich von der Liebe halte.«
Ala brachte Hamsa eine Tasse Kaffee.
»Allah segne Ihre Hände«, sagte der Polizist.
»Gesegnet.« Ala würgte das Wort heraus. Er ging in die Küche und starrte in die Kaffeekanne. Seine ganze Wut schien sich in Hoffnungslosigkeit zu verwandeln. Omar Jussuf beobachtete ihn voller Mitleid, während er Hamsa schwer schnaufen hörte. Ala wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und kippte den dicken Kaffeesatz in die Spüle.
Nachdem Hamsa gegangen war, blieb Omar Jussuf den ganzen Tag bei Ala. Die
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