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Der Attentaeter von Brooklyn

Der Attentaeter von Brooklyn

Titel: Der Attentaeter von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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mit dem Taschentuch über den Schnauzbart. »Rania, warum hat Nisar sich mir gegenüber offenbart? Da die Polizei jetzt weiß, dass er lebt, wird man ihn nicht nur verdächtigen, Raschid umgebracht zu haben, sondern auch der Mörder Ihres Vaters zu sein.«
    Sie wandte Omar Jussuf rasch den Kopf zu. »Das kann nicht sein.«
    »Morde haben in dieser Gegend normalerweise etwas mit Drogen zu tun. Die Polizei wird also bestimmt vermuten, dass der Mann, der mit Ihrem Vater im Drogenhandel am engsten zusammengearbeitet hat, ihn auch ermordet hat.«
    Auf Ranias Gesicht entdeckte Omar Jussuf einen Anflug von Verzweiflung. »Das ist doch verrückt, Ustas «, sagte sie. »Wo haben Sie ihn gesehen?«
    »In Coney Island.«
    Ranias Augen wurden feucht. »Er hat mich im Sommer mit nach Coney Island genommen. Wir sind mit dem Wunderrad und dem Cyclone gefahren.«
    »Dort ist jetzt alles geschlossen.«
    »Aber nur für den Winter.«
    »In Brooklyn scheint das eine lange, harte Jahreszeit zu sein.« Omar Jussuf sah sich im Raum um. Auf einem billigen Bücherregal aus Weidengeflecht bemerkte er das Foto einer Frau mit tiefen Falten im Gesicht und einem breiten Mund, die müde zwischen Marwan und Rania lächelte. Die verstorbene Mutter , dachte er. »Nisar hat seinen Tod vorgetäuscht, aber er hat beschlossen, sich nach dem Tod Ihres Vaters zu offenbaren. Was an der Ermordung Ihres Vaters hat Nisar dazu bewogen, seine Meinung zu ändern?«
    Das Mädchen sah so kränklich aus wie die Frau auf dem Foto. Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube, das, was Nisar jetzt treibt, hat damit zu tun, dass er mit Ihnen zusammen sein will«, sagte Omar Jussuf.
    »Wie kommen Sie darauf?« Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern.
    »Er scheint in Brooklyn höchst widersprüchlich gelebt zu haben. Seiner Religion war er sich sicher, aber dann ist er durchgedreht. Er war eng mit Raschid befreundet, aber dann haben sie Streit bekommen. Er fuhr Taxi und ging einer ehrlichen Arbeit nach, aber dann hat er begonnen, mit Drogen zu handeln, um an Geld zu kommen. Das Einzige, was er nicht in Zweifel zog, war die Beziehung zu Ihnen.«
    Rania schien auf Omar Jussufs Gesicht nach Zeichen der Sympathie zu suchen. »Sie sind genau wie Ala, Ustas . Ehrlich und gut.« Sie warf einen Blick auf den Steppmantel, der hinter ihm ausgebreitet auf dem Sofa lag, und die NYPD-Mütze auf seinem Kopf. »Obwohl er sich doch etwas besser kleidet als Sie.«
    Omar Jussuf nahm die Mütze ab.
    »Wie ich sehe, haben Sie auch seine Sensibilität«, sagte sie.
    In ihre Augen kehrte der verführerische Schmelz zurück. Die Augen der Huri , dachte Omar Jussuf und strich sich die Haare zurecht, die sich unter der Mütze verschoben hatten.
    »Ala war zu palästinensisch für mich«, sagte sie. »Er war nicht dazu bereit, unsere Kultur aufzugeben. Er wollte sich nicht wie Nisar ins amerikanische Leben integrieren. Ganz gleich, wie oft ich gesagt habe, dass ich ausbrechen möchte – Ala glaubte zu wissen, was gut für mich sei. Er ist ein typischer Araber.«
    »Glauben Sie, dass ich auch so bin?« Omar Jussuf hob das Kinn.
    »Natürlich sind Sie das. Wie liberal Ihre Ideen auch sein mögen, Ustas , an Ihnen kann ich überall den Nahen Osten riechen.«
    »Sie irren sich. Sie denken, dass ich ein Mann des Nahen Ostens bin wie Ihr Vater.«
    »Mein Vater war überhaupt nicht so. Er hasste den Nahen Osten. Er wollte ihn hinter sich lassen, aber er ist ihm hierher gefolgt und hat ihn hinabgezogen. Sie, Ustas , können es doch gar nicht abwarten, diese Stadt wieder zu verlassen und nach Hause zurückzukehren, nicht wahr? Geben Sie’s zu. Sie wollen zurück in Ihre kleine Stadt, wo jeder Sie kennt und respektiert.«
    Omar Jussuf legte die Hand vor den Mund. Er sah sich selbst gern als kosmopolitischen, gebildeten Mann, aber jeder Tag in New York verstärkte seine Sehnsucht nach seiner Familie, nach den Sitten und Gebräuchen Bethlehems. Das Mädchen hatte ihn richtig eingeschätzt.
    »Aber Sie bedecken Ihren Kopf wie eine gläubige Muslima«, sagte Omar Jussuf.
    »Sehen Sie, Sie können es sich nicht vorstellen, dass eine Frau manche ihrer Traditionen beibehält und andere ablegt. Sie glauben, dass ich über kurz oder lang zur Hure werde, wenn ich die Regeln nur ein wenig beuge. Meinen Sie etwa, es sei leicht, in Brooklyn mit so einem Kopftuch herumzulaufen? Sobald ich diese paar Blocks in Little Palestine verlasse, lachen die Leute mich aus und beschimpfen mich. ›Seht euch die Ninja an!‹, rufen

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