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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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hin und auf Kants
»Dunkelheit« färbte wohl auch die staatlich-kirchliche Hemmung ab. Könnten aber Descartes, Bruno, Kant
sich mit Plato, Goethe und dem aus starrer Mechanistik zuletzt zu mystischer Denkart durchgerungenen Leonardo besprechen, so
würde sich ihre Übereinstimmung trotz verschiedener Methode herausstellen und indische Urweisheit darüber den
Segen sprechen. Denn auch im höchsten Denken waltet geistiger Monismus, die Weltseele weist ihm deterministisch immer
das gleiche Endziel. Gerade durch Anerkennung der unfreien Determiniertheit tront die Einheit von Welt und Ich, Gott und
»Seele« und hiermit die Idealität des Lebensprinzips auf erhebender Sicherheit. Transzendentale Freiheit
entsprießt aus Notwendigkeit alles Geschehens. Intuitive Eingebungen wollte Goethe als freies Geschenk der Götter
mit ehrfürchtigem Dank betrachtet wissen, doch auch hier ergänzt sich das Freie mit dem Notwendigen. Denn wie die
Materie uns sinnliche Wahrnehmung erweckt, so stellen Ideen nur den Eindruck einer stofflosen Wahrnehmung dar, die sich als
Ätherstrahl elektrisch vollzieht, von so erhabenem Ursprung, daß ihnen dann wohl »gesetzgebende« Macht
(Kant) innewohnen mag, was sonst nur sträfliche Anmaßung des menschlichen Denkens wäre. Ideen sind nicht
Produkte einer »produktiven Einbildungskraft«, womit Kant plötzlich die Vernunft ausstattet, als ob derlei
ohne die sonstige Ichbedingtheit im Bewußtsein möglich wäre, sondern Empfängnisse aus einer Sphäre
vom gleichen Stoff wie die Ideen: einer transzendenten Ideenwelt »geistiger Naturen«.
    Ohne Erfahrung gibt es keine Wahrheit? Wie könnte dann etwas jede Erfahrung Überfliegendes Wahrheit besitzen,
wenn nicht eine unsichtbare Erfahrungswelt zugrunde läge? »Ein Begriff, der die Möglichkeit der Erfahrung
übersteigt, ist die Idee,« dann wäre sie wahrheitslos, doch beanspruchen Denker und Religionsstifter:
»Ich bin die Wahrheit.« Ist dies relativ wahr, müßte eben Kant eine außer- und innerhalb der
Materie bestehende vierte Dimension gelten lassen, und da dort Notwendigkeit geradeso regiert wie im Sichtbaren, so kann die
Idealität im Menschen nur auf Spiegelung des Transzendentalen beruhen, das der Äther durchs Medium der Elektronen
in das Selbst, eine Partikel des Welt-Selbst, hineinstrahlt. »Wir können nur verstehen, was wir selbst machen
können?« Dann wohnt der Idee eine Schöpferkraft inne, die keinem Geschöpf der Materie zukäme, wohl
aber einem Strahlenleiter aus dem Äther. Der Verknüpfung von Ich und Materie steht eine noch festere Einheit von
Seele und Allseele gegenüber. In ein falsch konstruiertes All der Widersprüche, wo in Mechanik die Idee als
Mädchen aus der Fremde hineinschneit, wagen Naturforscherhypothesen eine Luftschiffahrt, wo sie als erfahrungslose und
höchst inexakte Vagabundinnen im stickstofflosen Ätherraum ersticken müßten, wenn sie nur
allzumenschliche Töchter der Materie wären. Sie leben aber herrlich und in Freuden, Kants längst angefochtene
Nebelkosmogenie am fidelsten, denn auch die sinnliche Naturerscheinung tut ihnen den Gefallen, sich ihnen so darzustellen,
wie es für sie paßt. Für neueste Physik lösen sich die Atome in bloße Wirbelbewegung und ein nur
mechanisch mitbewegtes Leben müßte sich in Horror Vacui verzehren, ohne je Immaterialität selbstherrlicher
Ideen hervorzubringen. Daß ihm dies möglich, beleuchtet blitzartig das wahre Geheimnis: Drahtlose Telegraphie mit
einer Kraftzentrale, die sich nach Bedarf als Telepathie, Idee, Genie entladet und deren das All durchschießende
Ausstrahlung sich das Leben als elektrische Maschinerie erfand. Von solcher sichtbaren Stofflichkeit geht unendliche
unsichtbare Kraft aus, unzerstörbar an sich, ob auch die Maschine einzeln stoppt. Diese allgemeine Elektronenvernunft
beweist unwiderleglich die Immaterialität des Lebens, zugleich aber ein höchstes Wesen im All, dessen
Strahlenblitze ununterbrochen das Materiedunkel umleuchten, und die Unsterblichkeit der Seelenmonade als symbolisches Abbild
der Zentralleitung. Weil Materialisierung nötig und die elektrische Batterie oft repariert werden muß – ihre
Verfeinerung in besonderer Sammelstelle bedeutet Genie –, deshalb das Karma der Wiedergeburt, bis solches
überflüssig wird und das unbewegt im Unbewußten die Materieschwingung betrachtende transzendentale Ego sich
wieder mit Gott vereint, d.h. die Elektronen der dauernd abgeschliffenen

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